"Urlaub ohne Koffer" für Senioren in Herne
Eine Woche Pause vom Alltag

Wenn alte Menschen nicht mehr verreisen können, bietet "Urlaub ohne Koffer" eine gelungene Abwechslung vom Alltag und oft auch einen Weg aus der Einsamkeit. Zwei, die das Projekt in Herne ermöglichen, sind Mechthild Greifenberg (links) und Doris Hoffmann. | Foto: Dabitsch
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  • Wenn alte Menschen nicht mehr verreisen können, bietet "Urlaub ohne Koffer" eine gelungene Abwechslung vom Alltag und oft auch einen Weg aus der Einsamkeit. Zwei, die das Projekt in Herne ermöglichen, sind Mechthild Greifenberg (links) und Doris Hoffmann.
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Wenn Senioren nicht mehr in den Urlaub kommen, dann kommt der Urlaub eben zu ihnen: Zum siebten Mal hat der Caritasverband Herne in der vergangenen Woche Senioren ein paar Tage Abwechslung von ihrem oft einsamen Alltag beschert.

Ein schattiges Plätzchen vor dem Gemeindehaus St. Marien haben sie gefunden, sitzen dort und halten ein Pläuschchen: 18 Frauen und zwei Männer zwischen 71 und 101 Jahren nehmen an dem Projekt "Urlaub ohne Koffer" teil.

Kükengarde tritt auf

Die Pause währt nicht lang, denn der nächste Programmpunkt steht an: Die Kükengarde der ersten Herner Karnevalsgesellschaft hat sich umgezogen und wartet auf ihren Auftritt. Sie zeigt ihren Showtanz, Thema ist der Disney-Film Vaiana. Den kennen die Senioren zwar größtenteils nicht, aber dennoch spenden sie am Ende eifrig Applaus für die jungen Tänzerinnen, die einen Vormittag ihrer Ferien zur Unterhaltung der Senioren aufgewendet haben. "Wir sind immer sozial engagiert", sagt Gaby Szymkowiak, eine der Betreuerinnen der Garde, passend zum Motto des Projektes "Eine Woche mit Herz".

Die Tänzerinnen der Kükengarde beginnen ihren Showtanz liegend. Die Senioren schauen interessiert zu. Fotos: Dabitsch Die Gruppenleiterin Doris Hoffmann (stehend) mit den Teilnehmerinnen Doris Owicki (links) und Heidemarie Kaiser.
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Gemeinschaft statt Einsamkeit

Nicht nur dieser Programmpunkt kam gut an: "Hier ist jeder Tag etwas Besonderes", schwärmt die 75-jährige Heidemarie Kaiser, die mit ihrer Nachbarin Doris Owicki (80) gemeinsam an "Urlaub ohne Koffer" teilnimmt. Seit ihr Mann gestorben ist und sie gesundheitlich eingeschränkt ist, merkt sie, wie wichtig "die ganze Gemeinschaft hier" ist.

Die Gruppenleiterin Doris Hoffmann (stehend) mit den Teilnehmerinnen Doris Owicki (links) und Heidemarie Kaiser. | Foto: Dabitsch
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Fünf Tage dem Alltag entfliehen

Genau für diese Menschen wurde das Projekt in Herne ins Leben gerufen, erklärt die Sozialarbeiterin Mechthild Greifenberg, die "Urlaub ohne Koffer" erstmalig bei Kollegen der Caritas Castrop-Rauxel gesehen und adaptiert hat. "Viele Ältere werden mit der Zeit sozial isoliert. Kontakte werden weniger, sie können körperlich nicht mehr so aktiv sein, sind mehr und mehr alleine zu Hause", beschreibt sie, weshalb viele Senioren sich einsam fühlen. Fünf Tage können sie diesem Alltag entfliehen. Einige kommen morgens zu Fuß oder mit dem Rollator zum Gemeindezentrum, andere werden per Sammeltaxi zu Hause abgeholt und wieder gebracht.

Ehrenamtler kümmern sich um die Senioren

Ein Team von zehn Ehrenamtlichen kümmert sich die ganze Woche um die Senioren, die Hälfte kümmert sich um die Verpflegung, die andere Hälfte um das Programm. "Voraussetzung zur Teilnahme ist, dass die Menschen keine pflegerische Hilfe benötigen", sagt Mechthild Greifenberg - "die können wir nicht leisten".

Nach dem Mittagessen steht "Siesta" auf dem Programm. | Foto: Dabitsch
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Siesta nach dem Mittagessen

Nach dem Mittagessen, das frisch gekocht wird, steht, ganz "urlaubs-like", eine Siesta auf dem Programm. In einem separaten Raum stehen 20 Liegen, dort können die Teilnehmer ein bisschen ruhen, bevor Monika Stapel mit ihrer Sitzgymnastik den Kreislauf der Senioren wieder ankurbelt. "Uns ist sehr wichtig, dass wir ein Programm mit Anspruch anbieten", sagt Greifenberg. Dazu gehört in diesem Jahr unter anderem eine Polizeiberatung zum Thema Trickbetrug, ein Kreativnachmittag, an dem Jutebeutel bemalt und Stoffherzen gefüllt und vernäht werden, ein bewegtes Gedächtnistraining, Bingo und ein Spielenachmittag. Traditionell findet am letzten Tag ein Gottesdienst für die Gruppe statt.

Manchmal bleiben Kontakte bestehen

Besonders wertvoll ist für die Teilnehmer natürlich der Austausch mit anderen und die Möglichkeit, sich zu vernetzen. "Manchmal bleiben die Teilnehmer über die Woche hinaus in Kontakt", freut sich die Sozialarbeiterin. Für Heidemarie Kaiser steht heute schon fest, dass sie 2025 wieder dabei sein möchte: "Am liebsten würde ich mich gleich für nächstes Jahr wieder anmelden." 

Wo noch? 

"Urlaub ohne Koffer" wird in einigen Städten, aber längst nicht flächendeckend angeboten. Unter anderem gibt es dieses Angebot neben Herne in Castrop-Rauxel, Datteln, Haltern, Hamm, Marl, Bocholt, Gütersloh, Kreis Soest. Ob es ähnliche oder alternative Angebote in Ihrer Stadt gibt, erfahren Sie beim jeweiligen Caritasverband vor Ort.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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