Mit dem Motorrad durch Schweden und Finnland
Natur Pur

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Nach unserer – recht anstrengenden - Osteuropa-Tour im letzten Jahr wollten wir es in diesem Jahr etwas ruhiger angehen lassen: die Kilometerzahl verringern, auf den Fähren entspannen und bei kühlen Temperaturen das Motorradfahren genießen.

Vorbereitung auf den kühlen Norden

Und dann gab es ja noch einen weißen Fleck auf unserer Landkarte der mit Motorrad bereisten europäischen Länder einzufärben. Finnland. Na, da lag Stockholm ja quasi auf dem Weg, dachten wir uns. Denn diese schöne Stadt wollten wir unbedingt erneut besuchen. Ohne eine direkte Fährverbindung von Deutschland nach Stockholm wählten wir den Weg über Südschweden. Rostock-Trelleborg hieß die günstigste Verbindung und wurde dann auch schon früh gebucht, zusammen mit der Fähre von Stockholm nach Turku in Finnland und schließlich zurück von Helsinki nach Travemünde. Na, das kam ja einer Ostsee-Kreuzfahrt gleich. Sozusagen Schiffsreise mit Motorrad-Mitnahme. Schnell stellten wir bei den Reisevorbereitungen fest, dass es sich empfahl, die Unterkünfte voraus zu buchen. Anfang Juli war es dann soweit. Wir machten unsere Motorräder reisefertig, sozusagen winterfest, denn in Skandinavien muss man ja für jedes Wetter gerüstet sein, und auf gings Richtung Norden.

Wüstenklima

Um lange Autobahnetappen zu vermeiden, entschlossen wir uns zu einem Zwischenstopp in der Lüneburger Heide. Ein Intermezzo im Serengeti-Park Hodenhagen bot sich an. Im Safari-Bus bestaunten wir die Tierwelt Afrikas und bei den extrem heißen Temperaturen kam auch echtes Wüstenfeeling auf. Glücklicherweise hatten wir die Motorradkluft auf dem Parkplatz zurücklassen können. Abends bot unser Hotel in Soltau die ersehnte Abkühlung mit einem Restaurant im Keller. Am nächsten Tag ging es dann Richtung Rostock. Bis zur Abfahrt der Nachtfähre blieb noch genug Zeit für einen kurzen Stadtrundgang und ein „kleines Nickerchen“ im Park.

Zu Besuch bei Pippi Langstrumpf

Pünktlich legte die Fähre nach Schweden ab. Die Motorräder wurden im Bauch des Schiffes festgezurrt, und wir bezogen schnurstracks unsere komfortable Kabine, bis zum Weckruf um 5.30 Uhr. Ein seeehr schneller Kaffee und schon rollten wir vom Boot.
Ganz früh am Morgen ging es für uns an der Südküste entlang. Im sehenswerten, aber noch verschlafenen Ystadt, fand sich tatsächlich ein geöffnetes Café und wir genossen unseren ersten schwedischen Kuchen morgens um 7.00 Uhr! Da lernten wir bereits: Süß – das können die Schweden!
Weiter ging es Richtung Ostküste und von dort aus ins Landesinnere. Hier hatte man bereits die Qual der Wahl für einen schönen Picknick-Platz am See, und so sollte es die weitere Reise bleiben. Was ebenfalls so blieb, waren die sehr angenehmen Temperaturen. Bei 23-26 Grad fristeten Regenkleidung, Pulli und Co. ein trockenes Kofferleben. Die Räder blieben nordwärts ausgerichtet bis Oskarshamn an der Ostküste. In einem ehemaligen Hospital wurde Schlaf nachgeholt und nach einem Superfrühstück Stockholm anvisiert.

