Flüchtlinge brauchen ärztliche Hilfe
Wir alle kennen die schrecklichen Bilder vom Krieg im Irak und Syrien. Tausende sind dort auf der Flucht, haben meist nur das Nötigste mitnehmen können. Die Flüchtlingslager in der Türkei sind längst überfüllt. Es ist kaum vorstellbar, unter welchen Umständen die Menschen dort leben.
Cemal Kezer und Ozan Demirli vom Jugendkomitee der Ezidischen Kulturgemeinde des Kreises Kleve (Sitz im Emmericher Industriegebiet Ost II) haben die ungeschönte Wahrheit des Krieges hautnah erlebt. Vort Ort, genauer gesagt im Südosten der Türkei, haben die beiden jungen Männer sechs Flüchtlingslager besucht, haben mit den Menschen gesprochen und Hilfsgüter besorgt und verteilt. Am gestrigen Samstag haben sie ihre Erlebnisse in der Ezidischen Gemeinde erzählt, haben Bilder und ein Video ihrer Reise gezeigt. Viele Bilder, viele Situationen sind in ihrem Kopf geblieben. „Wir haben jetzt erst damit begonnen die ganze Sache zu verarbeiten. Es war eine große Belastung für uns“, erzählte Cemal Kezer. „Vor Ort denkst du darüber nicht nach. Wir waren ständig unter Strom, von 6 Uhr in der Früh bis abends um 22 Uhr unterwegs“, fügte Ozan Demirli hinzu.
Zahlreiche Aktionen durchgeführt
Angefangen hatte alles mit den Angriffen der IS-Truppen. Schnell war man sich vor Ort einig, etwas tun zu wollen. Die Initiative ging vom vor kurzem erst ins Leben gerufenen Jugendkomitee der Ezidischen Gemeinde aus. Bevor sich Cemal Kezer und Ozan Demirli auf den Weg in die Türkei gemacht haben, fanden zahlreiche Veranstaltungen im Kreis Kleve statt, bei denen Spendengelder gesammelt wurden. Jugendliche und Erwachsene haben die Beiden bei ihrem Vorhaben unterstützt. „Ohne sie alle wäre das gar nicht möglich gewesen“, blickte Cemal voller Stolz zurück. 62 Spendendosen hatte man in zahlreichen Geschäften und Städten aufgestellt. 7.126 Euro waren so gesammelt worden. Bei einer Benefiz-Veranstaltung in Kleve kamen sämtliche Tageseinnahmen der Hilfsaktion zugute, das waren noch einmal 860 Euro. Bei einer Solidaritätsveranstaltung in Goch wurden 3.903 Euro gespendet. Hinzu kamen noch weitere private Spenden und Spenden von Firmen. Das Ergebnis: 13.792 Euro. Insgesamt nahmen Cemal und Ozan 25.681 Euro mit auf den Weg in die Flüchtlingslager. „Die Reise, den Flug und die Unterkünfte hat das Jugendkomitee selbst gezahlt, die Spenden gingen zu 100 Prozent an die Menschen“, freute sich Cemal.
Säuglinge liegen auf dem Boden
Von Amsterdam ging der Flug zunächst nach Istanbul, von dort ging es weiter in den Südosten der Türkei, nach Dyarbakir. „Wir haben uns vor Ort eine Übersicht verschafft, in welchen Camps am dringendsten Hilfe benötigt wird“, erzählte Ozan Demirli. Hilfe von der Türkei gab es nach Auskunft der Beiden nicht. „Die kurdische Gemeinde und die Menschen vor Ort kümmern sich um die Flüchtlinge. Sie haben keinen Flüchtlingsstatus und sind eigentlich illegal im Land. Und wer nicht da ist, um den muss man sich nicht kümmern.“
Vor Ort wurden 20 Tonnen Lebensmittel, 2.000 Kleidungsstücke, 350 Paar Schuhe, Medizin, Hygieneartikel und Babynahrung besorgt. „Was dort aber vor allen Dingen fehlt ist eine ärztliche Betreuung“, merkte Cemal Kezer an. Über ein Drittel der Flüchtlinge sind Kinder. „Die Säuglinge liegen auf einer Decke auf dem Boden.“Die beiden jungen Männer fragen sich, warum niemand hilft. „Europa muss endlich eingreifen, es muss eine Schutzzone errichtet werden“, lautet ihre Forderung.
Im Saal in der Ezidischen Gemeinde verfolgten die Menschen fassungslos die Bilder aus den Flüchtlingslagern. „Die Leute sollen aus erster Hand sehen, was da passiert. Wir wollen die Menschen natürlich auch weiter animieren zu spenden, denn unsere Aktion war natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, meinte Ozan Demirli. In den nächsten Tagen reisen weitere Mitglieder des Jugendkomitees in die Türkei, um wieder vor Ort Hilfe zu leisten. Am Mittwoch findet übrigens um 17 Uhr eine Demo auf dem Geistmarkt statt.
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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