Wenn kleine Kugeln rollen

Ein Blick, ein Stoß und schon verschwindet die Kugel im Loch. Man merkt sofort, am Billardtisch ist Dietmar Koch in seinem Element. Doch er ist bei weitem nicht der einzige, der der Faszination dieses Sportes erlegen ist und beim Billardclub Herne-Stamm 1928 mit Begeisterung das Queue schwingt.
Billard ist ein schöner Sport. Das können Sie ruhig glauben, liebe Leserinnen und Leser. Immerhin verfolgt der Autor dieser Zeilen seit vielen Jahren mit Begeisterung die Snooker-Übertragungen im Fernsehen. Am Tisch selbst dürfte man mich aber als blutigen Anfänger bezeichnen, wie sich beim Besuch des Billardclubs Herne-Stamm zeigt.
Das Innenleben des Sportzentrums Falkschule an der Castroper Straße hat es in sich. Auf zwei Etagen erstreckt sich hier das Reich der rollenden Kugeln.
Es war im Jahre 1928, als in der Gaststätte „Zum alten Stamm“ die Mitglieder des Stammtisches der Gaststätte Jäger beschlossen, den Verein ins Leben zu rufen. Nach vielen Umzügen hat der Verein nun seit 1986 in der Falkschule seine schmuck ausgebaute sportliche Heimat gefunden. Lange Zeit Zeit wurde nur Karambol-Billard gespielt, Erst 1988 kam die Pool-Abteilung hinzu. „Das war absolutes Neuland“ weiß der 1. Vorsitzende Dietmar Koch, denn die beiden Disziplinen standen sich eigentlich als Konkurrenten gegenüber, „es mussten beim Verband extra Anträge gestellt werden, damit beide Abteilungen unter dem gleichen Namen zusammengefasst werden konnten.“
Doch diese Probleme sind inzwischen vergessen, an sieben Pool- und vier Karambol-Tischen kann man die Kugeln bewegen. Und nach getaner „Arbeit“ im gemütlichen Thekenbereich noch ein kühles Getränk genießen. Das kommt an, der Verein zählt etwa 200 Mitglieder.
Der Laie, der zum ersten Mal einen Karambol-Tisch sieht, wird sich fragen: wo sind denn da bitte schön die Löcher? Und dann sind auch nur drei Kugeln zu sehen! Doch keine Bange, das hat alles seine Richtigkeit. Denn beim Karambolbillard geht es darum, mit dem Spielball nacheinander die anderen beiden zu treffen. Das hört sich einfach an. Doch hier und da laufen die verflixten Kugeln sehr viel weiter als gedacht, und die Sache wird schon schwieriger. Dazu kommen noch die verschiedenen Spielvarianten.
Bei der sogenannten freien Partie geht es einfach nur ums Berühren der anderen Bälle. Der wahre Könner kann so auf kleinem Raum einfaches Spiel haben. Beim Dreiband dagegen muss der Spielball, nachdem die erste Kugel erfolgreich berührt wurde, erst einmal drei Seitenbanden vor der zweiten Kugel touchieren. Sonst darf der Gegner sein Glück versuchen.
„Je größer das Spiel ist, desto mehr Bewegung ist auf dem Tisch“, erklärt Dietmar Koch. „Natürlich steigert das die Faszination für die Zuschauer. Für die Spieler ist es aber einfacher, wenn die Kugeln zusammenbleiben.“
Pool-Billard ist den meisten wohl geläufiger, doch hat der Sport mit Vorurteilen zu kämpfen. Dietmar Koch ist ein fröhlicher Mensch, eines mag er aber gar nicht: „Wenn jemand fragt, ob ich richtiges Billard oder Pool spiele.“ Denn gerade diese Spielart gilt vielen als Kneipensport.
Dabei könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein. Wer richtig gut werden will, sei es beim Karambol oder Pool, muss ordentlich üben, „da sollten es schon etwa vier Stunden am Tag sein“, verrät Koch. Denn um die Kugeln problemlos zu versenken oder zu touchieren, sind Präzision, Konzentration und ein geübtes Auge vonnöten.
Zudem hat auch die Pool-Variante viele Variationen zu bieten. Und hier schlägt meine große Stunde, denn vom bekannten 8er Ball, wo jeder der beiden Spieler jeweils acht Kugeln und zum Schluss die schwarze 8 versenken muss, bis zum 9er und 10er Ball, wo einfach in der Reihenfolge von 1 bis 9 (oder 10) die Kugeln vom Tisch in die Tasche verschwinden müssen, erklärt Dietmar Koch mit viel Geduld und Lockerheit das Spiel.
„Für Anfänger ist es leichter, ins Loch zu spielen“, verkündet Koch. Schön wär’s, doch so wirklich wollen die bunten Kugeln nicht gehorchen. Denn das Queue muss erst einmal richtig gehalten werden, fest, locker, aber doch gerade. Und auch das richtige Treffen ist gar nicht so leicht. „Du musst eine halbe Kugelbreite daneben zielen, nicht mittig“, hilft Koch. Und tatsächlich: Die eine oder andere Kugel fällt.
Für die große Karriere ist es aber wohl zu spät, „man sollte schon recht früh anfangen, so zwischen zehn und zwölf“, rät Koch. Er selbst hat auch erst mit 18 oder 19 begonnen, „deshalb bin ich nicht so gut geworden“, meint er bescheiden. Für den Autor dieser Zeilen reicht es aber allemal.
13 Mannschaften stellt der Verein, von der Hobbyliga-Truppe im Pool bis zum Bundesliga-Team im Dreiband. Egal mit welchem Anspruch man an den Tisch geht, hier ist man richtig. Alle Mitglieder haben einen Schlüssel, so dass sie nach Lust und Laune spielen können.
Wer sich dem Verein anschließen möchte, kann unter Tel. 02323/33195 Kontakt aufnehmen.