Tamme Hanken: Bewegung ist das A und O bei der Arbeit mit Pferden
Cadans, ein sechsjähriger brauner Wallach schaut mit wachen Augen und viel Aufrichtung in die Runde. Andreas Lehmann ist mit dem hübschen Freizeitpferd sogar aus Nettetal angereist, um das Tier Tamme Hanken, dem ostfriesischen Chiropraktiker für Tiere vorzustellen: „Er ist mal gestürzt, seitdem hat Cadans Probleme mit dem Hinterbein und biegt sich rechts nicht mehr“, hat Lehmann diagnostiziert.
Deshalb wurde das Pferd jetzt länger nicht geritten, und die Frage der Besitzer war, ob der so genannte „Hahnentritt“, bei dem das Bein ruckhaft angezogen und ebenso wieder aufgesetzt wird, eine dauerhafte Erscheindung oder heilbar ist. „Cadans hat über die eineinhalb Jahre, die er nicht geritten wurde, inzwischen falsche Bewegungsmuster verinnerlicht, die zu verlernen jetzt schwierig ist!“, war Tamme Hanken nach einigen Tast- und Druckbefunden schnell klar, dass die Bewegungsstörung keine Spätfolge des Sturzes sein kann.
Eine andere Diagnose
Nach einer Begutachtung der Nierenpartie, Sattellage und des Widerristes stand für ihn fest: Cadans trägt einen für ihn unpassenden Sattel, der zu Irritationen der Nerven und Muskeln führt, die sich inzwischen als Bewegungsstörung manifestiert. Ein homöopathisches Mittel helfe dabei, die falschen Bewegungsmuster zu vergessen und das Tier müsse dringend einen anderen Sattel haben, waren seine Anweisungen für Familie Lehmann. „Das ist ein Gelderländer!“ begrüßte Hanken den Rappwallach Buke, den seine Besitzer aus Bocholt hergebracht hatten. Gemeinsam mit seinem Kumpanen Rokko wollten die Besitzer die Ursache für Taktfehler und eine schief getragene Schweifrübe wissen: „Buke hatte einmal einen Beckenbruch!“ befand der Chiropraktiker und empfahl als Therapie eine Umstellung der Hufe, um die demolierte Hüfte peu à peu wieder geradezurichten. Grundsätzlich sieht er die Wurzel vielen Übels in einem Mangel an Bewegung: „Früher haben die Pferde arbeiten müssen, zuerst auf dem Acker, dann wurden sich noch für eine Reitstunde hergenommen und es gab lange Wege zu den Reitplätzen zu bewältigen. Heute ist eine Reiteinheit oft nach 20 Minuten beendet, trockenreiten gibt es selten und wenn dann nur, damit das Publikum auch ja die neuen Reitstiefel bewunden kann!“ kommentierte Hanken zynisch.
Viel Pferde-Leid liegt an mangelndem Wissen der Besitzer
Der ehemalige Landwirt, der sich auf die Behandlung von Pferden spezialisiert und nach seiner Einschätzung die ‚heilenden Hände’ von seinem Vater geerbt hat, wetterte weiter gegen Unwissenheit und die Tatsache, dass viel Wissen und gesunder Menschenverstand um das Wohl der Tiere verloren gegangen ist: „Die Färbung der Maulschleimhaut gibt Informationen über den Mineralstoffhaushalt, auch das Auge gibt deutliche Hinweise auf die Tiergesundheit!“ Ein passender Beschlag, ein individuell angepasster Sattel – Hanken rät dringend von Internetkäufen ab – oder ein kritischer Umgang mit Trensengebissen, die mit modernen Legierungen werben … „Alles, was Ihr an das Tier dranmacht, muss sinnvoll sein, passen und darf den Tieren nicht schaden“, empfiehlt er den Pferdebesitzern. Ablagerungen von Schwermetallen, Allergien oder Krebserkrankungen der Maulschleimhat … diese und andere Sachverhalte hat er im Laufe der Zeit beobachtet, behandelt und nach Ursachen geforscht. „Früher gab es nur Eisen-Gebisse, die zwar am nächsten Morgen etwas Flugrost angesetzt hatten, dafür litten die Pferde aber auch nicht an Eisenmangel!“ erinnerte Tamme Hanken. Ein altes Hufeisen in der Tränke behebe einen Eisenmangel ebenso kostengünstig, wie eine Brausetablette aus dem Lebensmittel-Discount. Sein Anspruch sei es, Pferde gesund zu machen, und dafür gebe es, neben der ein oder anderen Medikation oder orthopädischen Maßnahme, ein einfaches Rezept: Bewegung! Und das Tagespensum liefert Hanken gleich mit: Eine halbe Stunde Schritt, zwei Stunden Trab und Galopp und wieder eine halbe Stunde Schritt…
Autor:Caroline Büsgen aus Emmerich am Rhein |
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