Bernd Igelhorst schreibt Medizingeschichte
Bernd Igelhorst (54) fühlt sich gut. Der Mann schreibt Medizingeschichte: Im Marienhospital wurde ihm in einer nur 35-minütigen Operation ein Defibrillator der neuen Generation eingesetzt. Es war die weltweit erste Implantation dieser Art.
Der neue Defibrillator, hergestellt von der US-Firma Boston Scientific, ist der erste mit zwei Sensoren. Zum einen gibt das Gerät Stromstöße ab bei lebensgefährlichen Rhythmusstörungen des Herzens (Kammerflimmern), zum anderen orientiert es sich am Atemvolumen des Patienten. Es wird umso empfindlicher eingestellt, je aktiver der Patient ist. Anders ausgedrückt: Der Atemvolumensensor überwacht die Atemfrequenz und reguliert daraufhin die Herzfrequenz – vor allem, wenn es zu körperlichen Belastungen kommt.
„Bisherige Defibrillatoren“, so Prof. Dr. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardio-logie im Marien Hospital, „verfügen über einen Aktivitätssensor. Dieses Verfahren hat allerdings Nachteile. Beim Fahrradfahren werden zum Beispiel nur die Muskeln in den Beinen aktiviert, nicht jedoch im Oberkörper. Da die Signale der Muskeln den Defibrillator nicht erreichen, wird die Herzfrequenz nicht der körperlichen Leistung angepasst.“
"Natürlichste Möglichkeit, die Herzfrequenz zu steigern"
Die Orientierung am Atemvolumen hingegen ist „neben einem funktionierenden Herzen die natürlichste Möglichkeit, die Herzfrequenz zu steigern. Bei körperlichen Anstrengungen passt sich die Atmung als erstes an“, betont Trappe.
Somit eigne sich das neue Modell besonders für Betroffene, die eine zu niedrige Pulsfrequenz aufweisen oder bei denen der Puls bei Belas-tungen nicht ausreichend ansteigt. Das ist bei Menschen mit Herzschwäche und eingeschränkter Pumpleistung des Herzens öfter der Fall.
So wie im Fall des operierten Patienten. Er leidet seit längerem unter einer schweren koronaren Herzkrankheit. Nach mehreren Katheterinterventionen und einer Bypass-Operation liegt die Pumpleistung seines Herzens bei 35 Prozent. Die Folge: ein zu niedriger Ruhepuls, der auch bei Belastungen nicht ansteigt.
Die geringe Pumpleistung führt dazu, dass der Patient schon bei kleinsten Belas-tungen an Luftnot leidet und in seiner Lebensqualität deutlich eingeschränkt ist.
„Mit dem neuen Defibrillator können wir die Herzkrankheit nicht heilen, aber wir können den Betroffenen Sicherheit und Lebensqualität zurückgeben“, so Prof. Trappe. Dabei profitieren die Patienten nicht nur vom Atemsensor. Der Defibrillator ist lediglich 9,9 Millimeter dick und wiegt 62 Gramm. Vorgängermodelle aus früheren Jahren brachten es mitunter auf satte 290 Gramm, mussten wegen ihrer Größe im Bauchraum angebracht und durch Kabel mit dem Herzen verbunden werden.
Das neue Gerät kostet rund 10.000 Euro
Das neue Gerät kostet rund 10.000 Euro. Nach etwa fünf Jahren muss das Aggregat samt Batterien gewechselt werden. Der erforderliche Eingriff dauert etwa 15 Minuten. Die Programmierungen sind stabil, können sich höchstens im Magnetefeld eines Kernspintomographen verstellen. In diesem Fall werden wieder die Grundeinstellungen wirksam. Elektronische Kontrollen am Flughafen hingegen können dem „Defi“ nichts anhaben.
www.marienhospital-herne.de
Autor:Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig |
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