Der deutsche Eiertanz
VON DIRK MARSCHKE
Der Konflikt in Libyen ist allgegenwärtig. Nach langem Hin und Her hat sich die UNO zu einer Resolution durchgerungen, die Luftangriffe sind in vollem Gange. Weder mittendrin noch dabei ist allerdings Deutschland. Im Sicherheitsrat hat man sich enthalten und eine Teilnahme an der Militäraktion abgelehnt. Doch was denken die Bürger auf der Straße?
„Man muss den Menschen natürlich helfen“, findet Detlef Scheiler. Doch wie die Rolle der Bundesrepublik aussehen soll, da ist er sich unsicher. „Eine Beteiligung an solchen Kriegshandlungen ist in Deutschland immer ein heikles Thema, daher bin ich ein wenig vorsichtig“, sagt er. Wenn es dazu kommen sollte, sieht er die Truppe aber gerüstet, „dafür sind sie schließlich ausgebildet.“
Matthias Breßlein ärgert sich über das „dilettantische Vorgehen der Regierung. Sie vollführen einen Eiertanz, haben keine klare Linie“, kritisiert er Angela Merkel und Kollegen. Einem Einsatz deutscher Soldaten steht er alerdings skeptisch gegenüber. Denn nur mit Luftangriffen sei es wohl nicht getan, „da hängt ein ganzer Rattenschwanz dran“, fürchtet er mit Blick auf die Erfahrungen in Afghanistan und sieht die Gefahr, „dass man die Bevölkerung gegen sich aufbringt“.
Muammar al Gaddafis Kampf um die Macht in Libyen lässt die Herner nicht kalt. „Es gibt einfach keinen Ausdruck für jemanden, der sein eigenes Volk tötet“, ist Ralf-Dieter Ladewig erschüttert. Daher hält er das Eingreifen der UNO für gerechtfertigt, „man muss das Volk schützen“.
Dennoch findet er es richtig, dass sich Deutschland fürs Erste bedeckt hält. „Wir sind schon in Afghanistan, man kann nicht überall sein. Jetzt sind mal die anderen dran“, ist er überzeugt. Kritische Worte findet er für die SPD. „Schröder hat mal eine Wahl gewonnen, weil er sich aus einem Krieg herausgehalten hat. Nun kritisieren sie die Regierung dafür“, vermutet Ladewig eine Wahlkampfstrategie hinter dem Verhalten der Sozialdemokraten.
Claudia R. ist zunächst einmal aus persönlichen Gründen zufrieden mit der deutschen Zurückhaltung. „Mein Freund ist Jet-Pilot, deshalb bin ich ganz froh“, gibt sie zu. Dennoch lässt sie das Leiden der Menschen dort nicht unberührt. Zudem ist sie nicht überzeugt, dass es beim „Nein“ der Regierung bleiben wird. „Die Bundeskanzlerin ist ja meist nicht so gefestigt in ihrer Meinung“, gibt sie mit einem leicht süffisanten Lächeln zu Protokoll. Auch für Michael Salm ist die ganze Angelegenheit ein „zweischneidiges Schwert“. Zum einen findet er es richtig, dass etwas gegen Gaddafi unternommen wird. Aber auch für ihn „muss die Bundeswehr nicht überall eingreifen.“ Angesichts der „Entwicklung der Aufgaben der letzten Jahre“ mit Einsätzen in Krisengebieten wie Afghanistan sieht er die Bundeswehr derzeit eher ausgelastet. An ein Umschwenken der Kanzlerin glaubt er indes nicht. Allerdings nicht wegen ihrer Prinzipientreue, sondern weil „der Einsatz wohl nicht so lange dauern wird“.
Autor:Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig |
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