„Sprungbrett“ plagen große finanzielle Sorgen
Das „Café Sprungbrett“ am Steinhagen 19 plagen Sorgen. Große Sorgen sogar mittlerweile. Natürlich geht es in erster Linie um Geld. Die finanziellen Probleme sind inzwischen so groß, dass sogar die Kündigung gegen einen Mitarbeiter ausgesprochen werden musste, der seit zehn Jahren dort als Sozialarbeiter tätig ist.
Wie es danach weitergehen wird, das weiß auch Sprungbrett-Geschäftsführer Peter Dresia nicht – nur: „Unsere Einrichtung darf nicht wegfallen! Die niederschwellige Kontaktmöglichkeit für Suchtkranke und deren Angehörige, Sozialschwache und Heimstatt gut eines Dutzends von Selbsthilfegruppen ist für viele Menschen einfach zur zweiten Heimat geworden. Damit meine ich nicht allein unser Klientel, sondern auch so genannte ,normale‘ Hattinger. Für alle sind wir ein wichtiger Treff und Anlaufpunkt in ihrem Leben. Das darf einfach nicht den Bach runter gehen.“
Sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr sei die Einrichtung geöffnet. „Jeder sagt, wir leisten eine ganz tolle Arbeit“, so Peter Dresia. „Aber selbst die Stadt unterstützt uns nicht mehr als jeden anderen Verein in Hattingen. Davon und von den Beiträgen unserer noch nicht einmal 100 Mitglieder können wir nicht überleben.“
Daher hängt fehlendes Geld wie ein Damoklesschwert über der Einrichtung. Peter Dresia: „Wir kommen nicht an Fördergelder heran. Zwar bezahlt der Ennepe-Ruhr-Kreis rund zwei Millionen Euro an die Beratungsstellen, aber wir mit unserem niederschwelligen Angebot bekommen kaum etwas ab vom Kuchen.“
Vor allem die „Liechtenstein-Spende“ – der STADTSPIEGEL berichtete seinerzeit ausführlich darüber – hat nach Meinung des Sprungbrett-Geschäftsführers auf lange Sicht betrachtet mehr geschadet als genützt: „Jeder hielt uns seit dem für ,reich‘. Aber wegen unserer Gemeinnützigkeit dürfen wir keine großen Rücklagen bilden und haben daher eine Stiftung gegründet, an die das Geld gegangen ist und leider nichts, nicht einmal ein Teil, an den Verein. Mittlerweile, das weiß jeder Konto-Inhaber, sind doch die Zinserträge völlig im Keller. Da bleibt kaum etwas für uns.“
Neidisch blickt Peter Dresia, bei dem sich fünf Mitarbeiter vier Vollzeit-Stellen teilen, gen Wuppertal: Dort bekomme eine ähnliche Einrichtung wie „Sprungbrett“ jährlich eine sechsstellige Summe: „Eine solche durchgängige Pauschalfinanzierung haben wir uns auch immer erhofft. Stattdessen hangeln wir uns von bezuschusstem Projekt zu bezuschusstem Projekt. Die helfen unser Personal zu finanzieren. In den letzten zehn Jahren hat das ja auch immer geklappt – irgendwie. Aber allmählich geht uns doch die Puste aus.“
Eines der momentan anlaufenden Projekte ist nach Peter Dresias Worten bundesweit einmalig: „Es geht da um suchtkranke Senioren. Da haben wir eine gute Re-Finanzierung durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe und den EN-Kreis. Aber auch auf Landesebene müsste sich einiges in Sachen Finanzierung solcher Einrichtungen wie der unseren ändern. Aber da tut sich seit Jahrzehnten nichts.“
Nicht nur Peter Dresia bedauert die Kündigung seines langjährigen Mitarbeiters zum 30. September. Der STADTSPIEGEL-Redaktion liegt ein Schreiben von Hattingern vor, für die das Sprungbrett aus unterschiedlichen persönlichen Gründen sehr wichtig ist.
Darin heißt es beispielsweise sinngemäß:
„Der Sozialarbeiter, der seit zehn Jahren dem Sprungbrett Leben eingehaucht hat, hat sich in dieser Zeit aufgeopfert für die Mitmenschen, die nicht mehr allein zurecht kamen oder kommen. Wir können von Glück sagen, dass es solche Menschen gibt, die für andere da sind, und das mit so viel Herz und Verstand und Verständnis. Wir brauchen seine Unterstützung weiterhin, denn er hat vielen wieder auf den richtigen Weg geholfen. Wir wünschen uns, dass vielleicht eine Lösung gefunden wird und uns ein sehr wichtiger Stützpfeiler erhalten bleibt.“
Diesem Wunsch schließt sich Peter Dresia gerne an, weiß allerdings: „Falls doch noch plötzlich Förderungen eintreffen oder sich ein Groß-Spender bei uns meldet, dann könnte man im Vorstand noch einmal über die Kündigung nachdenken. Aber in der momentanen Situation haben wir durch die Kündigung erst einmal für rund sechs Monate unsere Existenz gesichert.“
Und den Sprungbrett-Geschäftsführer trifft die Kündigung besonders: Er muss als Diplom-Sozialarbeiter, Betriebswirt, Sozialtherapeut und approbierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut trotz seines sowieso schon prall gefüllten Terminkalenders künftig Stunden seines ausscheidenden Kollegen mit übernehmen. So bleibt wenigstens die Versorgung der Sprungbrett-Klientel gesichert – vorerst...
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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