Island in 7 Tagen
Feuer und Eis

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Befahre Europa mit dem Motorrad – dieses Projekt bestimmte auch in diesem Jahr unser Reiseziel, nämlich Island, die größte Vulkaninsel der Erde. Einschlägige Reiseführer versprachen höchst interessante Landschaften, anspruchsvolle Fahrstrecken und herausforderndes Wetter.
Pack die Badehose ein…
Wir bepackten unsere beiden Yamahas also mit Pullis, Mützen und Handschuhen nach der Devise: soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Schließlich wollten wir uns nicht mit überflüssigem Gepäck belasten, aber auch keinesfalls frieren. An Tag 1 der Anreise über Bremen und Flensburg überraschte uns die Sonne dann mit 30 Grad. Aber schon an Tag 2 beanspruchten die Regenanzüge, wasserdichten Handschuhe und Socken bereits keinen Platz mehr in den Koffern.
Wieder halbwegs trocken gefahren erreichten wir Hirtshals in Dänemark. An der Fähre warteten bereits ca. 50 Motorräder. Viele schienen sich auf eine mehrwöchige Expedition zu begeben. Einige Maschinen machten mit den aufgetürmten Taschen, Rollen, ja sogar Angeln manch einem SUV ernsthafte Konkurrenz.
Eine Seefahrt, die ist lustig…
Also ab in den Bauch der Fähre, Motorräder anschnallen und danach ab in unsere Kabine auf Deck 8. Bereitmachen für die Überfahrt mit der MS Norröna. Nordsee, Skagerrak, Atlantik, Färöer-Inseln und Nordatlantik standen uns bevor.
Kurz hinter den Färöer-Inseln kam dann die Stunde der Reisetabletten. Zum Glück waren wir hier vorbereitet!
Nach drei Tagen endlich wieder Land in Sicht. Mit 5 Grad kaltem Regen hieß uns Island willkommen und begrüßte uns mit den ersten Wasserfällen. Wir bibberten uns über die schneebedeckte und neblige Hochebene Fjardarheidi bis Egilsstadir. Tanken, Geld wechseln, Aufwärmen, eine Straßenkarte kaufen und die erste Gravelroute über den Öxi-Pass in Angriff nehmen.
Fire and Ice…
Zugegeben: 25 km Schotter, Sand, Nässe und 18% Gefälle waren anstrengend. Dafür wurden wir mit fantastischen Ausblicken auf die Berge und Wasserfälle belohnt. Anschließend ging es den Austurland-Fjord entlang bis zu unserer ersten urigen Unterkunft im „Viking-Café“ in Höfn. Der Name stammt vom nahen Wikingerdorf, einer nie benutzten Filmkulisse. Besonders imposant das Vestrahorn, Teil eines Bergmassivs aus Vulkangestein, entstanden durch Eruptionen vor 6-7 Millionen Jahren und ein beliebtes Fotomotiv – auch für uns.
Welch ein Einstieg in die imposanten urzeitlichen Gesteinsformationen, die uns in den folgenden Tagen begleiten sollten.
Und das schon am nächsten Tag am größten Gletscher Europas, dem Vatnajökull mit der fantastischen Lagune Jökulsarlon. Hier parkten wir direkt am mit 18 Quadratkilometer größten und 284 Meter tiefsten Gletschersee Islands. Riesige Eisberge schwimmen hier auf dem See und werden am bekannten Diamond-Beach ins Meer getrieben. Einfach nur Wow!
Über den Wolken…
Dieses Highlight sollte aber am gleichen Tag noch getoppt werden mit einem Rundflug über den Skaftafell Nationalpark. Die Flugroute führte über Ausläufer des Vatnajökul und eine 25 km lange Kette von ca. 135 Kratern, die 1783 während eines der größten Vulkanausbrüche entstanden sind. Die Eruptionszeit betrug 8 Monate, vernichtete 50% des Viehbestandes und kostete einem Drittel der isländischen Bevölkerung das Leben. Glasklare Seen ließen uns die Krater unter Wasser erkennen. Diese und noch mehr Infos erhielten wir von dem sympathischen und von seiner Heimat begeisterten Piloten, dessen Familie wie einige andere auch zum Ausgleich ein Stück Land im Landmannalaugar erhielten und hier von Fischerei leben. Schließlich überflogen wir noch die bunten Rhyolithberge – wie Arizona von oben. Der Flug dauerte über eine Stunde – wenn wir doch nur die Reisetabletten genommen hätten😉.
Wir übernachteten im Solheimahjaleiga Guesthouse bei Vik. Unaussprechlich aber ausgesprochen gut 😊
Das Wandern ist des Müllers Lust…
Der nächste Tag beeindruckte uns mit Wasserfällen - "foss" auf isländisch: der bekannte 25 Meter breite Skogafoss, der Seljalandsfoss, wo man hinter die 66 Meter tief fallende Wassermassen klettern kann, der Reykjafoss und der weniger bekannte aber umso schönere und im Übrigen wasserreichste Wasserfall Islands: der Urridafoss. Nach einem Besuch im Geopark mit seinen Geysiren, heißen Quellen und qualmender Erde freuten wir uns auf eine erholsame Nacht im Lambastadir Guesthouse, nahe Selfoss, das einzige Gebäude im Ort. Kein Restaurant oder Supermarkt in Sicht.  Also noch mal los für ein paar landestypische Touristenhotdogs von der Tanke.
