Amy beendet Ausbildung zur Assistenzhündin
Daimons beste Freundin
Zuerst konnte sie auf ein Signal ihren Schützling anstupsen. Heute öffnet Amy mit ihrer Nase Türen, drückt Knöpfe, schließt Schubladen: ihre Ausbildung zum Assistenzhund für den zehnjährigen Daimon ist abgeschlossen.
Der Herner sitzt seit seiner Geburt im Rollstuhl, ist auf Hilfe angewiesen. 2017 nimmt seine Mutter eine lang gehegte Idee in Angriff, will ihm einen Assistenzhund zur Seite zu stellen. "Er liebt Tiere, das war schon immer so. Stundenlang habe ich für einen Spaziergang rund um den Kemnader See gebraucht, weil er nur Augen für die vielen Hunde hatte. Tiere machen Daimon ruhiger", erzählt Katja Hennes. Außerdem gehörte regelmäßiges Bücken - "bestimmt 100 Mal am Tag" - zu ihrem Alltag, weil Daimon dauernd Dinge herunterwarf, aber nicht aufheben konnte. "Das kann doch auch ein Hund übernehmen", so ihre Überlegung.
Viele Spenden ermöglichten es dem damals Sechsjährigen, die italienische Wasserhündin ausbilden zu lassen. Der Regionalverband des Arbeiter-Samariter-Bundes unterstützte das Vorhaben mit 4000 Euro, der Musiker Hotte Schröder, der aufgrund seines ehrenamtlichen Engagements mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet ist, erspielte über Benefiz-Auftritte außerdem 1500 Euro. "Der entfernteste Spender kam aus Freiburg", freut er sich über die Resonanz. Tierpsychologin Regina Thorlümke kann mit der Ausbildung beginnen.
Italienische Wasserhündin
Unzertrennlich sind sie schnell, ein eingespieltes Team ebenfalls, jetzt erst recht. Die italienische Wasserhündin beobachtet jede Regung Daimons, reagiert, wenn es wichtig ist; apportiert Dinge, die sie übergibt, indem sie auf die Rollstuhlfußrasten steigt, damit ihr Herrchen sie annehmen kann; fördert Daimon, für den kleine Bewegungen große Herausforderungen sind. Seine Belohnungen für Amy sind mit einem Kraftakt verbunden: Klett-und Reißverschluss öffnen, Leckerchen entnehmen, Amy belohnen, alles wieder verschließen, geduldig sein, durchatmen, einige Sekunden warten, bevor es weitergeht, beschreibt Regina Thorlümke Daimons Arbeit.
Die Kommandos gibt er in Englisch - auf seinen eigenen Wunsch, denn er will die Sprache lernen. Er lernte auch, nicht mehr mit seinem Rollstuhl über die Füße seiner Mutter zu fahren. "Er achtet sehr auf Amy, darauf, ihr nicht über die Pfoten zu rollen. Und irgendwann fuhr er auch mir nicht mehr über die Füße", erklärt sie einen weiteren Gewinn. Amy wiederum wartet und vermisst Daimon, wenn er in der Schule, Tagespflege oder für zwei Wochen fort ist. In ihrer gemeinsamen Zeit geht es um Freude auf und über das gemeinsame Arbeiten, das Handling von Tätigkeiten, Lernen von Abläufen, Üben von Geduld, fasst die Tierpsychologin zusammen.
Amys Training wird fortgesetzt; es ergeben sich immer neue Anforderungen. Ihre Aufgabe, ein Signal zu geben, wenn Daimon wegen seiner Epilepsie Fieberkrämpfe bekommt, wird weiter trainiert. "Sie macht das schon sehr gut, reagiert, wenn sich Daimons Temperatur ändert. Dann kommt sie sofort, und wir können handeln", beschreibt die Mutter. Dieses Training müsse intensiviert werden, schildert sie die nächste Etappe. Katja Hennes hofft, dass Amy mit dem Ausweis Zutritt zu Ärzten bekommt, zum Beispiel, wenn ihrem Sohn Blut abgenommen wird. "Das ist schlimm für ihn. Amy könnte ihm dabei helfen. Aber bislang war es nicht möglich, sie mitzunehmen." Es gäbe keine aussagekräftige Studien zu den positiven Auswirkungen, und es gäbe hygienische Bedenken.
Autor:Stephanie Klinkenbuß aus Recklinghausen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.