Als der junge Paul auf den geteerten Schiff festklebte

Ein Leben für den Bergbau – und für den Sport: Paul Wascinski. WB-Foto: Pleuser
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Wie kam es dazu, dass Holz zu Kohle wurde? Paul Wascinski lächelt: „Wasser und Geröll pressten abgestorbene Wälder zu Flözen.“ Und wie nannte der Bergmann untertage eine Leiter? „Fahrte“, kommt es prompt.
Auch auf unerwartete Fragen muss der 74-Jährige reagieren, wenn er als Zeitzeuge Menschen für den Bergbau erwärmt: „Habt ihr die Pferde rausgeholt, bevor ihr die Zeche zugemacht habt?“ Das möchten vor allem die Mädchen in den Schulen wissen, in denen er alte Kohle-Zeiten auferstehen lässt.
Paul Wascisnki hat von 1951 bis 1992 im Bergbau malocht – auf „Unser Fritz“ und auf „Consolidation“ (Gelsenkirchen). Vom Steiger arbeitete er sich bis zum Betriebsstellenleiter der Firma Heitkamp hoch, war schließlich zuständig für „Spezialarbeiten untertage wie Gleise verlegen und Strecken (Tunnel) auffahren (herstellen)“.
Schon etliche Jahre ist er im Ruhestand – eigentlich. Aber der Bergbau und der Rhein-Herne-Kanal, an dem er aufgewachsen ist, lassen ihn nicht los. Während der 2010-Aktion „SchachtZeichen“ zog er im Auftrag der Kolpingsfamilie Wanne-Eickel Zentral über 500 Schüler in seinen Bann, schilderte seine frühere Arbeit so, dass die Jungen und Mädchen leuchtende Augen bekamen. „Unten scheint keine Sonne, aber wir haben trotzdem bei bis zu 40 Grad geschwitzt, die gesprengten Steine waren zu heiß zum Anfassen.“ Ungläubiges Staunen. „Aber wir hatten Kühlmaschinen, die aus Blasrohren kalte Luft pusteten.“
Und die Pferde, die waren ganz schön schlau: „Die zogen nur eine ganz bestimmte Anzahl von kleinen Förderwagen – zum Beispiel 20. Wenn jemand ein oder zwei zusätzlich ankoppelte, blieben sie stehen, felsenfest.“
Als die Schüler 100 gelbe Luftballons in den blauen Himmel steigen ließen, „kreuzte ein Team vom WDR auf“. Man sprach miteinander, und der frühere Bergmann mauserte sich peu à peu zu einem der Hauptdarsteller des Fernseh-Beitrags. Es ging nämlich um die „Riviera im Pott – Zuhause am Rhein-Herne-Kanal“.
Da kann Paul Wascinski eine Menge erzählen. „Der Kanal war in meiner Jugend das Schwimmbad. Für Badeanstalten hatten wir kein Geld. Wir sind als Jungen mit Begeisterung auf die Schiffe geklettert – bis die Besatzung Teer auf die Planken geschmiert hat und wir festzukleben drohten. Das Badezeug war jedenfalls hin.“ Weniger Wut zog sich wohl derjenige zu, der „auf Crange die Mädchen mit in die Kirmes-Raupe nahm, weil die überdeckt war“.
Das Leben kostet Paul Wascinski auch übertage intensiv aus: „Seit 61 Jahren bin ich Mitglied im Baukauer Turn-Club (BTC), dem ich viel zu verdanken habe.“ 25 Jahre war er Turnwart in der Männerabteilung. Noch im vergangenen Jahr erkämpfte der einstige Westfalenmeister im Geräteturnen einen vierten Platz in dieser Sportart beim Deutschen Turnfest in Frankfurt (Altersklasse 70 bis 74!).
Der begeisterte Sportler spielt zudem zwei bis drei Mal in der Woche Tennis und nimmt an Langlauf-Wettkämpfen teil. Noch kürzlich schaffte er die zehn Kilometer bei den „Offenen Waldlaufmeisterschaften“ des BTC in 60 Minuten und 26 Sekunden. Aber er ist nicht ganz zufrieden mit sich. „Früher hätte ich das in der Hälfte der Zeit geschafft. Aber ich habe nicht mehr die Luft dazu. Man merkt, dass man älter wird.“
Wenn der schlanke, durchtrainierte Mann nicht gerade seine Fitness stählt, hält er Vorträge. Nein, nicht über den Bergbau, sondern zum Beispiel über „Irland – Faszination einer Insel“. Er war nie da. „Ich habe mir einiges aus dem Internet runtergeladen, Bücher besorgt und Unterlagen von Kollegen.“ Der bebilderte Vortrag, es gab auch einen kleinen Film dazu, war ein voller Erfolg. „Ich hab’ sogar irisches Kilkenny-Bier besorgt.“
Der 74-Jährige ist, wie jeder Leser erkennt, sehr beschäftigt. Aber wenn man ihn ganz lieb bittet, erzählt er vielleicht doch seine ungemein lebendigen Geschichten über den Bergbau. Auf einen solchen Zeitzeugen möchte wohl keine Schule verzichten – oder?!

Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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