Das pfeifende Heulen der Bomben
Emmerich. Schon am frühen Morgen des 7. Oktober 1944 heulten die Sirenen Vollalarm. Doch es sollte noch ein paar Stunden dauern, ehe das Dröhnen der Motorengeräusche aus Richtung Holland zu hören war. An diesem 7. Oktober wurde Emmerich mit einem Bombenhagel übersät.
Herbert Kleipaß hat in seinem Buch „Emmerich am Rhein - 1900 bis 2000“ geschrieben, dass bei den Bombenangriffen rund 600 Tote in den Trümmern lagen und etwa 1.000 Menschen verwundet wurden. 26 Personen galten als vermisst. Zu dieser Zeit wohnten in der Stadt noch etwa 8.000 bis 9.000 Einwohner. 337 Lancaster-Bomber flogen diesen Angriff unter Begleitung von Jagdbombern. 665 Tonnen Sprengbomben, von denen die meisten 1,8 Tonnen schwer waren und 707.000 Brandbomben mit einem Gesamtgewicht von 1.283 Tonnen wurden auf Emmerich abgeworfen. Auch Phosphorkanister fielen auf die Stadt. Besonders betroffen war das Konvikt in der Baustraße mit 57 Opfern und das Krankenhaus mit einer großen Anzahl an Verwundeten und Toten.
Hermann Helmes hat von diesem Tag Aufzeichnungen gemacht, aus denen wir hier zitieren. Nach dem Vollalarm in den frühen Morgenstunden des 7. Oktober heulten die Siren auch um 10 Uhr wieder auf. „Gegen 13 Uhr hörte man aus Richtung Holland das Brummen der Flugzeugmotoren, aber die Bomber flogen an Emmerich vorbei. Doch in der Ferne detonierten Bomben, die Stadt Kleve war nur kurze Zeit später in eine schwarze Rauchwolke eingehüllt. Sollte Emmerich an diesem Tag etwa verschont bleiben?“
Die Antwort auf diese Frage kam für die Bewohner der Stadt schneller, als es sich manche gewünscht hätten. Denn schon bald war das Pfeifen der abgeworfenen Bomben und die ersten Explosionen zu hören, dicht gefolgt von einer zweiten Serie. „Jetzt kamen die Bomben Schlag auf Schlag. Und zwischen dem pfeifenden Heulen und dem Explodieren und dem Einstürzen von Hauswänden hörte man das Dröhnen der Flugzeugmotoren - das Ende des Angriffs war längst noch nicht in Sicht.“
Viele waren in Luftschutzkeller geflüchtet. „Noch hörten die Bombenaufschläge nicht auf, aber das Feuer rückte immer näher und ich schlug mich schon mit dem Gedanken herum, ob wir wohl lebend aus dieser Hölle heraus kommen oder den Verbrennungs- und Erstickungstod erleiden würden“, schrieb Hermann Helmes. Es waren die schrecklichsten Minuten seines Lebens, die er kaum in Worte fassen konnte. Viele benutzten nasse Tücher, die sie sich vor Mund und Nase hielten, wegen der dichten Staubwolken.
„Als ich merkte, dass der Angriff nachgelassen hatte, rief ich laut in den Keller: Heraus, heraus! Während ich die Kellertür öffnete, war der ganze Kellerflur schon hell erleuchtet. Ich musste sehen, wie das Haus über uns schon in hellen Flammen stand, ja wie das Feuer schon bis zu der aus Holz bestehenden Kellertreppe vorgedrungen war.“
Als er die Straße erreichte schaute er sich für einen Moment um: ringsum Feuer und Trümmer. „Da jede Sekunde heilig war, rannte ich mit nassen Tüchern um den Kopf zum Rhein. Es war ein Wettlaufen mit dem Tode. Ein Augenblick des Verharrens wäre Selbstmord gewesen weil in der Hitze und dem Sog der Feuerbrünste der sichere Erstickungs- und Verbrennungstod lauerte.“
An der Rheinpromenade schnappte er nach Luft. „Während noch die Flammen aus den Dächern und Türen der Häuser und Kirchen schlugen, hatte sich schon ein großer Teil der Überlebenden am Rhein gesammelt. Hier spielten sich, wie ich es auch später an anderen Stellen sah, erschütternde Szenen ab. Fassungslos, weinend und jammernd suchten Menschen nach ihren Angehörigen oder nach Resten der geretteten Habe. Fast alle hatten rauchgeschwärzte Gesichter, viele trugen zerrissene Kleidung, manche hatten Brandwunden oder andere Verletzungen.“
Mütter standen umher, die weinend an den Leichen ihre Kinder standen, andere suchten ihre Kinder. „Feuer und Rauch bildeten eine Totenglocke über dem einst so schönen Emmerich.“
Am Sonntag lädt Pfarrer Karsten Weidisch um 14 Uhr zu einem Gedenkgottesdienst zur katastrophalen Zerstörung Emmerichs in die Aldegundiskirche ein. In einer Wortgottesfeier will man das Gedenken wachhalten und
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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