Am 4. Tag entschieden wir uns gegen einen Hauptstadtbesuch und für eine Fahrt über den sogenannten Golden Circle. Hier erwarteten uns auf ca. 300 km die touristischen Höhepunkte Islands: der Vulkankrater Kerid, der Strokkur-Geysir und der Gullfoss. Der Laugarvatn ist ein riesiger See, der von heißen Quellen am Ufer und dem heißen Boden gewärmt wird. Im Boden wird das „Vulkanbrot“ eingegraben. Nach 24 Stunden in der heißen Erde ist es fertig zum Verzehr.
Einen tiefen Eindruck hinterließ Thingvellir, die einzige oberirdische Kontinentalspalte der Welt. Hier wandert man zwischen der asiatischen und der nordamerikanischen tektonischen Platte bis zum Öxarafoss.
Allmählich erspürten wir immer mehr die einzigartige geologische und erdgeschichtliche Bedeutung Islands, was uns wirklich ehrfürchtig staunen ließ.
Wir folgten der Ringstraße gen Westen bis zu unserem heutigen Tagesziel: Borgarnes am Hafnarfjall im gleichnamigen Hotel.
Hoppe hoppe Reiter…
Von hier aus ging es an Tag 5 bis Akureyri im Norden. Da die Strecke uns nicht besonders forderte, konnten wir die abwechslungsreiche Landschaft genießen, geprägt von der Pferdezucht. Viele Menschen waren hier auf 1 PS unterwegs. In langgestreckten Kurven konnten wir unsere Pferdchen auch mal laufen lassen. Zwischendurch gab es Picknick am See oder den obligatorischen Touristensnack.
In Akureyri kann man Wale beobachten. Kann man, muss man aber nicht. In Anbetracht der Seeuntauglichkeit haben wir darauf verzichtet und starteten am 6. Tag Richtung Myvatn – dem Mückensee. Der Name war Programm und wir waren froh, dass wir im Gegensatz zu den 1-Ps-lern Helme mit Visieren hatten!
Geologisch interessant waren hier vor allem die Pseudokrater, die durch Wasserexplosionen entstehen, wenn heiße Magma auf Feuchtigkeit trifft.
Wir umrundeten den See und parkten unsere Yamahas vor dem Sommerhotel Laugar, welches im Winter ein Internat ist. Ja, in Island ist man pragmatisch.
Atemlos…
Tag 7 führte uns dann von Laugar aus nochmal zu den Mücken. Ein Abstecher zum berühmten Dettifoss erforderte eine kleine Kletterei über Lavagestein mit Blick auf den Selfoss. Grandios, bombastisch, imposant, gewaltig – uns fehlten die Superlative. Wieder zurück auf der Ringstraße wurde es immer heißer. Nicht nur in der Luft, nein vor allem aus der Erde. Vorbei am Heizkraftwerk, die Scheinwerfer immer Richtung Osten kamen wir an ein riesiges Geothermalgebiet. Zum wiederholten Male haben wir die Parkautomaten nicht begriffen und riskierten einen Besuch ohne gültigen Schein – bislang auch ohne Folgen. Es erwarteten uns blubbernde Schlammlöcher, dampfende Steinhaufen, heiße Quellen und ein unerträglicher schwefeliger Geruch nach faulen Eiern. Das erinnerte uns an das zweifelhafte Duschvergnügen in den Hotels, die ihr Gebrauchswasser aus Geothermalquellen beziehen. Das Geothermalbad haben wir also gerne ausgelassen.
Stattdessen fotografierten wir unsere Maschinen vor ausgedehnten Lavafeldern und pausierten in einer Schlucht, kurz vor Egilsstadir, wo wir vor 7 Tagen und 2300 km unsere Rundreise begonnen hatten. Nach einer – touristischen – Stärkung an der gleichen Tanke ging es wieder über die Hochebene nach Seydisfjördur. Dieses Mal ohne Regen, ohne Nebel und bei sage und schreibe 24 Grad im Schatten!
Hier erwartete uns am nächsten Morgen die MS Norröna, um uns in drei Tagen zurück nach Dänemark zu bringen. Dieses Mal wurden die Reisetabletten zu Beginn der Reise eingesetzt, als wir fast aus den Betten schaukelten.
Singing in the rain…
Wie schrieben wir vor über 10 Jahren einst: Dänemarks Schönheit blieb uns unter einer dichten Wolkendecke verborgen. Mit diesem Eigenzitat lassen sich die ersten 380 km unserer Heimreise treffend beschreiben. In Flensburg wiederholten wir das Motorradsachen-Trocknen-Prozedere, bevor wir die letzte Etappe über die Elbefähre bei Glücksstadt in Angriff nahmen.
Nach insgesamt 3700 Motorradkilometern sind wir nach 16 Tagen wohlbehalten wieder Zuhause. Im Gepäck nicht nur – diesmal ausnahmslos alles getragene – Wäsche, sondern tolle Erlebnisse und Begegnungen mit anderen Motorradfahrern, einigen Einheimischen aber vor allem unvergessliche Eindrücke von einer einzigartigen Insel.
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Autor:

Birgit und Ignatz Haan aus Emmerich am Rhein

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