Lokalkompass präsentiert
Bürgerreporter des Monats Oktober: Neithard Kuhrke

Ein kritischer Beobachter - aber einfach auch ein "töfter Typ", sagt Redakteur Dirk Bohlen, der Neithard Kuhrke im Frühling 2010 als einen der ersten Bürgerreporter rekrutierte.  | Foto: dibo
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  • Ein kritischer Beobachter - aber einfach auch ein "töfter Typ", sagt Redakteur Dirk Bohlen, der Neithard Kuhrke im Frühling 2010 als einen der ersten Bürgerreporter rekrutierte.
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Als einer, der schon viel gesehen hat, trägt Bürgerreporter Neithard Kuhrke aus Wesel viele "Abers und Vielleichts" mit sich herum. Die Richtung, das zeigen seine Lokalkompass-Texte, verliert er deswegen lange nicht, sein ehrenamtliches Engagement dauert nun schon einige Jahrzehnte an. In diesem Oktober ist Neithard Bürgerreporter des Monats.

Wie kam es, dass du Bürgerreporter geworden bist?
Durch Zufall lernten wir uns kennen. Der Kreisstadt-Redakteur Dirk Bohlen rief an: „Wollen Sie nicht Bürgerreporter werden?“ (damals siezten wir uns noch.) Und dann erzählte er und erzählte und erzählte – bis ich ja sagte. 

Was war bisher dein größter Erfolg als Bürgerreporter?
Mein größter Erfolg als Bürgerreporter waren Begegnungen mit interessanten Menschen und dass mich Menschen, die ich nicht persönlich kenne, auf meine Berichte ansprechen oder gar grüßen. Das heißt, der Weseler wird gelesen.

Beschreibe dich selbst in drei Sätzen.
Als etwas älterer Mensch kenne ich viele Abers und Vielleichts. Ich bewege mich in Netzwerken und knüpfe solche. Ferner liebe ich eine lösungsorientierte Denkweise.

Was macht deine Heimatstadt Wesel so besonders für dich?
Der Weseler steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Liebt Knöttereien und ist, wenn es darauf ankommt, hilfsbereit.Hier gibt es alles, was Menschen glücklich macht: Handel, Plätze, Natur, Ruhe, Wasser, Vereine und nicht zuletzt Familie und den Willibrordi-Dom. Der Dom ist Synonym für Zuhause.

Großer Markt Wesel: Der Platz ist frei - noch !

Du engagierst dich ehrenamtlich als Moderator für die Stadtviertel-Entwicklung rund ums Schepersfeld. Erkläre doch mal, was das bedeutet.
Den Anstoß für das Engagement im Stadtviertel Schepersfeld in Zusammenarbeit mit der Weseler Demografischen Gesellschaft gab der Erste Statistische Bericht über die demographische Entwicklung in der Stadt Wesel (2007), der einen erheblichen Rückgang von Kindern und Jugendlichen in Schepersfeld resümierte. Das konnte zur Folge haben, dass unter anderem die Grundschule und die Kindertagesstätten im Bestand nicht sicher sind. Ferner wurde ein besonderer Jugendhilfebedarf festgestellt. Ich erinnere mich an eine Passantin, die ich für eine Datenerhebung interviewen wollte: „Ich habe keine Zeit. Ziehe hier sowieso weg. Hier ist ja nichts los.“ Das Blatt hat sich jetzt gedreht. Durch rege Bautätigkeit in den letzten Jahren ist ein nennenswerter Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen.

Mein Thema „Wahlverwandtschaften“ ist immer noch in der Projektierung.
Es geht also um Förderung des Zusammenlebens und um Verbesserung der Lebensqualität im Wohnquartier durch Bürgerengagement. Themen waren und sind u.a.: Wohnen, Verkehr, Spielplätze, Umfeld (z.B. Sauberkeit, Sicherheit, Barrierefreiheit).Besonders freut mich, dass es in Blumenkamp und Ginderich ähnliche Initiativen gibt.

