Bundestagswahl 2025 in NRW
Wahlkampfhilfe der „neutralen“ Zeitungsverleger in NRW zugunsten der CDU?

Foto/Grafik: WAZ

Was wollen die Verleger der Monopolzeitungen mit ihrer Medienkampagne erreichen?

Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Die Zeitungsverleger in NRW, allen voran die CDU-nahen Spitzenmanager der Medienkonzerne Funke Medien und Lensing Media, haben im gestarteten Bundestagswahlkampf wieder eine gemeinsame Umfrage bei Forsa in Auftrag gegeben, mit der sie zu Wahlkampfzeiten in ihren Medien (wie schon bei der Landtagswahl) für gute Stimmung zugunsten der CDU im bevölkerungsstärksten Bundesland sorgen – beginnend mit der Schlagzeile: „Höhenflug für Hendrik Wüst“ und dem Zusatz: „CDU im Umfragehoch"  (Ruhr-Nachrichten 13. Dezember). Nachdem gerade zigtausende Menschen sowie die Sozialverbände und Gewerkschaften gegen den massiven Sozialabbau durch die CDU-geführte Landesregierung in NRW wochenlang protestierten, soll nun ein positives Stimmungsbild für Ausgleich sorgen?

Das sind die Verleger dem „kanzlertauglichen“ CDU-Spitzenpolitiker Hendrik Wüst und seiner wahlkämpfenden Partei publizistisch schuldig, denn der heutige NRW-Ministerpräsident und stellv. CDU-Bundesvorsitzende hatte zuvor sieben Jahre lang als Geschäftsführer des Lobbyverbandes der NRW-Zeitungsverleger und ihrer Betriebsgesellschaften deren Interessen vertreten. Er sorgte damals sogar dafür, dass ein mächtiger Verleger eines NRW-Medienkonzerns trotz Interessenkollision bis 2022 als Medienminister in der CDU-geführten Regierung unter Armin Laschet die Verleger-Interessen einbringen konnte.

Dazu gehörte auch die damalige Verweigerung des Mindestlohes für die Zeitungsboten über eine politische Ausnahmeregelung. Bis zu seinem umstrittenen Ministeramt war der besagte Verleger namens Stephan Holthoff-Pförtner vom Funke Medienhaus selber Spitzenlobbyist des deutschen Zeitschriften-Verleger-Verbandes, bis 2017 auch Landesschatzmeister der CDU in NRW.

Vereint im „politischen Forum Ruhr“

Der Medienunternehmer der Funke-Mediengruppe war übrigens zugleich Rechtsanwalt (in einer gemeinsamen Kanzlei mit CDU-Spitzenpolitiker Ronald Pofalla) und verteidigte als Strafverteidiger seinerzeit CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl in der Parteispendenaffäre. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und heute Vorsitzender des „überparteilichen“ Politischen Forums Ruhr. Sein Stellvertreter ist dort Lambert Lensing-Wolff vom Kooperationspartner Lensing Media, die sich beide „um die Politik- und Parteiverdrossenheit sorgen“, zu der sie jedoch selber beitragen.

Ohne ihre publizistische Hilfe über die von ihnen geleiteten Medienhäuser hätte sich wohl nicht die Parteienlandschaft in NRW zugunsten der CDU in kürzester Zeit gewendet. Dazu passt es, dass der heutige Landesvorsitzende und Ministerpräsident vorher nicht nur Geschäftsführer des Lobbyverbandes der Verleger in NRW war, sondern davor auch jahrelang für die zwielichtige Lobbyagentur „Eutop International“ als Syndikus tätig war, die ehemalige und aktive Politiker als Türöffner für ihre Lobbyarbeit nutzte.

CDU-Landespolitiker als Verleger an der Konzernspitze der Medienkonzerne

Sowohl der Essener Funke-Medienkonzern (WAZ, NRZ, WR) als auch sein Kooperationspartner Lensing-Media (RN, RZ) aus Dortmund sind Zeitungsmonopolisten in NRW, die von früheren CDU-Landespolitikern an der Konzernspitze geführt werden oder gegründet wurden. Sie prägten und steuerten maßgeblich die beiden großen kooperierenden und marktbeherrschenden Medienkonzerne, nicht gerade zum Nachteil ihrer Partei, aber zum Nachteil der Belegschaft in den Konzernen. Heute sind die Zeitungslandschaft und die Lokalradioszene in NRW und teilweise darüber hinaus weitgehend in ihren Händen. (So treibt man die ehemaligen Zeitungleser scharenweise zu den Online-Medien).

