Fledermäuse, Insektenhotels und kalte Füße
Im Volksmund ist der Beruf des Lehrers nicht immer mit positiven Attributen belegt. „Geringe Arbeitszeiten“ oder „kein Engagement“ gehören mit zu den populärsten Vorurteilen. Wie falsch dieses Bild doch sein kann, bewies einmal mehr Annemarie Krone, Biologie- und Chemie-Lehrerin des Otto-Hahn-Gymnasiums in Herne.
Wollte man auf jedes Projekt der 59-jährigen Lehrkraft eingehen, welches sie in ihrer zurück liegenden Berufszeit angekurbelt und betreut hat, so würde dies sicherlich den Publikationsrahmen sämtlicher Printmedien sprengen. Eines davon, die Teilnahme am Wettbewerb für „Leben in Vielfalt – Migration und Naturschutz“, für welches Frau Krone am 27. Oktober von der Bezirksregierung Arnsberg ausgezeichnet wird, verdient allerdings besondere Aufmerksamkeit.
Bereits im Februar trafen sich Frau Krone und dreizehn Schülerinnen und Schüler des OHG jeden Samstag um halb acht Uhr morgens. „Damals war es ganz schön kalt und alle Kinder hatten buchstäblich kalte Füße“, erinnert sie sich heute mit einem Schmunzeln auf den Lippen an die Anfangszeit zurück. Gemeinsam schritt die kleine Gruppe jeden Samstag eine in Herne-Börnig liegende, zweistündige Strecke ab, welche zuvor von Frau Ischen, der Leiterin des katholischen Kindergartens Peter und Paul, festgelegt worden war. Dabei teilte die Lehrerin ihr Wissen über die ortsansässigen Vögel mit den Kindern.
Die Bewährungsprobe folgte dann im Mai, als die von ihr ausgebildeten Schüler als „Vogelexperten“ die Kindergartenkinder auf der Strecke entlang führten und ihr Wissen weitergaben. Die Resonanz war einstimmig: Mit „super“ und „bitte nochmal“, zeigten sich die Kleinsten durchweg begeistert. So kam es, dass die Schüler des OHG nur eine Woche später auf dem gleichen Weg diesmal die Herner Bevölkerung entlang führten. Es folgten zwei Fledermausexkursionen im Juni und im September sowie zwei für Nachtfalter. Auch wurden eine Kräuterwanderung sowie der gemeinsame Bau von Insektennesthilfen angeboten.
Verstärkt wurden dazu Kinder mit Migrationshintergrund angeworben und in die Projekte mit eingebunden. Eine schriftliche Auswertung der Vogelexkursion durch zwei türkische Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12 förderte dabei die erstaunliche Erkenntnis zu Tage, dass sämtliche Migranten-Kinder Deutschland als Heimat anerkennen. Im Bezug auf die Vogelkunde offenbarten dagegen gerade die Kinder von türkischen Familien große Wissenslücken. „Viele türkische Migranten kennen die Vogelnamen in ihrer eigenen Sprache nicht“, so Krone. Motivation für sie den Schüler Orhan Cakir zum Naturbotschafter der Schule zu ernennen mit dem gleichzeitigen Auftrag, sämtliche Vogelarten, welche schon die Kindergartenkinder in Börnig erlernt hatten, in die türkische Sprache zu übersetzen. Heraus kamen bei seiner akribischen Arbeit zwei volle Zettel mit türkischen Vogelnamen. Ein nicht immer leichtes Unterfangen, denn ein paar Namen konnten einfach nicht gefunden werden. Cakir: „Es kann sein, dass es diese Vogelarten in der Türkei nicht gibt.“
Mit der Preisverleihung in Arnsberg soll für Krone, Cakir und die übrigen beteiligten Schüler jedoch noch nicht Schluss mit dem Projekt sein. So sollen beispielsweise türkische Kinder angeleitet werden, die Vögel auf Plakate abzuzeichnen und diese sowohl mit deutschen als auch türkischen Namen zu versehen. Ebenso hat sie dem Kindergarten versprochen im Januar zusammen mit den Vätern wieder viele Insektenhotels zu bauen. „Und dann ist auch schon wieder Februar“, gibt sie lächelnd, aber auch ein wenig ermattet zu Protokoll. Dann geht es wieder los. Mit den kalten Füßen.
Autor:Matthias You aus Herne |
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