Eine hochspezialisierte Truppe feiert ihr 60-jähriges Jubiläum
In Kürze gibt es was zu feiern bei der Ortsgruppe Emmerich des Technischen Hilfswerkes (THW): Am 29. September begeht die Hilfsorganisation ihr 60-jähriges Bestehen mit einem Aktionstag auf der Rheinpromenade. Dann wird es in der Zeit von 10 bis 17 Uhr eine Leistungsschau geben, bei der nicht nur der hochspezialisierte Fuhrpark mit all seinen Möglichkeiten besichtigt werden kann. Derzeit wird mit Hochdruck an einer Kletterwand gearbeitet, die dann von all denjenigen eingeweiht werden kann, die sich das zutrauen. Der Ortsbeauftragte Heinrich te Kempel und sein Team arbeiten mit Hochdruck an den Vorbereitungen. Familie te Kempel ist bereits in der dritten Generation beim THW aktiv: Sohn Frank bekleidet die Position des Zugführers, Ingo Niehues ist stellvertretender Ortsbeauftragter. Die Vorläufer dessen, was heute das THW ist, fallen in die Zeit des Zweiten Weltkrieges: Luftschutzhilfsdienst (LSHD) hieß die organisierte Hilfe angesichts der zerstörten Infrastruktur im Krieg, und so wundert es nicht, dass der LSHD eine Bergeinheit war, die unter den Trümmern vor allen Dingen Menschen sowie ihr Hab und Gut bargen. Auch die Wiederherstellung der Stromversorgungen war vielfach Aufgabe des Luftschutzhlfsdienstes. Der Dienst war also zunächst für den so genannten V-Fall, den Verteidigungsfall eingerichtet worden, und das änderte sich auch über die Jahrzehnte nach Kriegsende nicht. Zwar änderte sich der Name in „Technische Nothilfe“ (TN), der „V-Fall“ aber blieb mit der Bedrohungssituation des Kalten Krieges bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 erhalten. Erst dann rückte der zivile Katastrophenschutz in den Mittelpunkt des Selbstverständnisses und der klar definierten Aufgaben. Und noch eine weitere Veränderung erforderte eine ‚Anpassungsleistung‘: „Die Bauweise hat sich seit den 60er Jahre massiv verändert. Früher waren die Bauwerke aus Ziegeln gebaut, inzwischen sind es Skelettbauten mit einem Gerippe aus Stahlbeton“, erläutert Heinrich te Kempel. Das bedeutet, dass die frühere „Schaufeltruppe“, die kleinteiligen Schutt wegschüppte, heute so nicht mehr arbeiten kann. Auch schwere Gasexplosionen mit einsturzgefährdeten Häusern in der Folge verändern heute die Gefahrenstellen. „Ohne schweres Gerät geht da gar nichts“, erläutert Frank te Kempel und im Hof des THW-Geländes an der Tackenweide übt der Nachwuchs dann folgerichtig auch, den leuchtend roten Dummy „Paul“ mit Hilfe von hydraulischen Geräten und per Luftdruck unter schweren Stahlbetonbrocken zu bergen. Gasexplosionen und Großbrände, der Einsturz des Kölner Stadtarchivs oder schwere Erdabsenkungen wie sie vor einigen Jahren im Bergbaugebiet um Kamen herum Häuser mit in den Abgrund rissen oder bis zur Baufälligkeit schädigten – das sind nur einige der Einsatzorte des THW heute: „Wir arbeiten sehr gut mit der Feuerwehr zusammen, verstehen uns als unterstützende Einheit. Das THW ist beispielsweise in der Lage, kurzfristig, einen Stromnetzersatz aufzubauen, wie das vor einigen Jahren notwendig war, als auch im Kreis Borgen die Strommasten unter der Schneelast zusammenbrachen: „Da haben wir mehrere Höfe, die vom Strom abgeschnitten waren, tagelang mit Strom versorgen können“, erinnert sich Frank te Kempel. Die Aufgabenverteilung ist in anderen Bundesländern anders geregelt als in NRW und auch diese Regelung hat ihre Wurzeln in der Nachkriegszeit: „Das Ruhrgebiet war britische Besatzungszone. Die Engländer kannten es nur so, dass die Feuerwehr für alle Aufgaben zuständig war. So hat sich hier erst im Laufe der Zeit ein Aufgabenprofil und ein Selbstverständnis herausgebildet, das es in anderen Bundesländern von Anfang an gegeben hat: „In NRW etwa wird eine Katze, die nicht mehr von einem Baum herunter kommt, von der Feuerwehr gerettet, woanders übernimmt solche Aufgaben das THW. Hier am Niederrhein ist die blaue Truppe auf andere Dinge spezialisiert: Auf den Hochwasserschutz beispielsweise. So waren auch Emmericher THWler vor einigen Jahren im Einsatz, als das schlimme Oder-Hochwasser schlimme Verwüstungen anrichtete. Vier LKW, drei Busse und ein PKW, 43 ehrenamtliche Helfer und 47 Kindern und Jugendliche gehören der Ortsgruppe Emmerich an. Mit dieser stattlichen Zahl von Nachwuchs-THWlern steht Emmerich toll da“, freut sich Heinrich te Kempel. Die Anzahl der Jugendlichen ist nur ein Teil des Schlüssels, nachdem sich die Ortsgruppen finanzieren. Der Bund finanziert das THW, die Geschäftsstelle Wesel ist die Koordinationsstelle in der Region, die auch die Arbeit der Fachgruppen koordiniert: Brückenbau, Trinkwasserversorgung, Bergung Ausland, Elektroversorgung, Ortung oder Infrastruktur ... die einzelnen Fachgruppen sind hochspezialisiert. Für die Emmericher Ortsgruppe gilt das unter anderem im Bereich der Gebäudeabstützung: „Wir haben ein spezielles Einsatzgerüstsystem angeschafft, das das herkömmliche Abstützsystem Holz (ASH) perfekt ergänzt. Damit sind wir die Einzigen in ganz NRW, die über dieses Equipement verfügen, bundesweit gibt es nur 28 solcher Stützsysteme, sind die Emmericher stolz auf ihre speziellen Kompetenzen.
Autor:Caroline Büsgen aus Emmerich am Rhein |
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