Herne Rembecki
Pater Rembecki aus Herne seit 60 Jahren in Brasilien

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Am 19. Juni 1964 betrat der junge Franziskaner Heribert Rembecki aus der Herz-Jesu-Pfarrei in Herne brasilianischen Boden. Seit 60 Jahren lebt Pater Heribert OFM mit den Menschen im Nordosten Brasiliens in den Bundesstaaten Maranhão und Piouí. Der Fußball begeisterte Ordensmann lebt gerne mit den Fußball begeisterten Menschen im Armenhaus Brasiliens zusammen. Mit Spannung verfolgt er die EM-Spiele in seiner Heimat. In seiner Jugendzeit war er wie viele junge Menschen in der Herz-Jesu-Pfarrei Mitglied in der DJK, dem katholischen Sportverein, und bei den Ministranten aktiv. Aus dieser Zeit kennen ihn noch viele Männer und Frauen in Herne. Zu vielen Menschen hat er auch heute nach 60 Jahren noch intensiven Kontakt.

Der Heimat verbunden: Herne und Ruhrgebiet

Skype und WhatsApp ersetzen immer mehr die früheren Rundbriefe, in denen Pater Heribert über seinen Dienst auf dem südamerikanischen Kontinent berichtete. Vor knapp sechs Monaten war der 84-Jährige noch auf Heimaturlaub in Herne und Dortmund. „Jetzt im Mai habe ich mit den Menschen im Ruhrgebiet um den Klassenerhalt des VfL Bochum gezittert. Jetzt verfolge ich gespannt die Spiele der EM. Fußball verbindet Menschen“, so der Ordensmann vor wenigen Tagen bei einem Telefonat. Seit 60 Jahren lebt er jetzt in dem größten Land auf dem südamerikanischen Kontinent, „das zu meinem neuen Zuhause geworden ist.“

Das Feuer für die Mission in Brasilien erfasste Rembecki, der in einem Franziskaner-Kolleg das Abitur gemacht hatte, als Novize im Franziskanerkloster Rietberg. „Immer wieder kamen Franziskanerpatres ins Kloster, die über ihre Missionsarbeit im Nordosten Brasiliens berichteten. Drei Mitbrüder und ich waren von den Erzählungen derart begeistert, dass wir es nicht abwarten konnten, endlich nach Brasilien zu gehen.“ Die vier Novizen überzeugten ihren Provinzial, so dass Sie nicht erst als Ordenspriester in die Mission durften, sondern bereits nach der Ewigen Profess, die sie am 28. April 1964 ablegten. „Das war ein Novum. Wir Vier durften in Brasilien Theologie studieren und sollten dort zum Priester geweiht werden. Es war eine sehr gute Lösung, um sich mit Sprache und Kultur vertraut zu machen“, so sieht es der Ordensmann noch heute. Am 4. Juni 1964 legte der Frachter in Hamburg ab, der die Vier nach 15 Tagen auf See in die Mission brachte.

Missionar in Brasilien

Die Ordensmänner wurden am 17. Dezember 1966 vom Bischof von Bacabal zu Priestern geweiht und in verschiedenen Pfarreien eingesetzt. Es war eine spannende Zeit, erklärt Pater Heribert im Rückblick. „Wir erlebten hautnah den Aufbruch in der Kirche, der vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausging, sowie die Verfolgung durch die Militärdiktatur, die die Macht ergriffen hatte,“ Bereits ein Jahr nach dem Konzil gründeten die Franziskaner unserer Provinz ein Katechetenseminar, um Laien auszubilden. „Diese sollten sogenannte Basisgemeinden leiten und Gottesdienste ohne Priester feiern können“, so Rembecki. „Meine Pfarrei hatte etwa 50.000 Gläubige und ich brauchte gut ein Jahr, um die Menschen zu besuchen, die sich in etwa 80 Basisgemeinden organisiert hatten.“ Laien kümmerten sich nicht nur um die Sakramentenvorbereitung und deren Spendung, sondern auch um regelmäßige Wortgottesdienste. „So gab es in jeder Basisgemeinde sonntags wieder einen Gottesdienst, auch wenn dieser nicht von einem Priester geleitet wurde“, erklärt Rembecki.

„Die Bewusstseinsbildung hat auch dazu geführt, dass Kirche sich für die Gesellschaft mitverantwortlich fühlte“, beschreibt der Ordensmann die Entwicklung. „Konsequenz, wir müssen dafür sorgen, dass die Gesellschaft gerechte Strukturen bekommt, mehr Schulbildung, eine bessere Infrastruktur und gesundes Wasser.“ Die Herrschenden hatten andere Sorgen. Mit Rückendeckung durch die Regierung nahmen die großen Landbesitzer Kleinbauern ihren Besitz und deren Lebensgrundlage weg. Die Kirche stellte sich auf die Seite der armen Bauern. „Wir wurden als Kommunisten diffamiert, verfolgt und gefoltert und waren unseres Lebens nicht mehr sicher“, so der Franziskaner, der mehreren Kleinbauern vor Gericht beistand und ihnen erfolgreich ihr Land rettete.