Der 1965 verstorbene Lambert Lensing als Verleger der Ruhr-Nachrichten gehörte übrigens nach dem 2. Weltkrieg zu den Mitbegründern der CDU in Westfalen sowie des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger und war zeitweilig CDU-Landtagsabgeordneter und stellv. Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion. Sein Neffe Florian Lensing Wolff übernahm bis 1998 die Leitung des Familienunternehmens und war Vizepräsident des europäischen Zeitungsverbandes, gefolgt 1999 von seinem Sohn Lambert Lensing Wolff, der den Medienkonzern rabiat umstrukturierte.

Milliardenumsatz nach Zeitungskonzentration und -fusion

Bei Lensing Media hat Lambert-Lensing-Wolff die Verlagsangestellten in nicht tarifgebundene Gesellschaften ausgelagert und die Verträge der Foto-Redakteure gekündigt, um sie in die Scheinselbständigkeit zu drängen, sowie zahlreiche Lokal- und Sportredakteure entlassen und auf die Straße gesetzt. Die Lokalausgaben in mehreren Revierstädten wurden eingestellt oder Redaktionen zusammengelegt und so ein Zeitungsmonopol erwirkt.

Der Funcke-Medienkonzern erzielt Milliardenumsätze, derweil die Presselandschaft und -vielfalt nach dem erzwungenen Zeitungssterben mit Fusionen und Konzentrationen zum Leidwesen der Leser verarmt ist - und die freien Mitarbeiter in ihren verkleinerten Redaktionen mit Niedrigst-Honoraren abgespeist werden

Umfrage-Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen

Das von den Zeitungsverlegern nun aktuell beauftragte Meinungsforschungsinstitut Forsa zur politischen Stimmungslage im Land NRW und zur Einschätzung der Landesregierung etc . ist laut Branchenkennern hinsichtlich seiner Umfragemethoden als „mit Vorsicht zu genießen“, da seine Umfrageergebnisse häufig von denen anderer Institute deutlich abweichen würden. In der Vergangenheit wurden Umfragewerte für die SPD um 5% unter den Zahlen anderer Institute demoskopiert.

Auch wurde der Vorwurf erhoben, dass die Art der Fragestellungen unter Forsa-Chef Manfred Güllner manipulativ in eine gewünschte Richtung lenken würden. Insofern sind die Ergebnisse der Auftragsarbeiten für die CDU-nahen Zeitungsverleger mit Vorsicht zu genießen, die jetzt in Serie bis zum Wahltermin veröffentlicht werden.

Kein Einfluss der Verleger auf die Redaktionsarbeit?

Dass nach den jüngsten wochenlangen Protesten von zigtausenden Menschen und der Sozialverbände und Gewerkschaften gegen die massiven Sozialkürzungen der NRW-Regierung unter Ministerpräsident Wüst diese demselben angeblich zu Spitzenwerten in der Beurteilung der Wählerschaft verholfen haben, erscheint mehr als unglaubwürdig. Die Verleger weisen bei der Veröffentlichung der Umfrage-Ergebnisse sicherlich darauf hin, dass die verantwortlichen Redaktionen und Redakteure der Medienhäuser keine Vorgaben und Weisungen durch die Verleger erhalten, sondern unabhängig sind. Der redaktionelle Alltag dürfte aber gleichwohl die Verleger-Interessen nicht ignorieren, zumal auch in einigen Redaktionen vielfach parteipolitisch orientierte Journalisten tätig sind.

Als der (manchmal populistische) Redakteur Ulrich Breulmann im August 2024 in den Ruhr-Nachrichten in einem Kommentar ein flammendes Plädoyer für Steuergerechtigkeit bei der Erbschaftssteuer und gegen die „Verschonungsbedarfsprüfung“ bei Firmenerben formulierte, gab es daraufhin an gleicher Stelle prompt einen ungewöhnlichen Gegenkommentar des Verlegers Lambert Lensing Wolff aus der Generation der Firmenerben zugunsten ihrer Steuerverschonung nach Lesart der CDU. Der Redakteur wurde öffentlich vom Verleger in die Schranken gewiesen ob seines „unseriösen“ Kommentars, der den persönlichen Eigeninteressen des Verlegers widersprach. Nur die CDU ist Anwalt der reichen Erben, (da die Lobbypartei FDP im NRW-Landtag und demnächst im Bundestagkeine Rolle mehr spielt). Auch deshalb also die Verleger-Kampagne mit der bestellten Umfrage in Wahlkampfzeiten zugunsten der CDU?

Wilhelm Neurohr, 13. Dezember 2024

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

Webseite von Wilhelm Neurohr
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

14 folgen diesem Profil

2 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.