Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen
Finanzschwache Kommunen entlasten

Strukturwandel und geringere Steuereinnahmen gehören zu den Problemen finanzschwacher Kommunen wie Herne. | Foto: Sabine Naumann, Fotolia
  • Strukturwandel und geringere Steuereinnahmen gehören zu den Problemen finanzschwacher Kommunen wie Herne.
  • Foto: Sabine Naumann, Fotolia
  • hochgeladen von Stephanie Klinkenbuß

Das Aktionsbündnis Für die Würde unserer Städte hat die Vorhaben von CDU und Bündnis 90/Die Grünen in Nordrhein‐Westfalen optimistisch aufgenommen. Die Sprecher des Bündnisses beziehen sich dabei auf die zügige Altschuldenlösung, eine verbesserte Finanzausstattung der Kommunen, vereinfachte Förderprogramme sowie das Engagement gegen Gewerbesteuer‐Oasen.

Im schwarz‐grünen Koalitionsvertrag ist den Kommunen ein eigenes Kapitel gewidmet sowie eine Reihe weiterer Stellen. Die finanzschwachen Städte und Gemeinden werden dabei besonders erwähnt. Das Aktionsbündnis Für die Würde unserer Städte sieht deshalb in der Vereinbarung „viele positive Signale, dass den betroffenen Kommunen endlich geholfen und eine gerechte Finanzverteilung erreicht wird “. Das sagten die fünf NRW‐Sprecher des Bündnisses in einer Stellungnahme. Der Koalitionsvertrag sei der richtige Ansatz, „das Ping‐Pong‐Spiel zwischen Bund und Land endlich zu beenden “.

Mit Ping‐Pong beschreibt Für die Würde unserer Städte die bittere Erfahrung, die finanzschwache Kommunen in den vergangenen Jahren immer wieder machen mussten: Der Bund verwies darauf, dass er erst handeln könne, wenn NRW einen Schritt mache, das Land erklärte umgekehrt, es könne erst handeln, wenn der Bund seine Pflichten erfülle. Dass dies nun enden könnte, ist im Vertrag dem Abschnitt über die kommunalen Finanzen zu entnehmen.

Das Land strebe eine Altschuldenlösung mit dem Bund an, die „unmittelbar erfolgen“ müsse. Es bekennt sich aber auch zu einer eigenen Lösung, sollte dies gemeinsame Lösung nicht zustande kommen. Gerade die damit verbundene Zeitschiene nehmen die finanzschwachen Kommunen als Zeichen für die ernsten Absichten der neuen Koalition. Zugleich vermissen sie konkrete Angaben zur Beteiligung des Landes.

Die Signale kommen zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Nachdem die finanzschwachen Städte und Gemeinden mit großen Anstrengungen die Summe der kommunalen Altschulden gesenkt haben, steigen nun die Gefahren und Belastungen wieder. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und des Ukrainekriegs treffen diese Kommunen besonders, gleiches gilt für steigende Bau- und Energiekosten sowie die sich abzeichnenden Zinssteigerungen. Das alles droht, die mühsam errungenen Erfolge zunichte und die Kommunen handlungsunfähig zu machen.

Ungerechte Finanzverteilung

Zur Abmilderung dieser schwierigen Lage können auch weitere Vorhaben von CDU und Bündnis 90/Die Grünen beitragen. Ein Beispiel sei die aufgabenangemessene Finanzausstattung. Für die Würde unserer Städte erklärt seit vielen Jahren, dass die großen Unterschiede in der Haushaltslage zwischen den Kommunen in NRW ganz überwiegend nicht selbst verschuldet haben. Sie sind vielmehr Folge von Strukturwandel und ungerechter Finanzverteilung. Bund und Länder haben viele Aufgaben, insbesondere im Sozialbereich, an die Kommunen delegiert und die Kosten nicht angemessen ausgeglichen. Im schwarz‐grünen Koalitionsvertrag wird diese Kausalität weitgehend anerkannt.

