Individuelle Förderung ausbauen
Kaum ist Rot-Grün in Niedersachsen an der Macht, will sich die neue Landesregierung dafür stark machen, dass das Sitzenbleiben in den Schulen künftig der Vergangenheit angehört. Doch nicht überall stößt dieses Vorhaben auf offene Ohren. Wir befragten dazu einmal drei Schulleiter.
In Berlin hat man die Ehrenrunde in der Sekundarstufe bereits abgeschafft, im Saarland kommen in den Gesamtschulen alle Schüler ins nächste Schuljahr und in Bremen in den Klassen eins bis acht. In Nordrhein Westfalen ist dies trotz einer rot-grünen Regierung kein Thema. Auch nicht bei den Schulleitern der von uns befragten Schulen. „Ich finde es wichtig, die Option des Sitzenbleibens zu behalten. Allerdings muss es auch andere Möglichkeiten geben“, bemerkte Christiane Feldmann von der Hanse-Realschule der Stadt Emmerich. So gäbe es die Möglichkeit einer Versetzung aus pädagogischen Gründen. „Und das, obwohl ein Schüler von den Noten her sitzengeblieben wäre.“
Ressourcen fehlen
Ihrer Ansicht nach müsse der Bereich der individuellen Förderung weiter ausgebaut werden. „Dazu fehlen leider die Ressourcen.“ Allerdings gibt es an der Hanse-Realschule schon ein Lernbüro. „Hier können die Schüler freiwillig hingehen und mit einem Lehrer an ihren Schwächen arbeiten. Das hat einen anderen Charakter als Unterricht und wird sehr gut angenommen.“ Man müsse etwas für die Mankos der Schüler tun und sie müssten auch merken, dass man sich um sie kümmere.
Roman Claus vom Gymnasium Haus Aspel in Rees sieht einen Schwerpunkt auch in der individuellen Förderung. Die Wiederholerquote sei allerdings in den letzten Jahren auch sehr gering. „Wir reden hier in der Sekundarstufe I von drei bis fünf Schülern.“ Es blieb auch kein Schüler mehr sitzen. „Schafft er von den Noten her die Versetzung nicht, kann er automatisch in die Realschule wechseln und dort seinen Abschluss machen. Er verliert damit nicht ein Jahr.“
Dennoch erachtet es Roman Claus als sinnvoll, ein Kind wiederholt die Klasse, als wenn man es einfach ins nächste Schuljahr mitnehme. „Lieber die Förderungsmöglichkeiten stärken und mehr Ressourcen bereitstellen. Wir müssen uns immer Gedanken machen, wie können wir den Kindern am besten helfen. Dazu zählt auch der enge Kontakt zu den Eltern und eine schnelle Hilfe bei sozialen Problemen.“
Keine sinnvolle Diskussion
„Aus meiner Sicht“, so Oliver Tornow, stellvertretender Schulleiter der Isselburger Verbundschule, „ist die Zahl der Sitzenbleiber an maximal zwei Händen abzählbar.“ Auch er hält es aus pädagogischer Sicht eher für sinnvoll, von der Real- auf die Hauptschule oder umgekehrt zu wechseln. „Ein freiwilliges Zurückversetzen kann auf der anderen Seite auch erfolgreich sein, und mit Erfolgen wächst dann wiederum auch der Leistungswille.“
Er hält die ganze Diskussion nicht für sinnvoll und diskussionswürdig. Er setzt auf eine gezielte Förderung im Klassenverband, Förderunterricht und das Lernstudio. „Hier könne die Schwächen mit einer Fachkraft ausgemerzt werden.“ Es komme immer darauf an, was die Schule daraus mache. „Aber vielleicht ist es manches mal auch besser, wenn ein Kind einmal sitzen bleibt.“
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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