theaterkohlenpott katapultiert Schiller in die Gegenwart
Mein Gott, so viele Leichen! Franz von Moor bringt sich um, sein Bruder Karl tötet Amalia, die Frau, die beide lieben – und stellt sich schließlich der Justiz, weil er doch der Hauptmann von Räubern und Mördern ist. Nein, das ist keine Inhaltsangabe des kommenden ARD- „Tatorts“: Schiller konnte das auch!
Das theaterkohlenpott hat seine „Räuber“ weiterentwickelt und möchte Jugendliche damit begeistern. In einer äußerst vielseitig verwendbaren Bühnen-Dekoration aus Pappkartons agieren vier Schauspieler, die locker alle Rollen des Stückes stemmen – pardon, ein Fünfter ist sozusagen per Satellit zugeschaltet.
Lichtblitze lassen Disco erahnen, minimalistische Puppenstuben-Szenenbilder werden mit der Kamara abgefilmt und erscheinen in Überlebensgröße an der Wand. Die Räuber haben sich in modellierte Getränkedosen verwandelt. „Blut“ wird aus einer Tomate herausgequetscht.
Jeder Zuschauer kann sich mit einem „offiziellen Anmeldebogen“ zum Räuber erklären, denn wer will schon „Sklave der Gesellschaft sein“, „immer für andere arbeiten“ oder „das langweile Leben deiner Eltern führen“. Der Slogan ist klar: „Wir sind Freunde, wir sind Brüder, wir sind Räuber“. Das passt. Schließlich ist auch Schillers Stück, 1782 erstaufgeführt, eine Kampfansage gegen Zwang und Gewalt. Es geht nicht nur um Freiheit, sondern auch um die Verschiedenartigkeit des hochstrebenden Karl und des boshaften Franz von Moor, die beide scheitern. Dargestellt werden sie von den echten Brüdern Nils und Till Beckmann, die ebenso intensiv rüberkommen wie Hanna Schwab (Amalia) und Till Brinkmann (Vater Maximilian von Moor). Die Rollen der Räuber-Truppe Spiegelberg und Co. haben diese Vier hübsch unter sich aufgeteilt.
Frank Hörner besorgt die temporeiche und schlüssige Regie. Julia Schillers pappige, phantasievolle Ausstattung macht richtig Spaß. Leider ist die Produktion erst wieder 2011 am 14. und 15. Januar (jeweils 19 Uhr) und vom 17. bis 19. Januar (10.30 Uhr) in den Flottmannhallen zu sehen. Tickets: 02325/940-430.
Autor:Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig |
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