CDU und Bündnis 90/Die Grünen erklären in diesem Zusammenhang, für eine „verlässliche Gemeindefinanzierung“ zu stehen. Außerdem soll das Ausführungsgesetz für den Ganztag auch „die für die Kommunen besonders relevante Finanzierung im Rahmen des geltenden Konnexitätsprinzips regeln“. Die betroffenen Kommunen hoffen, dass diesen grundsätzlichen Ankündigungen konkrete finanzielle Angaben auch zur Größenordnung folgen und werden dies genau beobachten.

Infolge der Altschulden und der ungerechten Finanzverteilung können finanzschwache Kommunen kaum vor Ort investieren. Das gilt auch und besonders für Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Verkehrswende und Digitalisierung. Dadurch werden die Betroffenen weiter abgehängt. Mit vorsichtigem Optimismus hat das Aktionsbündnis deshalb die Ankündigungen der Koalition aufgenommen. So sollen die Kommunen „deutlich mehr Mittel“ für den Klimaschutz erhalten und zugleich der administrative Aufwand minimiert werden. In diesem Zusammenhang wird die Möglichkeit der Direktzuweisungen geprüft.

Über das ÖPNV‐Gesetz soll eine zusätzliche Pauschale an die Kommunen gezahlt werden, beim Bau kommunaler Radwege soll der Abruf von Förderprogrammen erleichtert werden. Außerdem ist ein auf 20 Jahre angelegtes Investitionsprogramm in Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr für kommunale Klimaprogramme für alle Kommunen geplant. Eine deutliche Steigerung der Investionstätigkeit ist für die Städte und Gemeinden daraus mindestens noch nicht zu erkennen.

Finanzschwache Kommunen können sich vielfach nicht an Förderprogrammen beteiligen, weil ihnen die Eigenmittel oder personellen Ressourcen fehlen, die aufwändigen Antragsverfahren zu durchlaufen, beziehungsweise sie die personellen Folgekosten nicht stemmen können. Förderprogramme müssen vereinfacht werden, fordert deshalb Für die Würde unserer Städte und hofft, dass CDU und Bündnis 90/Die Grünen dies erkannt haben und ändern wollen.

Für diese Hoffnung sprechen mehrere Stellen im Koalitionsvertrag. Zum Beispiel: „Wir wollen die Kommunen noch systematischer dabei unterstützen, die passenden Fördermittel für ihre Infrastrukturprojekte einzuwerben, und halten den bürokratischen Aufwand für die Kommunen so gering wie möglich.“ Oder: „ … werden wir die vorhandenen und zukünftigen Förderprogramme für Kommunen so gestalten, dass diese für alle Kommunen handhabbarer werden und so das jeweilige Förderziel landesweit flächendeckend erreicht werden kann.“

Steuerdumping und -oasen

Die Koalition möchte darüber hinaus Gewerbesteueroasen in NRW entgegentreten und im Gemeindefinanzierungsgesetz Regelungen verankern, die solche Oasen unattraktiv machen und negative Schlüsselzuweisungen vorsehen. Außerdem möchte das Land Kommunen unterstützen, die tatsächlichen Standorte der Betriebe zu erkennen. Das begrüßt das Aktionsbündnis: „Durch Steuerdumping haben Kommunen Unternehmen dazu gebracht, den Standort zu wechseln. Dadurch hat sich die Lage in Kommunen mit ohnehin unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen weiter verschlechtert. Wir begrüßen daher, dass diesem unsolidarischen Verhalten nun Einhalt geboten werden soll.“

Im Aktionsbündnis Für die Würde unserer Städte haben sich 65 Kommunen aus sieben Bundesländern zusammengeschlossen, 36 davon aus NRW. Diese waren besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich. Infolgedessen sind die Kommunen besonders benachteiligt durch die beschriebene Finanzverteilung und waren in besonderem Maße gezwungen, Schulden zu machen, um die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen zu können.

Autor:

Lokalkompass Herne aus Herne

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

10 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.