Weihnachten im Todestrakt

Die wahre Bedeutung von Weihnachten ... wie ist sie wirklich?

Ich kann mir vorstellen, dass im Laufe der letzten Wochen in verschiedenen Teilen der Welt, diese Frage, die Gedanken vieler Menschen beschäftigt hat.

Für diejenigen, die an Christus glauben, ist es natürlich die Geburt unseres Erlösers, die wir feiern. Während es für andere ein Fest der echten Liebe sein kann. Dann gibt es natürlich noch diejenigen, die nicht wirklich etwas über die wahre Bedeutung dieser Feiertage wissen.

Aber was ist mit den Gefangenen im Todestrakt?

Haben Sie sich jemals gefragt, was deren Ansichten über Weihnachten sind?
Hier im Todestrakt von Texas gibt es eigentlich keine besonderen Aktivitäten zu Weihnachten.
Zwar wird ein spezielles Mittagessen für die Männer hier vorbereitet, sowie eine Dessertschale, aber das Austeilen dieses Essens wird in einer Art und Weise durchgeführt, die man nur „Business as usual" nennen kann - die Wachen hetzen durch die Gänge und wollen diese Aufgabe einfach nur erledigt haben.

Einige Menschen hier im Todestrakt werden ein paar Tage vor Weihnachten mit einem Besuch der Familie oder anderen geliebten Menschen, gesegnet. Die Wiedervereinigung mit ihren Angehörigen ist aber für sie alle eine bittersüße Erfahrung, da es ihnen nicht erlaubt ist, ihnen nach Hause zu folgen und das Fest mit ihnen zu verbringen. Nun habe ich mich ein wenig umgehört, unter den Insassen wie mich, die nicht das Glück haben, einen Vorweihnachtsbesuch zu erleben. Einige waren eher zurückhaltend, wenn ich das Thema mit ihnen diskutieren wollte.

Ein Kerl sagte tatsächlich zu mir: „Ich will rein gar nichts über Weihnachten hören! Und wenn jemand mir „Frohe Weihnachten" wünscht, dann werde ihnen ihn raus schmeißen! "
„Nun, daran gibt es anscheinend keinen Zweifel Scrooge", sagte ich sarkastisch zu ihm. „Dich kommen am Weihnachtsabend bestimmt drei Geister besuchen!"
Diese Bemerkung erzeugte trotz allem ein Lächeln auf dem Gesicht dieses griesgrämigen Kerls.

Zum Glück waren aber die anderen Gefangenen eher geneigt, mir einen tiefen Einblick in ihre Gedanken zu schenken, ohne dabei einen giftigen Ton anzuschlagen.
Ein Mann namens Trey sagte mir, dass Weihnachten schlicht Ungerechtigkeit für ihn bedeutete.
„Warum das?", fragte ich ihn.
Trey klärte mich darüber auf, dass das Justizsystem zusammen mit der Generalstaatsanwaltschaft sicherstellt, dass all unsere Rechtsfragen in dieser Zeit verweigert werden.
„Das ist ihr Weihnachtsgeschenk für uns", meinte er mit einem vorwurfsvollen Blick. „Besonders du solltest das besser als alle anderen Menschen verstehen", sagte er.

Ich habe natürlich Verständnis für seine Vorwürfe, ich verstehe sie nur zu gut. Denn im Jahr 2004 verweigerte das Bundesgericht meinen aktuellen Appell genau am 24. Dezember!
„Es ist eine extreme Ungerechtigkeit uns gegenüber. Sieh doch, wo sie uns hingebracht haben." Trey weist mit dem Finger in eine Richtung.
„Wir sind Gefangene im „F-Pod", in Zellen mit Plexiglas über den Türen. Wir wollten nicht hier sein, aber wir sind hier und können nichts dagegen tun! "
„Punkt zur Kenntnis genommen", sagte ich schlicht.