Stockholm – die Stadt der 14 Inseln

Nach 2 Tagen Fahrt durchs beschauliche Småland mit seinen vereinzelten roten Holzhäusern, umgeben von Feldern, Wiesen und Wald, waren wir vom Großstadtverkehr mit Ampeln und Stau bereits entwöhnt. Die Zivilisation hatte uns wieder. Und damit auch die Parkplatzsuche. Zwar gibt es in Stockholm vergleichsweise viele ausgewiesene Motorradparkplätze, doch was bedeutet die Beschilderung? Wie bekommt man ein Ticket? HÄÄ? Ein einheimischer Yamaha-Fahrer konnte uns helfen und wir lernten: Schweden ist digital: Man bezahlt den Parkplatz per App, im Taxi nur mit Karte und kann nirgendwo Geld wechseln, braucht man auch nicht. Jeden noch so kleinen Betrag bezahlt man per Karte. Hat auch was Gutes: So kann man nach dem Urlaub anhand der Kontoumsätze in Erinnerung schwelgen und jede schwedische Nationalspeise, den Hotdog am Mittag, die Zimtschnecke zur Fika (der schwedischen Kaffepause), jede Portion Köttbullar, die übrigens „Schöttbullar“ ausgesprochen wird, jede Eintrittskarte oder Ticket genüsslich Revue passieren lassen.
Diese sammelten wir in zwei Tagen Stockholm reichlich. Wir absolvierten das gesamte Touristenprogramm mit Königspalast drinnen und draußen, Bootsfahrten, Besuch von Altstadt, Plätzen und Kirchen, Holzhäusern und Museen. Besonders beindruckend fanden wir das Vasa-Museum, wo ein Kriegsschiff ausgestellt ist, welches im 17. Jahrhundert bei seiner Jungfernfahrt im schwedischen Hafen gesunken und 1961 gut erhalten geborgen wurde. Interessant war auch das Heimatmuseum Skansen, welches einen lebendigen Einblick in das schwedische Alltagsleben vor 200 Jahren bot.
Und das alles in absolut relaxter Atmosphäre, die so typisch für Stockholm ist, und uns von unserem ersten Besuch noch in sehr positiver Erinnerung war.
Allerdings endete nach 4 Tagen unser Aufenthalt in Stockholm nicht ganz so entspannt. Die Fahrt zur Fähre wurde zur Irrfahrt. Baustellen, Einbahnstraßen, unübersichtliche Kreisverkehre schafften es tatsächlich, dass wir uns im Gewühl verloren. Wie üblich in solchen Situationen wurde zunächst aufeinander gewartet, bevor der Entschluss reifte, alleine, jeder für sich, das richtige Fährterminal zu erreichen. Wieder mal machten sich zwei Navis und unsere gewohnte Überpünktlichkeit bezahlt! Schnell die Motorräder auf dem Autodeck geparkt und schon begann unsere Überfahrt mit Kreuzfahrtfeeling. Stundenlang ging es bei dem ein oder andern Cocktail durch den Schärengarten bei einem romantischen Sonnenuntergang und angenehmen Temperaturen. Da konnten wir auf das angebotene Bühnen-, Spiel- und Einkaufserlebnis locker verzichten.

Im Land der tausend Seen

Nach einer komfortablen Nacht ertönte der Weckruf dieses Mal erst um 6.30 Uhr, wegen der Stunde Zeitverschiebung gefühlt aber wieder 5.30 Uhr! Ohne Zwischenfälle rollten wir von Deck und waren endlich in Finnland! Hier hatten wir eine Rundreise in sechs Tagen durch den Süden geplant, mit Übernachtungen in Hütten. Der erste Pausenstopp war in Rauma, einer kleinen alten Stadt an der Westküste, bekannt durch die originalen Holzhäuser aus dem 18. Und 19. Jahrhundert. Genial für ein frühes Frühstück am Markt, inclusive Violinkonzert!