Einsatz für die Menschen

„Die Kirche ist für alle da, aber besonders für die Armen. Wir Franziskaner möchten ein Segen für die Menschen sein“, sagt Pater Heribert, der mehrere Jahrzehnte Haus- und Provinzoberer war und mehrere Jahre als Generalvikar in der Diözese Bacabal wirkte. Der Ordensmann war auch mehrere Jahre Pfarrer in Sao Luis, eine Hafenstadt, wo einst viele Afrikaner nach qualvoller Seereise als Sklaven verkauft wurden. Ein unrühmliches Kapitel auch der Kirche.

„Eigentlich ist Brasilien ein reiches Land, doch die Diskrepanz zwischen Arm und Reich wird größer“, so Rembecki. „Damit Menschen nicht mehr ausgebeutet und unterdrückt werden, legen wir Franziskaner Wert auf eine gute Schulbildung. Dies ist der Schlüssel für eine menschenwürdige Zukunft“, so der Ordenspriester. „Unsere gut ausgebildeten Lehrer in unseren Schulen bewahren viele Kinder vor einem Leben auf der Straße. Sie sind Schulkinder und keine Straßenkinder.“ Ein anderer Schwerpunkt ihrer Arbeit sei die Unterstützung von Familien. Dieses Engagement richte sich besonders an Frauen und sei sehr wichtig. Der Pater: „Wenn die Frauen nicht mehr in der Kirche mitmachen, können wir diese schließen.“

Der Kirchenbesuch, der Ordens- und Priesternachwuchs gehen auch in Brasilien zurück. „Nur nicht so gewaltig wie in Deutschland und in Europa“, sagt Rembecki. Gibt es dafür einen Grund? „Den kenne ich nicht. Ich kann nur sagen, wie Gemeinde bei uns angelegt ist. Wir haben in der Regel riesige Gemeinden mit über 50.000 Gläubigen. Wir bieten Gottesdienste nicht nur in der Hauptkirche an, sondern an allen Orten, wo Basisgemeinden bestehen. Diese Gottesdienst werden ohne Priester von Laien gefeiert. Das ist auch möglich in Restaurants, Geschäften, Werkstätten oder anderen geeigneten Orten. Die Menschen nehmen diese Angebote gerne an. Wir müssen dorthin gehen, wo die Menschen sind. Die Seelsorge erschweren heute besonders charismatische Gruppen und die Tatsache, dass man die Orden nicht mehr benötigt, um einen Beruf zu erlernen und auszuüben. Es bleibt eine Herausforderung, das Evangelium zu verkünden.“

Den Menschen nahe

Unverändert gelte der Anspruch, Menschen so nahe zu sein wie Christus. Dazu müsse man auf Menschen zugehen. Wie er das versteht, beschreibt Pater Heribert so: „Oft reicht es, nur ein paar Schritte weiter zu gehen, um die Nöte eines Menschen zu sehen. Deshalb gehe ich, wenn es möglich ist, zu Fuß oder fahre mit dem Bus. Schneller und unkomplizierter kann man nicht mit Menschen ins Gespräch kommen.“

Seit einigen Jahren lebt der 84-jährige Pater Heribert in Teresina. Er feiert noch regelmäßig Messen, besucht Menschen, besonders Kranke und sagt: „Die Sehkraft lässt nach, aber ich will nicht jammern.“ Nach Deutschland möchte er nicht mehr zurück. „Die meisten Verwandten, Freunde und Bekannte sind verstorben. Hier werde ich noch gebraucht und bin gut versorgt.“ Die drei Patres, die mit ihm nach Brasilien gingen, leben nicht mehr. Zurzeit leben mit Pater Rembecki noch 6 deutsche Ordensmänner in der Franziskanerprovinz, 2002 waren es noch 20 Patres, davor deutlich mehr.

Die Fotos zeigen Pater Heribert Rembecki vor 60 Jahren, als er (Mitte) den Frachter nach Brasilien betrat und bei einem Krankenbesuch. Er hat noch das Trikot von der Fußball-WM 2014 in Deutschland. Das Schlussspiel zwischen Deutschland und Brasilien fand am 13. Juli 2014 statt, seinem 75. Geburtstag.

Autor:

Siegbert Klein aus Herne

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