UruK: Ein "Knaller" im Archäologischen Museum
Mit einer Ausstellung über „Uruk“ im heutigen Irak erinnert von heute an das Archäologische Museum an die älteste bekannte Großstadt der Menschheit vor 5000 Jahren. Samstagabend wurde die Ausstellung offiziell eröffnet.
Auf 800 Quadratmetern zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bis zum 21. April nächsten Jahres über 300 Exponate von Tontafeln mit Keilschrift über digitale Architekturmodelle bis zur mehr als einen Meter hohen „Uruk-Vase“ aus der Stadt mit einst 40.000 bis 50.000 Einwohnern.
Die „Megacity Uruk“ hatte alles, was Großstädte der Gegenwart auszeichnet: Wasserversorgung, Straßenbau, intensiven Handel, kulturelle Zentren und nach der Erfindung einer frühen Keilschrift – die Bürokratie. Bekannt ist Uruk auch durch ihren legendären König Gilgamesch, dessen Heldentaten in einem der ältesten Mythen der Welt beschrieben werden.
„Metropolen sind keine Erfindungen der Moderne. Ob es um Kreditsysteme geht, Eheverträge, Lieferscheine oder mehrsprachige Wörterbücher – im hochentwickelten Uruk gab es das bereits“, sagte LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch bei der Vorbesichtigung der Leihgaben aus London, Paris und Berlin. Weil die Keilschrift der Stadtbewohner entziffert sei, könne der Ausstellungsbesucher zum Beispiel Getreide- und Fischrationen der Arbeiter in Uruk, aber auch Probleme mit dem Abwassermanagement sowie das Schulwesen nachvollziehen.
Vor exakt 100 Jahren begannen deutsche Forscher mit der systematischen Ausgrabung. Aus diesem Anlass zeigt das Herner Museum als zweite und letzte Station nach Berlin die umfassende Zusammenschau der Entdeckungen aus Uruk.
„Uruk ist die älteste bekannte Großstadt der Menschheit, sozusagen die Wiege der Zivilisation“, so Professor Markus Hilgert von der Deutschen Orient-Gesellschaft Berlin, über die Stadt, die rund 300 Kilometer südlich vom heutigen Bagdad lag. „Uruk bildete den Auftakt einer blühenden Stadtkultur in Mesopotamien, die erst im ersten Jahrtausend vor Christus von Babylon übertroffen werden sollte.“
„Im vierten Jahrtausend vor Christus entwickelte sich dort vieles, was später wie selbstverständlich das Funktionieren einer Stadt garantierte und Voraussetzung für das Zusammenleben in einer Großstadt wurde“, erläutert Dr. Margarete van Ess von der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin: Stadtverwaltung, Infrastrukturmaßnahmen, Arbeitsteilung, Versorgung der Bevölkerung, Repräsentation der Stadt und ihrer Elite sowie politisches Handeln in größeren Regionen.
Obwohl es im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris fast nur Lehm gab. hat sich dort eine Großstadt auf 5,5 Quadratkilometern entwickeln können.
Tontafeln, Siegel, Architektur-Modelle und Rauminstallationen erzählen in der Ausstellung Geschichten aus dem Alltagsleben in der Stadt. Multimediale Elemente ergänzen die Exponate. So taucht der Besucher auf seinem Rundgang ein in die älteste Großstadt der Welt und bemerkt, dass sich das Phänomen Großstadt prinzipiell kaum geändert hat.
Das berühmte und älteste bekannte Epos um den legendären König Gilgamesch stimmt den Besucher zu Beginn auf die Ausstellung ein: Als König der Stadt Uruk will er seine Kräfte mit der Welt messen und strebt nach Unsterblichkeit. Gemeinsam mit seinem Freund Enkidu zieht er in die Welt hinaus und kehrt als geläuteter Herrscher zurück, dessen Bauwerke – insbesondere die Stadtmauer – den Menschen Schutz bieten und eine kulturelle Entfaltung erst ermöglichen. Tatsächlich wurde eine Mauer entdeckt. Der Bau dieser neun Kilometer langen und bis zu neun Meter breiten Konstruktion zeugt von architektonischem Können und Organisationstalent, zahlreiche Siegel und Tontafeln belegen das ausgeklügelte Verwaltungssystems der Stadt.
Die Wiederentdeckung Uruks hat ihre eigene Geschichte. Ein Bereich der Ausstellung widmet sich der hundertjährigen Forschungsgeschichte rund um Uruk. Obwohl bisher nur fünf Prozent der einstigen Großstadt ausgegraben sind, können Archäologen und andere Wissenschaftler das Leben der Menschen dort in vielerlei Hinsicht nachvollziehen.
Im Vorderasiatischen Museum in Berlin hatte die Sonderausstellung von April bis September 2013 über 400.000 Besucher.
Eigentlich sollte die Ausstellung danach in Mannheim gezeigt werden. Da einige Leihgeber mit der dortigen Ausstellungsmöglichkeiten – u.a. im Mannheimer Schloss – nicht einverstanden waren, kam unsere Stadt ins Spiel. Wie sagt man so schön: Pech für den einen, Glück für den anderen.
Autor:Rainer Rüsing aus Herne |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.