Zum 73. Mal jährt sich die Nacht, in der Nationalsozialisten in Deutschland jüdische Gotteshäuser in Brand setzten. Auch in Witten haben Anhänger des nationalsozialistischen Unrechtsregimes in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 jüdische Bürger drangsaliert, ihre Wohnungen und Geschäfte zerstört und die Synagoge angezündet. Viele Wittener Juden wurden noch in der Nacht zum 10. November in so genannte Schutzhaft genommen und am folgenden Tag in das Polizeigefängnis Bochum und später in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt.
In Erinnerung an die Reichspogromnacht und ihre schrecklichen Folgen rufen die Stadt Witten, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, DIG, Witten und der Freundeskreis der Israelfahrer zur öffentlichen Mahnwache um 18.30 Uhr am Ort der ehemaligen Synagoge, Ecke Breite Straße / Synagogenstraße, mit der Möglichkeit zu Kranzniederlegungen auf. Wie in den vergangenen Jahren werden sich verschiedene Initiativen, Verbände, Parteien, Gruppen und Einzelpersonen diesem Aufruf anschließen. Erstmalig halten Schülersprecher des Ruhr-Gymnasiums, Sarah Winkler, Jahrgangsstufe 12, und Lars Bremer, Jahrgangsstufe 11, die Gedenkansprache.
Ein Zitat des Shoah-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers des Jahres 1986, Elie Wiesel, „Wer zum Vergessen beiträgt, vollendet das Werk der Mörder“ auf dem diesjährigen Gedenkkranz der Stadt Witten, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und des Freundeskreises der Israelfahrer ist auch Titel einer Ausstellung des Stadtarchivs Witten. Durch diese Ausstellung, die das Kulturforum an das Ruhr-Gymnasium entliehen hat, werden um 16 Uhr und um 19 Uhr Schüler des Ruhr- und Schiller-Gymnasiums führen.
Austellung im Ruhr-Gymnasium: Wittener Juden im KZ Sachsenhausen -Lebensskizzen, Dokumente und Erinnerungen Die Ausstellung wurde ursprünglich als stadtgeschichtliche Ergänzung zu der Wanderausstellung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten/Gedenkstätte und Museum Sachenhausen „Jüdische Häftlinge im KZ Sachsenhausen 1936-1945“ konzipiert. Beide Ausstellungen hatte das Stadtarchiv Witten mit Kooperationspartnern im November 2007 im Märkischen Museum unter großem Besucherecho vier Wochen präsentiert.
Die Ausstellungstafeln mit 18 Lebensskizzen von Wittener Juden, die unter NS-Verfolgung in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt wurden, hat das Stadtarchiv Witten nun für ein Schulprojekt an das Ruhr-Gymnasium entliehen. Am 9. November werden Schüler um 16 Uhr und um 19 Uhr im Anschluss an die Mahnwache im Ruhr-Gymnasium durch die Ausstellung führen.
Im Vorfeld dieser Führungen erprobte das Stadtarchiv eine besondere Methode der Vermittlung von Stadtgeschichte: „JuleiJu - Jugendliche leiten Jugendliche“ ist eine Projektidee des Stadtarchivs, die zum zweiten Mal aufgegriffen wird. Schüler der Oberstufe des Schiller- und Ruhr-Gymnasiums hatten die Gelegenheit, die Ausstellung „Wittener Juden im KZ Sachsenhausen“ aus ihrer persönlichen Sicht zu bewerten und ihr im Stadtarchiv erworbenes Wissen in Anknüpfung an ihre Lebenswelten selbstständig zu einer Präsentation zu entwickeln. „Was interessiert Jugendliche heute im Umgang mit Geschichte und Gedenken? Welche Themen sind für sie heute aktuell?“ sind leitende Fragestellungen dieser Vermittlungsmethode“, erklärt Dr. Martina Kliner-Fruck. Für die am Mittwoch geplanten Führungen werden die Jugendlichen zum Beispiel auch durch einen Schnellkurs „Stimmbildung“ gestärkt.
Projekttag im Ruhrgymnasium Das Ruhrgymnasium veranstaltet wieder zahlreiche Projekte anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht. Auf dem Programm stehen Fahrten zu den Synagogen in Essen und Bochum, Film- und Theaterprojekte.
Ein Höhepunkt des Schulprojekttags ist der Besuch der Zeitzeugin Hannelore Göttling-Jakoby aus Hamburg. Sie möchte durch ihre Erinnerungen an die Verfolgung durch die Nazis und das Überleben im Versteck Schülern eindrücklich vermitteln, dass das Geschehene nie wirklich vergangen sein kann, sondern durch das unbegreiflich Schreckliche in die Gegenwart hinein wirkt.
Einführend in diese schulinterne Veranstaltung läuft der 15-minütige Film von Georg Wieghaus und Hanno Brühl „Wie Hannelore überlebt hat“. Dieser Beitrag wurde für das WDR Fernsehen „planetschule“ als Folge 4 der Sendereihe „Oft bin ich bang: Kindheit unter Hitler“ konzipiert. Im Anschluss daran wird Hannelore Göttling-Jakoby auf Fragen der Schüler eingehen. Sie erlebte den 9. November 1938 in Hennef/Sieg. Dort wurde ihr Vater am 10. November verhaftet. Fünf Tage später verschleppten ihn die Nazis in das Konzentrationslager Dachau.
Diese Veranstaltung wird gefördert durch die Deutsch-Israelische Gesellschaft Witten, das Stadtarchiv/Kulturforum Witten, den Förderverein des Ruhr-Gymnasiums und den WDR, Studio Dortmund, Redaktion Bildung.
Autor:Lokalkompass Witten aus Witten |
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