Lebensgefahr droht / Feuerwehr fordert Druckkammern

Katharina Timm, stellvertretende Leiterin der Herner Feuerwehr:  „Druckkammern minimieren die Folgeschäden ganz erheblich.“ Foto: Archiv/Erler
  • Katharina Timm, stellvertretende Leiterin der Herner Feuerwehr: „Druckkammern minimieren die Folgeschäden ganz erheblich.“ Foto: Archiv/Erler
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582 Menschen starben allein im Jahr 2012 an Kohlenmonoxid(CO)-Vergiftungen. Das Atemgift im Blut verhindert die Versorgung von Gehirn und Organen mit ausreichend Sauerstoff. Es findet sich zum Beispiel im Brandrauch. Hilfe bekommen Verletzte in einer Überdruckkammer, die Patienten in sehr kurzer Zeit mit sehr viel Sauerstoff versorgt. Und genau hier liegt das Problem.

In ganz Deutschland gibt es es nur fünf Überdruckkammern mit verlässlicher Versorgung, Anbindung an die Intensiv-Medizin und Bereitschaftsdienst. In NRW steht eine in Aachen und eine in Düsseldorf. Das nutzte jedoch einem Mann wenig, der bei dem großen Wohnhaus-Brand in der Herner Walter-Bälz-Straße (wir berichteten) schwer verletzt worden war. Er erlitt eine Kohlenmonoxidvergiftung.

Die Druckkkammern an den Universitätskliniken Aachen und Düsseldorf waren nicht bereit für seine Aufnahme. Der Mann musste nachts mit einem Hubschrauber bis nach Wiesbaden geflogen werden. Zum Glück war die Wetterlage günstig. Im Sturm hätte ein solcher Flug nicht stattfinden können.

"Das kann so nicht bleiben"

„Das kann so nicht bleiben“, betont Dr. Holger Wißuwa, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Feuerwehr Herne, „wir brauchen zwei verläßliche Überdruckkammern in NRW, davon eine womöglich im östlichen Ruhrgebiet. Zuverlässig ist bisher in der Regel nur die Kammer in Düsseldorf. In Aachen wird sie von einem privaten Verein betrieben. Dort gab es 2013 Anfragen für 99 Patienten, aber nur 35 konnten behandelt werden.“

Unterstützung bekommt Dr. Wißuwa von Katharina Timm, der stellvertretenden Leiterin der Herner Feuerwehr: „Wir haben immer wieder Überdruckkammern gefordert. Sie minimieren die Folgeschäden ganz erheblich.“

Ohne Druckkammer sind nach Dr. Wißuwas Worten bis zu 40 Prozent der Patienten nach schweren CO-Vergiftungen gefährdet, selbst Wochen und Monate nach dem Ereignis Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Wesenveränderungen oder Parkinson-ähnliche Anfälle zu erleiden.

Derzeit, so die beiden Experten, bestehe für ganz Nordrhein-Westfalen eine bedrohliche Unterversorgung der Bevölkerung, aber auch Feuerwehrleute mit CO-Vergiftungen sowie Feuerwehr- und Polizei-Taucher nach Unfällen unter Wasser seien gefährdet.

„Das NRW-Gesundheitministerium ist von Rettungsdienst-Experten in den vergangenen Jahren mehrfach auf diesen unhaltbaren Zustand aufmerksam gemacht worden“, berichtet Dr. Wißuwa, „doch insbesondere Ministerin Barbara Steffens (Grüne) verkennt offenbar die Problematik und sieht für NRW keinen Handlungsbedarf.“

Land NRW leht Versorgungsauftrag ab

Das Land Hessen hat der Druckkkammer Wiesbaden einen Versorgungsauftrag erteilt und so deren Finanzierung dauerhaft gesichert. In NRW lehnt man eine solche Vorsorge für die Bürger offenbar ab.

Eine Kohlenmonoxid-Vergiftung kann man im übrigen nicht nur bei einem Brand erleiden: Defekte Gasthermen, verstopfte Kamine (durch Dohlen-Nester) und Autoabgase sind ebenso gefährlich wie die Arbeit in gewerblichen Betrieben wie etwa Kohlebergbau, Silos, Lackentferner, Weinkeller, Metallverarbeitung und Chemische Industrie. Außerdem nehmen Selbstmordversuche mit Holzkohlengrills in Wohnungen rapide zu.

Eine Überdruckkammer kostet etwa eine Million Euro und zieht Folgekosten von etwa 1,2 Millionen für das Personal nach sich.
www.feuerwehr-herne.net

Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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