"Oskar" schnaufte durch die Stadt
Staunend bleiben die Menschen stehen, können nicht fassen, was sich da durch ihre Stadt bewegt: Eine Dampflok mit Stromabnehmer und Straßenbahnanhängern? Wo gibt es denn so etwas?
Wir schreiben das Jahr 1947. Die Spuren des schrecklichen Krieges, der vor zwei Jahren endete, sind unübersehbar. Die Menschen in Herne haben gelernt zu improvisieren, das gilt auch für die Unternehmensleitung der Bogestra.
Der Wagenpark ist zur Hälfte zerstört oder beschädigt, neue Wagen sind nicht zu haben. Auch das Oberleitungsnetz hat stark gelitten, es gibt Lücken in der Stromversorgung. Das Nahverkehrsunternehmen präsentiert den Menschen den „Schnellen Oskar“.
Aus dem
Wochenblatt-Archiv
Eine alte Dampflok, Baujahr 1904, wird umgebaut auf die Meterspur der Straßenbahn und zusätzlich mit dem Bügel, dem Stromabnehmer, ausgerüstetEin Kuriosum, das aber seinen Dienst tut: Wo den anderen Wagen der Strom ausbleibt, schnauft das eigenartige Gespann aus Lok und herkömmlichen Straßenbahnanhängern weiter.
Zwischen Herner Bahnhof und Bochum verkehrt das Unikum, das seinen Spitznamen „Schneller Oskar“ nach dem Bogestra-Direktor Oskar Witz erhält. Mitarbeiter der Straßenbahn taufen es so zur Jungfernfahrt. Mehrere Jahre rollt der schnaufende Oskar über die Bahnhofstraße, auch auf der Linie 6 von Wanne nach Bochum kommt er zum Einsatz; hier benutzt ihn sogar die Post gelegentlich zum Transport von Brief- und Paketsendungen in die Nachbarstadt. Bis 1951 verrichtet der Dampf-Veteran brav seine Arbeit, ein Jahr später landet der „Schnelle Oskar“ auf dem Schrottplatz.
Autor:Rainer Rüsing aus Herne |
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