Vor langer, langer Zeit
Vor langer, langer Zeit

auch von unserem Sonnensystem war weit und breit nichts zu sehen, ja selbst das Licht war noch nicht erschaffen, geschweige denn das Universum selbst. Aber, an einem Ort, den wir nicht begreifen können, gesellten sich, nennen wir sie mal, „Wegbereiter des Lebens“, aus dem unser, uns bekanntes Universum hervorging.
Und nun lehnt Euch zurück, lauscht und seit Zeugen, was diese „Wegbereiter des Lebens“ sich so zu erzählen hatten:

ICH, sprach die Sekunde. Ich werde später einmal das Maß aller Dinge sein. Alle Geschöpfe und insbesondere die Menschheit werden sich nach mir richten, sich mit mir messen wollen und über Erfolg oder Misserfolg wird einzig und allein meine Zeitspanne entscheiden.

GEMACH, gemach, mahnte die Minute. Nicht alle werden nach Deiner Pfeife tanzen. Später, viel später, werden die Menschen mich viel mehr zu schätzen wissen. Sie werden sich für die schönen Dinge des Lebens immer ein paar Minuten Zeit nehmen. Sie werden noch sehr froh darüber sein, wenn bestimmte Ereignisse nach ein paar Minuten überstanden sind und traurig sein, wenn ich vergangen bin.

„ALLES nur leere Versprechungen“, motzte die Stunde. Ich alleine werde das Leben regieren. Die Menschen werden Stunden an Schlaf benötigen um sich zu erholen. Sie werden von ihren schönsten Stunden im Leben schwärmen, sie werden Anderen von mir erzählen, wie sehr sie mich vermissen werden.

Aber, aber, meine kleinen Schwestern der Zeit. Vergesst nicht, dass ich, der Tag, der einzige und Wahre bin, der einmal allen Geschöpfen halt und Geborgenheit bringen wird. Alle werden sich nach mir richten müssen. Morgens, begrüßen sie mich und genießen meine Ankunft, und abends, wenn ich mich zur Ruhe begeben werde, dann werden die Meisten sich einfach in meiner Obhut wiegen. Und selbst Geschöpfe der Dunkelheit werden mir unterstellt sein und sich nach meinem Ablauf richten.

„So, so“, konnte sich die Woche ihre schnippische Bemerkung nicht verkneifen. „Ihr armseligen Geschöpfe. Was würdet ihr denn wohl ohne mich sein. Niemand würde sich an Euch erinnern, wenn ich Euch nicht zusammenhalten würde.“

„Ganz genau“, murmelte der Monat ein wenig ärgerlich. „Ihr habt vielleicht Sorgen, wisst ihr überhaupt, dass ich es sein werde, der vielen Lebewesen erst das Leben ermöglichen wird?“ Nun ja, der Mensch wird neun meiner selbst benötigen um überhaupt das Licht der Welt erblicken zu können. Und einen Gefallen werdet ihr mir und den Geschöpfen mit Eurer Schnelligkeit nicht erweisen.

Ganz gelassen hörte das Jahr dem Treiben zu. Gemächlich nahm es seine Position ein und erzählte von den Ereignissen, welches die Geschöpfe im Laufe seiner Zeit erleben würden. Und dass es sogar einmal riesige Feste geben würde, wenn es, das Neue Jahr, wieder und immer wieder auf der alsbaldig entstehenden Erde, Einzug halten würde. Insbesondere die Menschen, würden sich nur schwerlich an vergangene Sekunden oder Minuten, oder auch Stunden, Wochen oder Monate erinnern, aber an bestimmte Jahre, ja, die würden sie mit Begeisterung in Erinnerung halten.

Eine unscheinbare Gestalt gesellte sich zu den streitbaren Zeitgeistern und schaute Mitleidsvoll in die Runde. „Wisst ihr, meine lieben Weggefährten“, „all das, was ihr so trefflich von Euch beschrieben habt, ja das wird wohl alles so geschehen. Aber, bedenkt bitte. Ich habe von euch allen, die schwierigste Aufgabe von unserem Schöpfer zugeteilt bekommen. Ich werde es sein müssen, der über alle Lebewesen Leid und Freude bringen wird. Ich alleine werde entscheiden müssen, wann die Zeit für jedes einzelne Lebewesen ablaufen wird. Manche werden mich verfluchen, andere sogar dafür hassen, was ich tun muss und werde, und andere wiederum, werden mich verehren, mir unendlich dankbar sein, was ich für sie getan habe. Damit werde ich, solange es der Schöpfer gebietet, fertig werden müssen. Und meine Aufgabe wird nicht immer leicht sein, ja, nicht immer gerecht sein, sie wird vielen Lebewesen Ungemach bringen. Und nur einigen wird es gestattet sein, mich zu beeinflussen.

Ganz ruhig wurde es an dem Ort, den wir nicht begreifen können und die Anderen fragten sich natürlich, wer das denn wohl sein könne, der solch schwierige Aufgaben zu erfüllen hätte.

„Ich bin das Schicksal“, antwortete die unscheinbare Gestalt und zog sich zurück.

Autor:

F. Wilhelm Thielen aus Emmerich am Rhein

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