Sanktion & Energiesperre mit Todesfolge

„Herne / Wohnungsbrand – Junger Mann (24) verstorben

Brandermittler entdecken Teelichter auf der Matratze

Herne-Börnig - 11.02.2011 - 12:39 - In den frühen Morgenstunden des heutigen 11. Februar kommt es zu einem Brand in einem Mehrfamilienhaus an der Bruchstraße in Herne-Börnig. Gegen 04.55 Uhr meldet ein Hausbewohner über den Notruf 110, dass es im Treppenhaus zu einer starken Rauchentwicklung gekommen ist. Die Polizeibeamten evakuieren sofort das Haus und brechen die Tür der Erdgeschosswohnung auf, aus der der Rauch dringt. Unter Atemschutz begibt sich ein Feuerwehrtrupp in die stark verrauchten Zimmer. Im Schlafzimmer entdecken die Feuerwehrmänner einen jungen Mann, der leblos auf dem Boden liegt. Ein Notarzt kann leider nur noch den Tod des 24-jährigen Herners feststellen. Nach bisherigem Ermittlungsstand der Bochumer Brandermittler aus dem KK 11 kann ein technischer Defekt als Brandursache zurzeit ausgeschlossen werden. Möglicherweise haben direkt auf der Matratze des Bettes stehende Teelichter das Feuer ausgelöst. Die Ermittlungsarbeit des KK 11, in die auch ein Sachverständiger eingeschaltet worden ist, dauert am Brandort zurzeit noch an.“
http://www.polizei-nrw.de/presseportal/behoerden/bochum/article/meldung-110211-123819-99-120.html

Mit knappen Worten skizziert der Polizeibericht ein persönliches Schicksal, dass betroffen macht. Weiterführende Recherchen ergeben, dass es sich bei dem Opfer um einen 24jährigen Hartz IV-Bezieher handelt, der aufgrund von Sanktionen außerstande war, seine Strom-Rechnungen zu begleichen. (Die Altersgruppe der bis 25 Jährigen gehört zur Hauptgruppe der mit Sanktionen überzogenen Erwerbslosen.) Als geradezu unausweichliche Folge war eine Stromsperre verhängt worden und der Betroffene hatte versucht Teelichter als Licht- und Wärmequelle zu nutzen.

Wieder einmal endete eine Sanktion mit Energiesperre tödlich.

Dies ist in Deutschland schon lange kein Einzelfall mehr.

Neu ist das Problem nicht. Bereits in dem Artikel „Viele Münchner sitzen im Dunklen“ berichtete die Sueddeutsche Zeitung am 01.03.2005 über mehrere Stromsperren mit Todesfolge.

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/2.220/stromsperre-viele-muenchner-sitzen-im-dunklen-1.667511

Mit der Einführung von Hartz IV wurden und werden die Durchschnittsverbräuche politisch schön gerechnet. Bei der Bedarfsermittlung werden Sozialleistungsbeziehern heute nur noch ca. 1/3 des tatsächlichen Bedarfs zugestanden. Das belegt u.a. die Stellungnahme vom 29. September 2009 zu den Ausführungen der Bundesregierung zur Ermittlung der Höhe von SGB XII-Regelsatz / SGB II-Regelleistung in den Verfahren BVerfG 1 BvL 1/09; BVerfG 1 BvL 3/09; BVerfG 1 BvL 4/09 von Diplom-Kaufmann Rüdiger Böker, Mitglied des Deutschen Sozialgerichtstag e.V.)

"Hilfebedürftigen standen somit monatlich lediglich 47,49 kWh Strom zur Verfügung.
Zu BSHG-Zeiten waren es noch 148 kWh."

Dabei sind viele Energiesperren sehr einfach zu vermeiden. Verbraucherzentralen und –Initiativen weisen seit Jahren auf die Möglichkeiten von Widersprüchen und Anbieterwechsel hin. Es lohnt sich.

Ein paar Tipps vom Profi:

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Bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung darf die Versorgung unterbrochen werden nach § 19 der StromGVV.

Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt.

Ferner muss der Verbraucher mit mindestens 100 Euro im Verzug sein.

Nicht mitgerechnet werden dabei diejenigen nicht titulierten Forderungen, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder
die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

Die Sperre muss vier Wochen vor der Sperre angedroht worden sein, die Sperrdrohung darf auch mit der Mahnung zusammen geschehen und
die Sperre muss drei Werktage vor der Sperre konkret angekündigt werden.

Die Androhung ist nur gültig, wenn unmissverständlich erkennbar wird, dass bei Nichtzahlung eine Sperre erfolgt. Wenn der Verbraucher den Forderungen also begründet widerspricht, dann darf die Versorgung ebenso wenig unterbrochen werden, wie gegenüber Kunden, die den Preiserhöhungen widersprochen haben.

Wie man sich gegen unrechtmäßige Stromsperren wehrt: Einstweilige Verfügung gegen Stromsperre

http://www.energieverbraucher.de/de/Energiebezug/Strom/Stromsperre__1163/

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Weiterführende Links:

http://www.verbrauchernews.de/haushalt/strom_gas/artikel/2006/09/0070/

Was tun, wenn das Licht ausbleibt ?
http://www.123recht.net/article.asp?a=15165&ccheck=1

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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