„Fast vergessen, dass ich aus Deutschland bin“: Timo Marquardt (16) ging ein Jahr in den USA zur Schule
„Das kann nur super werden.“ Das war Timo Marquardts erster Gedanke, als ihn seine amerikanische Gastfamilie im vergangenen Sommer mit einem Willkommensplakat am Flughafen von Chicago abholte. Jetzt ist der 16-jährige Schüler des Haranni-Gymnasiums wieder zurück in Herne und immer noch ganz begeistert von seinem Austauschjahr in den USA.
Dazu trug die Familie bei – Vater, Mutter und drei Kinder, darunter ein Sohn in Timos Alter, die er schon von zuhause aus per Skype kennengelernt hatte –, aber auch das urbane Umfeld, in dem sie lebt. Mit knapp 150.000 Einwohnern ist Naperville / Illinois, das etwa eine Stunde von Chicago entfernt liegt, ungefähr genauso groß wie Herne.
Da gab es allein 3.000 Schüler an der Highschool, die Timo besuchte. „Mein Gastbruder David ist im Laufteam und hatte mich mit angemeldet. Dadurch habe ich ganz schnell Freunde gefunden und war direkt drin“, erzählt Timo. Freunde zu finden war ein wichtiger Punkt für ihn.
Auch der „school spirit“ hat ihm gut gefallen. Der Zusammenhalt der Schüler sei größer, weil Sport und andere Aktivitäten im Anschluss an den Unterricht in der Schule stattfänden. „Wir sind auch Freitagsabends zum Football-Spiel gegangen, um das Schulteam anzufeuern“, beschreibt Timo.
Marketing und Disney World
Neue Eindrücke wie diese zu gewinnen, Neues auszuprobieren und im Land herumzukommen, gehörten ebenfalls zu Timos Zielen. So konnte er an der Schule Fächer belegen, die es in Deutschland so nicht gibt, wie Marketing, Introduction to Business und Digital Art. Mit seinem Marketing-Kurs ist er sogar für ein Wochenende nach Disney World nach Florida geflogen. „Das war ein Superhighlight“, glaubt Timo nicht, dass etwas Vergleichbares auch hier möglich wäre.
Mit seiner Gastfamilie verbrachte er einige Tage in San Francisco, und eine weitere Reise führte ihn nach Washington. Da er ein Stipendiat des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms (PPP) mit der heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Ingrid Fischbach als Patin war, hatte er in der US-Hauptstadt die Möglichkeit, mit verschiedenen Abgeordneten zu sprechen. Darunter war auch Bill Foster, der Illinois im Repräsentantenhaus vertritt. „Er hat mir erzählt, wie begeistert er von Angela Merkel ist“, berichtet Timo.
Donald Trumps Wahl
Die Begeisterung für den US-Präsidenten Donald Trump dagegen hält sich in Illinois in Grenzen, hat Timo während seines Aufenthalts mitbekommen. „Illinois ist seit jeher demokratisch“, sagt er, und bei Trumps Wahl seien viele Menschen entsetzt gewesen. Fast schon erschreckend fand Timo es, dass einige Schüler, die vor der Wahl nicht geäußert hatten, dass sie Anhänger von Trump sind, nach dessen Sieg mit großen Trump-Flaggen am Auto an der Schule vorgefahren kamen.
Heimweh hat er während des Jahres nie gehabt, obwohl er erst 15 Jahre alt war, als er im vergangenen Sommer nach Illinois aufbrach. Zu seiner Familie in Herne hat er natürlich Kontakt gehalten und Fotos per WhatsApp geschickt. Aber geskypt haben sie nur alle, zwei, drei Monate. „Ich wollte mich ja einleben“, erzählt Timo. Und seine Gastfamilie hat ihn sehr eingebunden. „Der Höhepunkt war, gemeinsam Weihnachten zu feiern. Da habe ich fast vergessen, dass ich aus Deutschland bin.“
Zurück in Herne
Jetzt ist der 16-Jährige zurück in Herne, besucht die elfte Stufe des Haranni-Gymnasiums und freut sich, seine hiesigen Freunde zu sehen. Nichtsdestotrotz vermisst er auch seine Gastfamilie und die Freunde, die er in Naperville gefunden hat. „Wir schreiben uns fast täglich per WhatsApp“, sagt Timo. Und Einladungen für einen baldigen Besuch hat er auch schon einige erhalten.
Der Besuch muss aber bis nach seinem Abitur warten. Dann möchte er für einen Urlaub zurück in die USA und einen Work-and-Travel-Aufenthalt in Australien oder Neuseeland machen. „Ich bin der Typ, der gern weggeht, reist und etwas Neues erlebt.“
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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