Lernbehindert? Gehört zu uns!

Am Gymnasium Eickel will man Neues wagen. WB-Foto: Detlef Erler
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VON ANNE BUERBAUM. „Wie soll das denn gehen?“, fragt ein Vater. „Wie sollen die Kinder denn gemeinsam Erdkunde lernen?“ „Kinder können in einer Klasse unterschiedlich unterrichtet werden“, erklärt die Schulleiterin des Eickeler Gymnasiums, Magdalene van Merwyk: „Einige Kinder lernen die Namen der Länder, andere wirtschaftliche Zusammenhänge.“
Und so macht die Pädagogin rund 60 Müttern und Vätern klar, wie der Unterricht in einer der künftigen 5. Klassen strukturiert wird.
Erstmals nämlich wird eine Klasse des Eickeler Gymnasiums lernbehinderte Kinder aufnehmen. Und damit folgt die Schule den Forderungen der UNO, anschließend denen des Landes und des Regierungspräsidenten nach gemeinsamer Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder.
Sechs lernbehinderte Kinder werden ab dem nächsten Schuljahr in einer fünften Klasse mit 16 weiteren Schülern unterrichtet. Zieldifferent heißt das, und bedeutet: die 16 Kinder sollen zum Abitur geführt werden, die sechs lernbehinderten Kinder im Rahmen ihrer Möglichkeiten optimal gefördert.
„Ein Pilotptojekt“, erklärten Schulleiterin und die beiden künftigen Klassenlehrerinnen. Gearbeitet wird im Team und in zwei Räumen, eine halbe Stelle entfällt auf eine Förderschullehrerin. Gute Erfahrungen machten Finnland und die Niederlande mit der integrativen Erziehung. „Wir betreten Neuland, haben so noch nie gearbeitet, aber wir sind überzeugt, dass wir für alle Kinder was Positives erreichen können“, macht Magadalene van Merwyk das Engagement der Schule deutlich.
„Meine Kinder waren schon in einer integrativen Grundschule. sie haben nur profitiert, und in unserer egoistischen Gesellschaft ist es gut, wenn die Kinder sozialen Umgang üben“, möchte eine Mutter ihr Kind unbedingt sofort für diese Schulklasse anmelden.
Zwei fünfte Klassen mit jeweils 29 Kindern wird es neben der integrativen ab dem nächsten Schuljahr geben. Gemeinam unterrichtet werden Sport, Musik und Religion, Erdkunde kann, manche Fächer wie Physik, Mathematik oder Deutsch gehen nicht, erfahren die Eltern. Hier wird parallel gelernt, in einigen Fächern kann man mit unterschiedlichen Anforderungen arbeiten. „Kleine Klassen in Skandinavien und drei Lehrer“, gibt eine Mutter zu bedenken.Wenig Unterrichtsausfall im ganzen letzten Jahr, hält Magadalene van Merwyk dagegen.
Wohnortnah wurden die behinderten Kinder Schulen zugeteilt, erklärt sie den Verteilungsschlüssel. Denn neben dem Eickeler Gymnasium nehmen auch Realschule und Gesamtschule Kinder mit Handicaps auf.
„Werden nicht die meisten sagen: Mein Kind nicht?“, befürchtet eine Mutter. Eher umgekehrt erwartet es die Schule. Denn in der integrativen Klasse wird nicht nur in kleiner Gruppe sondern auch mit besserer Ausstattung gearbeitet. Und alle Untersuchungen bisher zeigten, dass die Leistungen der nicht behinderten Kinder ebenso wie die der behinderten erheblich gesteigert wurden.
Fragebögen werden den Eltern jetzt zugeschickt. Angekreuzt werden kann die Wunschklasse. Und die letzte Sorge der Eltern, nämlich „Wird mein Kind nicht immer gestört, sind die Kinder denn nicht auch verhaltensauffällig?“, beantwortet die Schulleiterin lachend mit: „Kommen Sie in meine fünfte Klasse, da gibt es einige Kinder, die stören garantiert mehr“.

Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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