Hüttenzauber

Gestärkt ging es - wortwörtlich - schnurstracks – nach Kristinestad. Zufällig gastierte hier ein Markt mit allerlei kulinarischen Feinheiten. Birgit und Ignatz im Schlemmerland! Auf dem gebuchten Campingplatz in Bocholmen erwartete uns eine Mini-Hütte mit einem – für uns sehr gewöhnungsbedürftigen – Minibett. Wie sehr sich doch ein guter Fotograph bei der Internetpräsentation bezahlt macht!!! Offensichtlich war unser Schlafdezifzit groß genug für einen raschen und erholsamen Schlaf. Morgens wurden wir mit einem leckeren Frühstückskorb überrascht, wie im Märchen „Rotkäppchen“.
Gut gelaunt lenkten wird die Motorräder nach Osten. Endlich kamen auch die Reifenflanken zum Einsatz, und das Land machte seiner Bezeichnung alle Ehre! Wald, Wald und noch mal Wald wurde unterbrochen durch Wasser, Wasser und noch mehr Wasser, glücklicherweise nichts von oben! Kaum Autos, vereinzelt mal ein Motorrad, mehr Fahrräder und noch mehr Wohnmobile begleiteten uns auf unserer Rundfahrt durchs Seenland. Selbst die Tankstellen oder kleinen Restaurants lagen an einem See. Die tollen Pausen mit schönen Ausblicken wurden übertroffen durch hübsche Hütten, manche mit eigenem Zugang zum See, manche mit eigener Sauna, auch eine ohne Strom und Wasser. Aber etwas durfte in keiner Hütte fehlen: Die Teelichter von Ikea!!! 
In Imatra besuchten wir den berühmten Wasserfall, der täglich einmal angestellt wird, ansonsten wird das gestaute Wasser zur Energiegewinnung genutzt. Der Saimaa-Kanal verbindet Finnland mit Russland, schließlich ist man hier nur wenige Kilometer entfernt von der russischen Grenze, ein Ort mit bedrückender Menschenleere, wie eine kurze Stippvisite zeigte.

Überraschung

Nach fünf Tagen „Hüttenzauber“ kamen wir zum bekannten Wintersportort Lahti. Wir begaben uns direkt zur Sprungschanze und wunderten uns über die vielen Menschen in Badekleidung! Bald erkannten wir den ausgesprochenen Praxissinn der Finnen: Im Auslauf der Großschanze befindet sich im Sommer ein Schwimmbad! Unglaublich aber wahr! Mit der Sesselliftbahn konnten wir bis zum Fuß des Sprungturms fahren und ab hier mit dem Aufzug bis ganz nach oben. Welch ein Ausblick und welch eine absurde Vorstellung, sich von hier oben mit Skiern an den Füßen in die Tiefe zu stürzen! Nee, da wählten wir doch lieber wieder den Lift. Aber auch mitten im Sommer nutzten wagemutige Springer die Möglichkeit, sich von der Schanze nebenan zu stürzen. Verdrehte Welt: Schwimmbad im Auslauf und ein Skispringer nebenan!

Noch mal Kreuzfahrt

Nach einer erholsamen letzten Nacht in Finnland war das heutige Ziel die Fähre nach Deutschland. Unterwegs machten wir auf einer schönen kurvenreichen Strecke noch einmal Halt in Porvoo, eine ebenfalls durch ihre Holzhäuser attraktive Kleinstadt, bevor wir das Fährterminal ansteuerten. Und unsere Pünktlichkeit sollte sich erneut als sehr positiv herausstellen, denn die Abfahrtzeit war um eine Stunde vorverlegt worden! Nun denn, so sparten wir uns eine lange Wartezeit und durften direkt bei Ankunft aufs Schiff fahren und die Motorräder für die lange Überfahrt sichern. In der komfortablen Kabine konnten wir endlich durchatmen und uns erholen, obwohl diese Fähre bei weitem nicht so luxuriös ausgestattet war wie bisher. Nach über 30 Stunden erreichten wir Travemünde, wo wir unseren letzten Abend mit Blick auf den Hafen ausklingen ließen. Wir beobachteten, wie „unsere“ Fähre noch am gleichen Abend wieder zurück nach Helsinki ablegte, während wir uns schon wieder auf unser Zuhause freuten.

Autor:

Birgit und Ignatz Haan aus Emmerich am Rhein

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