Die Eishölle in der Death Row Texas

Dieser Brief wurde mir von Eric Cathey, einem Insassen des Todestrakts in Texas zugeschickt, weil er hofft, dass so viele Menschen auf das Schicksal der Gefangenen dort aufmerksam gemacht werden. Über Kommentare würde Eric sich sehr freuen.

Die Eishölle im Todestrakt

Haben Sie sich jemals gefragt, was Sie tun würden, wenn Sie in einer kalten Höhle gefangen wären, um Wärme zu finden?
Ist eine absurde Frage, oder?

So lächerlich, wie sie zu sein scheint, ist sie für mich in Wirklichkeit nicht, denn ich muss versuchen, eine Antwort darauf zu finden. Und zwar deswegen, weil ich zurzeit in einer Zelle mit Temperaturen um den Gefrierpunkt festgehalten werde! Und unabhängig von all meinen Anstrengungen, schaffe ich es nicht Wärme zu erzeugen ...

Seit siebzehn Jahren, zehn Monaten und dreizehn Tagen habe ich viele verschiedene grausame, unbarmherzige und bedrückende Erfahrungen während meiner Haft machen müssen.
Und mit jeder Erfahrung mehr bin ich trauriger und erstaunter, wie grausam Mitmenschen zu anderen sein können.

Dieser Bericht meiner Gefängnisqualen soll ein Anstoß für diejenigen sein, die nicht wissen, was Gefangene im Todestrakt in Texas erleiden müssen. Tatsächlich werden viele Menschen überrascht sein, zu erfahren, wie drakonisch das Strafsystem hier ist. Seit ungefähr einem Monat müssen wir jetzt schon die harte Behandlung, während der Temperaturen um den Gefrierpunkt erleiden.
Seit die Beamten von "Polunsky Unit" die extreme Kälte innerhalb unserer Zellen zugelassen haben, müssen die Gefangenen in zwölf Gebäuden der Death Row die Kälte ohne den Schutz einer Decke oder Jacke durchleben.

Seit über zwei Wochen sind wir nun, schon ganz ohne Schutz, der Kälte ausgeliefert. Umso verblüffter waren wir, als einige von uns aus dem Fensterschlitz hinaus geschaut haben und die "allgemeinen" Gefangenen gesehen haben, die alle ihre Jacken trugen.

Von einem Gefängniswärter haben wir erfahren, dass diesen Gefangenen die Decken und Jacken schon zwei Wochen zuvor ausgeteilt worden waren.
Sofort fragte ich: "Wann erhalten die Todeszelleninsassen ihre Jacken und Decken?"
Der Wächter antwortete lapidar: "Wenn der Kapitän sagt, dass ihr sie haben dürft!"

Ich kann nicht ganz genau sagen, wie niedrig die Temperatur in unseren Zellen ist, aber ich weiß, dass meine Hände so kalt sind, dass sie die ganze Zeit schrecklich schmerzen. Und das macht es mir natürlich schwer, meine Briefe zu schreiben. Außerdem ist es fast unmöglich zu schlafen, obwohl ich komplett angezogen bleibe.

Einige Gefangene und ich haben jetzt sogar versucht Ideen zu entwickeln, wie wir versuchen können, warm zu bleiben. Meine Idee, die ich hatte, wird anderen hoffentlich helfen, ich selbst kann sie leider nicht anwenden, da ich keinen "Hot Pot" (Gefäß zum Erwärmen von Wasser und Mahlzeiten) mehr habe.
Ich habe anderen Insassen geraten mithilfe des "Hot Pot" Wasser zu erwärmen und dieses dann in eine Flasche zu füllen, um sie als Heizkissen zu benutzen. Einige der Gefangenen haben es versucht und ein Insasse hat gesagt: "Es hilft ein bisschen. Aber meine Beine und Füße sind noch entsetzlich kalt." Dann gab es den Vorschlag, dass wir fortwährend Liegestützen absolvieren könnten, mit den Füßen stampfen, Hampelmänner machen oder sogar Schattenboxen veranstalten.
Aber all das, war uns klar, würde nur für eine gewisse Zeit helfen uns warm zu halten.