Als Moderator koordiniere ich Veranstaltungen, Begehungen und Stammtische und treffe Absprachen, wer die Anliegen des Stadtteilprojektes Schepersfeld gegenüber Politik und Verwaltung vertritt. Hierbei wirken die für Schepersfeld zuständigen Politiker unterstützend. Oftmals geht es auch um die Frage: Welche Hindernisse behindern Fortschritte?

Kinderrechte für jedes Kind

Als Vorsitzender des Betreuervereins Wesel für die Verbesserung der Lebensbedingungen hilfeabhängiger Menschen bist du auch tätig. Was konnte der Verein schon bewirken?
Die Mitglieder des Betreuervereins gehören unterschiedlichen Fachdisziplinen an. Verbindungsklammer ist das Betreuungsrecht. Wichtig ist die Vermittlung, dass rechtliche Betreuung in erster Linie Unterstützung ist und der Betreuer nur stellvertretend tätig wird, soweit es erforderlich ist.
Die Wirkkraft des Betreuervereins Wesel lässt sich nur erahnen, da die Wünsche jedes Betreuten sehr individuell sind. Nur selten geben ratsuchende Betreuer oder Bevollmächtigte eine Rückmeldung über den Beratungserfolg. Als Mitautor eines Praxiskommentars zum Betreuungsrecht und Sprecher des Landesverbandes für ehrenamtliche Betreuer und Bevollmächtigte NRW geht es mir um Wissensvermittlung, Erfahrungsaustausch und Hilfestellung durch Seminare in Kooperation mit der VHS und in Einzel- und Gruppengesprächen.

Seit wann engagierst du dich schon ehrenamtlich? Woher kommt dein Engagement?
Der Übeltäter war das Deutsche Rote Kreuz. Seine Leitlinie „Im Zeichen der Menschlichkeit“ hat mir gefallen. In der Schule wurde ein Erste-Hilfe-Kurs durchgeführt. Abschließend wurde für die Mitgliedschaft im Jugendrotkreuz geworben. Das war im Jahre 1956. Seitdem kann ich einfach nicht aufhören, kreativ zu sein. Als zeitweise Münsteraner habe ich in den 60er Jahre mitgeholfen eine Stadtranderholung einzurichten, die in Wesel seit 1977 ihre Fortsetzung fand. Ich war dabei, als es darum ging, in Wesel den Deutschen Kinderschutzbund zu gründen oder die kommunale Altenarbeit anzukurbeln.

Was läuft gut in Wesel, was nicht so?
Wenn wir mal Corona zur Seite schieben, dann ist in Wesel ganz schön viel hurty-burty, besonders in der von der Bürgermeisterin sehr geschätzten Nobelstrehle, sprich Fußgängerzone. Wesel Marketing ist da sehr ideenreich mit der Verknüpfung von gewährten und neuen Events.
Allerdings habe ich manchmal das Gefühl, dass sich in Wesel die Zeit verlangsamt. Ein Blick auf den letzten Wahlkampf, in dem alte Themen als neue angeboten wurden, lässt das vermuten. Das signalisiert natürlich auch, dass manche Themen nicht vergessen wurden. Allerdings müsste die Bürgerbeteiligung verbindlich und nicht beliebig sein.

10 Jahre Lokalkompass

Was würdest du am Lokalkompass verbessern, wenn du könntest?
Wir sollten wieder mit einem Startup anfangen. Wieder mehr kritische Berichte verfassen, das ermöglicht eine neue Blickrichtung. Wünschenswert wäre deshalb auch, wenn sich mehr BürgerInnen mit ihrer Meinung zu Sachthemen nicht zurück halten würden. Aber ansonsten finde ich den Lokalkompass schon so okay.

Über welche Themen könntest du den ganzen Tag reden? Welche Themen würdest du gar nicht erst anfassen bzw. interessieren dich überhaupt nicht?
Den ganzen Tag reden könnte ich nicht. Im Übrigen habe ich mir auch noch selbst etwas zu sagen; schenke den Menschen aber gerne ein Hörzu. Mein „Ich“ lebt von meiner Privatheit. Auf Stichworte reagiere ich allerdings manchmal in epischer Breite. Es gibt kein Thema das ich nicht mindestens andenke.

Autor:

Jens Steinmann aus Herne

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