Kurz nachdem ich mit ihm geredet habe, führte ich mit Joey Garcia das gleiche Gespräch.
Seiner Ansicht nach ist Weihnachten einfach nur ein Tag wie jeder andere. Joey glaubt, es sei für ihn notwendig, auf diese Weise mit seinem Weihnachts-Schmerz umzugehen.
„Aber kannst du es nicht als besonderen Segen betrachten, dass du ein weiteres Jahr am Leben bist?", wollte ich von ihm wissen.
„Sicher!", antwortete Joey. „Aber ich betrachte jeden Tag als einen Segen. Denn wenn man zum Tode verurteilt ist, wird einen ein weiterer Morgen nicht versprochen."
Er erklärte mir weiter, dass es zu schmerzhaft für ihn ist, sich auf das Thema Weihnachten zu konzentrieren, denn es erinnert ihn an all die schönen Stunden, die er mit seiner Familie geteilt hat.

Wenn man im Inneren dieser Zellen isoliert ist, verstärken sich die Einsamkeit und die Depressionen, die wir sowieso schon haben, noch mehr. Deshalb kann ich nachvollziehen, dass Joey diese Haltung angenommen hatte, um sich vor dem Schmerz zu schützen.

Im Laufe der Tage sprach ich mit einigen Jungs, aber keiner von ihnen hatte zu diesem Thema eine positive Einstellung. Ich nehme an, das ist vor allem deshalb, weil in den Sektionen „F-Pod" und „E-Pod" der „Stufe zwei Gefangenen", alle eine Einschränkung ihrer Privilegien haben.

Als ich wieder in meiner Zelle war, dachte ich also über meine eigene persönliche Bedeutung von Weihnachten nach. Ich bin eher eine traditionelle Person, die glaubt, dass die Feiertage eine Zeit für Fröhlichkeit, Frieden und Wohlwollen gegenüber allen Menschen sind. Aber in der Abteilung „F-Pod" kann ich diese positive Stimmung nicht aufbauen. In der Tat begann die Negativität, meinem eigenen Geist immer mehr gefangen zu nehmen und Depressionen schwebten über mir.

So verbrachte ich einige Zeit damit, die Weihnachtskarten, die ich von Freunden und Lieben erhalten hatte, nochmals aufmerksam zu lesen und meine Seele baumeln zu lassen. Ich hörte Weihnachtslieder, um das Ganze zu unterstützen.Dann habe ich schließlich beschlossen, etwas gegen diesen Mangel an Weihnachtsgefühlen um mich herum zu unternehmen. Ich war nicht in der Lage etwas Großes zu tun, aber ich fühlte, wenn ich den Tag für einige der Jungs hier ein bisschen heller machen könnte, könnten wir freudigere Feiertage im „F-Pod" verbringen.

Also machte ich einen großen Einkauf von Süßigkeiten im Gefängnis-Shop und schenkte sie einigen der Männer, die gerade Sanktionen hatten und nicht dort einkaufen durften, als Weihnachtsgeschenk. Dann am Weihnachtstag überraschte ich ein paar Leute, in dem ich in meiner Zelle Chili-Rindfleisch Tacos herstellte.

Ich war mir nicht sicher, ob meine Bemühungen Früchte trugen und ich es schaffte, Freude zu verbreiteten, denn die Dinge fühlten sich immer noch gleich an. Aber als der griesgrämige Kerl, den ich Scrooge genannt hatte, zu mir kam und sich für die Lebensmittel bedankte, beschloss ich, das Wasser zu testen, um zu sehen, ob die Segel des Glücks gehisst waren.

„Hey, Frohe Weihnachten", wünschte ich ihm.
Einen langen Moment herrschte Stille. Dann war ich sicher, dass mich nun eine Flut an Schimpfwörtern überrollen würde. Aber zu meiner Überraschung sprach „Scrooge": „Ich wünsche dir ebenfalls Frohe Weihnachten."

Als ich das hörte, wurde mir klar, dass dies die Bedeutung von Weihnachten ist. Es ist das, was wir daraus machen.
Und ich glaube, wir sollten alle versuchen, es zu einem freudigen Ereignis zu machen.
Auch wenn wir in der Todeszelle sind.

geschrieben von Eric Cathey, Todestrakt-Insasse in Texas.

Autor:

Astrid Pfister aus Herne

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