Veni: ein letztes Mal in Emmerich
Nicht ungewöhnlich, wenn ein veni!-Gottedienst stattfindet. Bereits um 18.30 Uhr war der Platz vor der Adelgundiskirche mit vielen erwartungsvollen Menschen gefüllt. Mittendrin der entpflichtete Pfarrer Karsten Weidisch. Immer wieder eilen Menschen auf ihn zu, die ihm noch einmal die Hand schütteln wollen, die ihn umarmen, oder mit den Worten: „Zur Erinnerung an eine tolle Zeit“ mit ihm gemeinsam auf einem Foto abgelichtet werden wollen.
Geduldig lässt er alles über sich ergehen, erkundigt sich nach dem Befinden Einzelner, steht Rede und Antwort und findet tröstende Worte für diejenigen, die es immer noch nicht fassen können, dass er nicht nach Emmerich zurückkehren wird. Auf die Frage, ob nur ein Gefühl von Bitterkeit zurückbleibt oder ob es da auch noch etwas anderes gäbe antwortet er: „Da gibt es unglaublich viele positive Gefühle. Gerade in den letzten Monaten hat mich der Einsatz der Gemeindemitglieder, die dafür sorgen wollten, dass Kaplan Olding und ich hier bleiben sollen, schwer beeindruckt und gefreut. Das hat mir signalisiert, dass wir hier doch vieles richtig gemacht haben. Soviel Solidarität, das war schon richtig toll.“.
Wie es für ihn und Christian Olding weitergehen wird, weiß er nicht. Das Bistum hält sich weiterhin bedeckt. „Ab Freitag werde ich wieder Urlaubsvertretungen auf weiteren Nordseeinseln übernehmen. Das wird so eine Art Inselhopping“, erklärt er lächelnd. „Außerdem muss ich noch einiges aus meiner Wohnung hier in Emmerich zusammenpacken.“ Für Karsten Weidisch scheint das Kapitel Emmerich abgeschlossen zu sein. Für große Teile seiner Gemeinde jedoch nicht.
Fahrt nach Münster
Es werden kleine orangefarbene Zettel verteilt mit der Überschrift: „So nicht, meine Herren ... auf nach Münster!“ Am Sonntag, den 6. April wollen sich um 10.30 Uhr Gemeindemitglieder auf dem Domplatz in Münster treffen, sie wollen endlich die Antworten von der Bistumsleitung erhalten, die sie nach eigener Aussage in ihrer Kirche nicht bekommen haben. Im Anschluss an die Veranstaltung wollen sie dann um 11.45 Uhr als „friedliche große Gruppe“ die heilige Messe im Paulusdom besuchen.
Dirk Kraayvanger vom zurückgetretenen Rat der Seelsorgeeinheit berichtet: „Am Montag habe ich einen Gesprächstermin mit dem Weihbischof. Einen Termin, den ich eigentlich schon vor mehreren Wochen haben wollte. Das Alles kocht immer wieder in mir hoch.“ Enttäuschung und Ärger über die Vorgehensweise der „hohen Herren“, schwingt nicht nur bei ihm mit. Andrea Schaffeld (Vorsitzende des ehemaligen Rates der Seelsorgeeinheit), antwortet auf die Frage, wie es ihr mittlerweile ginge: „Jetzt wo ich langsam zur Ruhe komme, wird mir erst richtig klar was hier zu Ende geht. Das tut weh.“
Reiseführer empfiehlt veni-Gottesdienst
Um 19 Uhr begann der Gottesdienst. Diesmal hatten sich viele darauf eingestellt, dass Sitzplätze Mangelware sein würden. Von Campinghockern über Klappstühle, bis zu Kinderstühlen, viele Menschen hatten sich ihre Sitzgelegenheiten selber mitgebracht. Der Gottesdienst mit dem Thema „Sixfeet under“, der sich mit dem Tod und dem eventuellen Leben danach beschäftigte, war wie immer, trotz des betroffen machenden Inhalts, lebendig, mitreißend und Trost spendend. Ein wenig ironisch wies Kaplan Olding noch auf einen neu erschienen, „amüsant“ geschriebenen, Reiseführer über den Niederrhein hin, dessen erstes Kapitel die Empfehlung zum Besuch der veni! Gottesdienste enthält.. Am Katholikentag (28. Mai bis 1. Juni) in Regensburg wird ein veni! On Tour Gottesdienst stattfinden. Am 10. Juni wird das veni!-Konzept beim Ringforum zu den Optionen des neuen Pastoralplans des Bistums Münster in Nordwalde vorgestellt. Der letzte veni!-Gottedienst wird am 15. Juni in Kleve im Kino am Tichelpark stattfinden Danach löst sich die veni! Gruppe auf. Als sich Kaplan Olding noch einmal bei seiner Gemeinde für das rege Interesse und die Mitarbeit bedankt, erhält er zweieinhalb Minuten lang Standing Ovations.
Nach Beendigung des Gottesdienstes reicht die Stimmung auf dem Kirchenvorplatz von Betroffenheit, über nicht verstehen können, bis zu blanker Wut. Ein Herr mittleren Alters, der extra aus Moers angereist ist, äußert sich so: „Das war mein zweiter veni! Gottesdienst, und der war wieder theologisch anspruchsvoll und schön. Wie dumm muss man sein, um so etwas einer Gemeinde wegzunehmen.“ Die Kommentare der Menschen sind unterschiedlich, aber viele können es einfach nicht fassen, dass hier Schluss sein soll.
„Was hier passiert, das ist unchristlich und menschenverachtend.“, „So geht man nicht mit Geistlichen um, die es verstehen, wieder Menschen in die Kirche zu bringen.“ „Ich weiß nicht wie das alles hier in Emmerich weitergehen soll.“ Das ist nur ein winziger Teil der O-Töne, die zu vernehmen waren.
Autor:Lokalkompass Emmerich aus Emmerich am Rhein |
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