Irgendwann bin ich imstande gewesen, mit einem der Oberaufseher zu sprechen. Er hat mich informiert, dass die Jacken und Decken in ein paar Tagen ausgegeben würden, und vor dem 12. November auch die Heizung angeschaltet werden würde. Und tatsächlich hat er Wort gehalten, wir haben unsere Decken und Jacken wirklich erhalten. Und dankbar konnten wir der Kälte wenigstens ein bisschen entfliehen. Aber auch dann war das nur möglich, während wir uns unter der Decke in der Fötus-Position zusammengerollt haben.

Ich fürchte mich immer davor, wenn ich die Decke entfernen muss, um zur Toilette zu gehen oder einfach nur zu sitzen um etwas zu essen. Aber ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass diese Art des Leidens genau die Behandlung ist, die Todeszellen-Insassen, laut Meinung anderer, erleiden müssen.

Ein Sergeant erzählte mir: "Wenn meine Offiziere draußen in der Kälte sein müssen, warum soll ihr es dann warm haben?" Der unfreundliche Blick, den er mir dabei zuwarf, als ich ihn bat die Heizung anzustellen, festigte meine Meinung über seine Motive. Und tatsächlich, am 12. November gab es immer noch keine Heizung!

Die Anwendung dieser Taktik bei uns ist ihre Art, Todestrakt-Insassen unbeweglich und unmotiviert zu machen, denn die Ausführung dieser "Waffe" - die eisige Temperatur beraubt einer Person jeglicher Inspiration und den Willen produktive Tätigkeiten auszuführen. Und wegen des emotionalen und geistigen Stresses, die Bedrohung des Todes ständig über unseren Köpfen schweben zu haben, müssen wir Todeszellen-Insassen Beschäftigung haben (und sollten auch dazu ermuntert werden, sich zu beschäftigen), denn Beschäftigung baut unseren Stress wenigstens ein bisschen ab. Wir sollten ihm nicht stattdessen noch mehr ausgesetzt sein müssen.

Staats- und Bundesgerichtshöfe haben bereits entschieden, dass diese ungesetzliche Behandlung eine Form der grausamen und ungewöhnlichen Strafe ist (eine Übertretung der achten Änderung der amerikanischen Verfassung), einen Gefangenen in einer Umgebung mit eisigen Temperatur auszusetzen. Außerdem gilt das Gesetz, dass wenn ein Gefängnisbeamter weiß, dass die Bedingungen objektiv grausam sind, er einen Weg finden muss etwas daran zu ändern, denn sonst fällt sein Handeln unter den Tatbestand der absichtlichen Teilnahmslosigkeit, die ebenfalls eine grundgesetzliche Übertretung ist.

Und genau das war es, was ich in meiner Beschwerde erklärt habe (ein I-127 Beschwerde-Formular), außerdem habe ich dort vermerkt, wie groß das Gesundheitsrisiko dabei ist, da ich ein chronischer Patient mit Hypertonie bin. Und gemäß ärztlichen Berichten ein solcher Patient ein erhöhtes Risiko hat, Hypothermie zu bekommen, wenn er solch kalten Temperaturen ausgesetzt wird. Ganz überraschend wurde an dem Tag, nachdem ich dieses Beschwerdeformular eingereicht habe, die Heizung eingeschaltet!

Dieses Ereignis hat natürlich eine großes und dringend benötigtes Glücksgefühl unter uns ausgelöst.
Unglücklicherweise ist die Heizung aber nur für circa zehn Stunden an geblieben. In der Nacht um 01:30 Uhr kam die kalte Luft zurück. Und das, während die Temperaturen draußen unter ein Grad minus betrugen.

Deshalb kämpfen wir nun wieder darum, unsere Heizung zurück zu bekommen. Und hoffentlich wird unser Versuch nicht scheitern, denn in einer Eishöhle gefangen zu sein, ist nicht so lustig, wie es klingt.

Autor:

Astrid Pfister aus Herne

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