Bildstock-Einweihung: "Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht"

Pastor Bernhard Weskamp(r.) steht ergriffen vor dem Bildstock. Fotos: Klaus Schürmanns
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Am Dienstag (11.10.2010) wurde der Bildstock an der Gruftstraße in Kleve durch Pastor Bernhard Weskamp eingeweiht.

Hier finden Sie weitere Berichte über den Bildstock. Zu diesem Thema gab es auch zahlreichliche Leserbriefe.

Wir dokumentieren hier die Rede von Alfred Reimann - der den Bildstock konstruiert hat - bei der offiziellen Einweihung:

"Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich freue mich, die Muttergottes mit ihnen hier an ihrem entgültigen Standort begrüßen zu dürfen. Lassen sie mich ein wenig über Idee und Konstruktion des neuen Bildstocks erzählen.

In einer leichten, durchsichtigen Stahlkonstruktion, habe ich eine vom Boden sich abhebende Kanzel angeordnet, die scheinbar nach oben hin entschwebt. Hier hat eine fast lebensgroße Lourdes Madonna ihren Platz gefunden, auf die sich sofort der Blick des Betrachters richtet. Die Skulptur, die wir von einem Steinmetz in Kevelaer gekauft haben, strahlt eine Lieblichkeit aus, die eigentlich einen jeden von uns in seinen Bann ziehen müsste. Größe der Figur, und der Freiraum darunter bestimmten schließlich und letztlich die Dimension des Bildstockes so wie wir ihn heute sehen.

Die Idee zu unserem neuen Bildstock ist übrigens eng verknüpft mit der Zusammenlegung einzelner Pfarreien zu der Seelsorgeeinheit „St. Mariä Himmelfahrt.

Eines der auffälligsten Zeichen der Frömmigkeit am Niederrhein besteht in der Errichtung von Wegkreuzen und Heiligenhäuschen. Sie wurden errichtet, um das Land und die Ernte vor den Unbilden des Wetters zu schützen, um Dörfer oder Haus und Hof vor Krankheiten zu bewahren oder sie sollen an ein Unglück mahnen und erinnern.

Von den vielen Heiligen, die am Niederrhein verehrt werden, nimmt eine ganz besondere Stellung die Gottesmutter Maria ein. Sie wird unter verschiedenen Gesichtspunkten und in unterschiedlichen Formen dargestellt, allein, mit Rosenkranz, als Lourdes-Madonna, wie an unserem neuen Bildstock, oder als Pieta mit dem Leichnam ihres Sohnes auf den Knien. In ganz besonderer Weise gehören ihr Liebe und Vertrauen und in allen Nöten und Sorgen wird sie angerufen.

Wegen spezieller Anliegen dagegen wenden sich die Gläubigen an einzelne Heilige, etwa den hl. Antonius (den Eremiten) zum Schutze des Viehs oder an den hl. Rochus zum Schutze vor Krankheit und weiteren Heiligen denen eine bevorzugte Stellung zukommt.

Als Heiligenhäuschen bezeichnet man die Verehrungsstätten, die in der Form eines kleinen Hauses errichtet wurden und von vorn den Blick freigeben. Im Unterschied dazu handelt es sich um einen Bildstock, wenn das Denkmal keine tiefere Nische zur Aufnahme einer Heiligenfigur oder Heiligenbildes aufweist, sondern sich die Darstellung direkt auf der vorderen Wand befindet. Wir haben es hier, wenn man es genau nimmt mit einem Heiligenhäuschen zu tun. In der letzten Zeit jedoch ist bei der Bevölkerung die allgemeine Bezeichnung Bildstock verbreitet.

Wenn die Mittel der Erbauer es zuließen, wurden kleine Kapellchen errichtet. Dort wurden und werden wieder gelegentlich durch einen Geistlichen der Pfarre, Andachten oder Gebetstunden gehalten. Die meisten Denkmäler werden durch die Besitzer eines Hofes, zu dem sie gehören, durch die Nachbarschaft oder durch eine Bruderschaft gepflegt.
In einem Status und Visitationsbericht aus dem Jahre 1716, ein für unsere Pfarrgemeinde wichtiges Dokument welches ich im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf gefunden habe, gibt uns einen interessanten Hinweis. Dort steht geschrieben:

"Früher waren in der Pfarrei Donsbrüggen und Umgebung viele Kapellchen (Bildstöcke) die den oben genannten Patronen geweiht waren. Es sind dies: St. Antonius der Einsiedler, St. Sebastian der Märtyrer, St. Katharina und St. Barbara. Weil aber diese Kapellchen – beim Anwachsen des Calvinismus total zerstört und verwüstet wurden sind die Feiern dieser Patrone verlegt worden und werden in der Kirche gefeiert und verehrt, auch nach alter Überlieferung.
Pater Raphael, Abt des Minoriten Convents in Kleve. Anno 1716."

Pastor Weskamp hat diese Tradition neu belebt und so wie ich ihn kenne ist für den Bereich Bildstöcke das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.

Um den, in den letzten Tagen zum Teil heftig diskutierten Standort haben Pastor Weskamp und ich uns sehr viel Mühe gegeben. Doch nach ständigem Suchen sind wir immer wieder zu der Stelle zurückgekehrt, an der der Bildstock heute steht. Wir beide sind uns sicher, dass wir die richtige Wahl getroffen haben.
In einem nächsten Schritt werden wir uns mit der inneren Ausleuchtung des Bildstockes in den Wintermonaten beschäftigen. Hier hat uns die Fa. Hussmann aus Kleve ihre Unterstützung und Beratung zugesagt.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden Bildstöcke nicht allzu sehr geschätzt und viele sind dem Bau und Straßenbau zum Opfer gefallen. Inzwischen hat eine Umorientierung stattgefunden, man kann sogar einen starken Andrang an Neuerrichtungen feststellen. Die meisten Bildstöcke befinden sich in einem gut gepflegten Zustand. Oft sind sie mit Blumen und Kerzen geschmückt, woran man erkennen kann dass sie auch heute noch für viele Menschen eine besondere Bedeutung haben.

Sie können mir glauben, ich weiß wovon ich rede, denn der heutige Bildstock ist in der Reihenfolge der sechste, den ich konstruiert und habe erbauen lassen. Auch um ihn werden sich Leute aus der Nachbarschaft kümmern. Da bin ich mir ganz sicher.
Es lohnt sich also in mancherlei Hinsicht diesen kleinen Denkmälern etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen."

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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