Auf dem Weg nach Afrika
Sie kann sich noch nicht vorstellen, ein ganzes Jahr ihre Wäsche mit der Hand zu waschen. Er wird das Joggen vermissen, denn das ist in seiner Heimat auf Zeit unüblich. Aber davon abgesehen empfinden Corinna Scharffe und Vincent Herbst mit Blick auf ihr bevorstehendes Jahr als Freiwillige im Ausland vor allem eines: Vorfreude.
Die beiden Halderner zieht es nach Afrika. Dort werden sie in Trägerschaft des Bistums Münster ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, Corinna in Jasikan (Ghana) und Vincent in Iringa (Tansania). Außer ihnen sind in jedem Projekt noch je drei andere Freiwillige aus dem Bistum.
Dieses unterstützt in Jasikan das Projekt „Career Guidance and Educational Counselling“ in einer weiterführenden Schule. „Dort fehlt oft noch das Verständnis dafür, dass der Schulbesuch nicht mit der Grundschule enden sollte und wie wichtig ein Schulabschluss ist“, erklärt Corinna. Deshalb will sie den Zwölf- bis 19-Jährigen „auf dem Weg in die Arbeitswelt helfen“, indem sie die Lehrkräfte im Unterricht unterstützt und Berufsberatung anbietet.
Auch Vincent will sich vom Abiturienten in einen Hilfslehrer verwandeln. An der St. Dominic Savio Primary School wird er morgens im Sport- und Informatikunterricht mitarbeiten sowie nachmittags Freizeit- und Betreuungsangebote umsetzen. Die Schule bietet den vielen Kindern in der Region, deren Eltern an AIDS verstorben sind, Unterricht, Ausbildung und ein familiäres Umfeld im angegliederten Waisenhaus.
Familiär vorgezeichnet
Für den 18-Jährigen war der Schritt nach Iringa fast schon familiär vorgezeichnet: „Meine älteren Brüder haben beide so ein Auslandsjahr gemacht.“ Insofern nehmen seine Eltern sein Vorhaben „ziemlich locker. Sie stehen immer hinter mir und haben mir in der Vorbereitung einige Aufgaben abgenommen.“ Für seine Freundin und ihn sei es natürlich deutlich schwieriger, doch dank des Besuches, den sie in Iringa plane, erscheine die Zeit nicht mehr ganz so lang. Ebenfalls positiv stünden seine Freunde seiner Idee gegenüber: „Obwohl sie es am Anfang echt krass fanden.“
Corinna hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Meine beste Freundin freut sich fast noch mehr als ich. Alle Freunde wollen über das Internet Kontakt zu mir halten und haben schon Verständnis geäußert, dass ich wahrscheinlich weniger Zeit haben werde, mich zu melden, als sie.“ Auch ihre Mutter sei positiv an das Thema herangegangen: „Die hätte so etwas früher selbst gern gemacht und interessiert sich genauso für mein Projekt wie ich.“
Auch bei Corinna war es ein Vorbild in ihrem Umfeld, das den Wunsch nach einem Auslandsjahr weckte: „In der elften Klasse machte meine Freundin ein Austauschjahr in den USA. Das Ziel fand ich aber nicht so interessant, weil die Kultur dort unserer doch relativ ähnlich ist.“ Außerdem entsprach ein Schulaustausch nicht ihren Vorstellungen: „Wenn schon ein Auslandsjahr, dann soll das für mich auch menschlich Sinn machen.“
Konfession spielte keine Rolle
Sie informierte sich über Friedensdienste und landete beim Bistum. Dafür ist sie dankbar: „Die Vorbereitung war sehr persönlich, bei größeren Trägern ist das nach meinem Eindruck eher kalt.“ Vincent Herbst stimmt ihr da voll zu. Beide loben außerdem die Gruppe der insgesamt 25 Jugendlichen, die das Bistum in diesem Sommer als Freiwillige in die Welt schickt und die in der Vorbereitung gut miteinander harmoniert hätten.
Umso froher ist Corinna, die evangelisch ist, „dass bei der Auswahl der Teilnehmer die Konfession für das Bistum keine Rolle spielte.“ Engagement in der Kirche ist ihr nicht fremd, in ihrer Gemeinde hat sie unter anderem Kindergruppen geleitet. Trotzdem, sagt sie von sich, mache sie ihren Glauben meist eher mit sich selbst aus: „Auch deshalb freue ich mich auf Ghana, weil man da ganz anderen Glauben erleben kann.“
Was sie sonst noch erleben können, wollen die beiden Abiturienten auf sich zukommen lassen. Die Rahmenbedingungen indes kennen sie. „Mit den anderen Freiwilligen werde ich in einer Art WG wohnen“, schildert Vincent. Ergänzend bestehe die Möglichkeit, einige Zeit im Waisenhaus und in einer Gastfamilie zu leben: „Beides will ich auf jeden Fall machen.“
Ohne fließendes Wasser
Corinna Scharffe wird mit ihren Mitstreitern in einer Einrichtung ähnlich einem Gemeindezentrum untergebracht sein, eine Stunde Autofahrt von der nächsten größeren Stadt entfernt, ohne Waschmaschine und ohne fließendes warmes Wasser. Eine Internetverbindung kommt, wenn überhaupt, nur über das Handy zustande. „Das alles ist für mich noch so weit weg, als würde es jemand anders machen“, sagt sie, „richtig glauben werde ich es wohl erst, wenn ich im Flugzeug sitze und nur noch dunkelhäutige Menschen um mich sind.“
Für sie wird das Ende August der Fall sein, während Vincent schon Ende Juli abfliegen wird.
Autor:Lokalkompass Emmerich aus Emmerich am Rhein |
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