Im Bett wie ein Brett
Er kann einem leid tun, der Andreas, wie er da so hilflos im Doppelripp-Unterhemd auf der Bühne der Kammerspielchen steht, immer wieder den Herd wienert und seiner Ehefrau nachtrauert, die ihn so schnöde verlassen hat.
Dabei spielt im halbfertigen Eigenheim der Herd, an dem sich Andreas immer wieder verbrennt, eine entscheidende Rolle. Jo, sein Ex-Weib, hat vergessen, das Teil zu putzen. Und dafür verachtet er sie.
„Wir gehen nie im Haushalt mit einer solchen Gedankenlosigkeit vor wie ihr“, mault Andreas über eine offenbar grundlegende Mann/Frau-Problematik und keilt gleich aus: „Du hast ja nur an der Supermarktkasse gearbeitet.“ Da hat er sie natürlich rausgeholt und dass sie dann als Schneiderin reüssiert, ist allein ihm zu verdanken. „Hätte ich dich nicht gefördert, wäre ich schuld gewesen, dass du dich nicht selbst verwirklichen konntest.“
Martin Lindow jammert und schimpft sich als Andreas durch das Solo-Stück „Haus. Frauen. Sex“ nach dem Bestseller von Margit Schreiner. Er macht das so perfekt, dass die Zuschauer sich nicht nur über den Zustand ihres heimischen Kochherdes Gedanken machen, sondern auch über die Rollen-Verteilung in ihrer Beziehung.
Der Mann, der zwischen unausgepackten Kartons sein Nachtlager auf einer Gartenliege aufgeschlagen hat, verlor seinen Job, obwohl er seinen Kolleginnen stets „hilfreich zur Seite gestanden hat“. Und dann hat seine Frau ihn nicht nur verlassen, sondern auch noch seinen Sohn mitgenommen. Dabei ist er es doch gewohnt, Verantwortung zu tragen. Zuerst für Mutter und Schwestern und dann für die Schneiderei seiner Frau. Und das, obwohl „man eigentlich gar nicht weiß, was das Schöne an dir ist“.
Übellaunig feuert er eine Breitseite gegen Johanna-Maria ab, die auf ihren Doppelnamen offenbar plötzlich Wert legt: Im Bett sei sie ja „wie ein Brett“ gewesen. Ganz im Gegensatz zu Yvonne. Die ziehe Männer an mit einer ganz besonderen Erotik und halte trotzdem Haus und Garten peinlich sauber.
Jo hingegen habe nicht einmal auf ihn, Andreas, Rücksicht genommen, als er krank und fiebernd im Bett gelegen habe. Das Geklapper ihrer Holzpantinen auf den Bodendielen habe ihn wahnsinnig gemacht.
Trotzdem jault der Verlassene immer wieder: „Komm‘ doch zu mir zurück.“ Und alle im Zuschauerraum wissen ganz genau, dass das ganz gewiss nicht passieren wird.
Martin Lindow zeigt uns als einsamer Unbelehrbarer, wie nahe Tragik und Komik beieinanderliegen. Er macht das mit einer zu Herzen gehenden Leidenschaft, dreht im zweiten Teil des Abends noch einmal richtig auf – was natürlich auch an nachhaltigem, heftigem Alkohol-Genuss liegt.
Lindows Solo ist absolut sehenswert. Der Essener Schauspieler gastiert am 13. und 14. November, sowie am 15. und 29. Dezember, jeweils um 20 Uhr, wieder in den Kammerspielchen, Gerichtsstraße 1. Karten unter: 02325/588 999.
Autor:Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig |
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