Post aus Hanoi
Nun auch mit Bildern
Dieser Text beinhaltet die Beschreibung einer Motorradreise durch Vietnam und was man(n) darueber wissen sollte.
Wie immer ist dieser Text frei erfunden. Namen, Orte, Begebenheiten oder Institutionen sind ausgedacht und entspringen meiner allzu lebhaften Fantasie. Uebereinstimmungen sind rein zufaellig und unbeabsichtigt.
Details von Besprechungen oder Namen gehören nicht in das Internet.
Ich werde nur über meine persönlichen Eindrücke rund um die Reise berichten. Dies soll aber bitte nicht den Eindruck erwecken, dass in Vietnam die Arbeit im Hintergrund steht.Tatsächlich ist die tägliche Arbeit nicht so sehr von der in Deutschland zu unterscheiden.
Mein Businesstrip nach S.L.
Aus beruflichen Gruenden duerfen wir in unsere Partnerstadt Sl reisen.
C. und ich beschliessen mit dem Motorrad zu fahren. Die Entfernung betraegt ca 350 km. Meine 109 ccm grosse Honda Wave ist mit ihrer 60 cm Sitzhoehe und den vollen 6 KW bestens fuer eine solche Reise geeignet. Immerhin hat die Honda eine Tankkapazitaet von ganzen 3,5 Litern was ihr eine Reichweite von 120 km beschert. Das gute Stueck verbraucht tatsaechlich nur ca 2,5 Liter auf 100 km und das bei einer moeglichen Endgeschwindigleit von 80 km/h. Die Wohlfuehlgeschwindigkeit liegt zwischen 60 und 70 km/h.
Die Strassen sind ueberwiegend gut in VN. Mal ein Schlagloch, mal ein Stein.
In den Bergen kommen dann Kuehe dazu. Je weiter man im Norden ist, desto atemberaubender wird die Landschaft. Die Kuehe werden dann hier von Wasserbueffeln abgeloest. Bis auf die Busfahrer wird (fast) ruecksichtsvoll gefahren. Diese allerdings sind wahnsinnig. Sie scheinen die groesse ihres Gefaehrts mit Unzerstoerbarkeit zu verwechseln.
Zu dem Beginn der Tour fahren C und ich noch gleichauf mit dem uns begleitenden Gelaendewagen. Schnell ist klar, am Berg (und in den Schlagloechern) muss ich C. ziehen lassen. Das Fahrwerk der 650ger BMW laesst C. in den Schlagloechern nicht mal abbremsen. Natuerlich sind seine 44 PS mehr auch am Berg zu spueren. Allerdings kann ich sagen, dass ich seit langem nicht so viel Spass am Motorradfahren hatte.
Bei der Aprilia ETV 1000 CapoNord mit ihren 98 PS und 220 kg musste ich ganz anders fahren. Das wird einem erst bewusst, wenn man mal so eine Kleine faehrt. Bei der CapoNord heisst es den Weg planen. Gucken: wo kann man fahren, wieviel Gas darf man geben, welcher Gang ist zu waehlen, wo ist die Ideallinie. Das alles passiert unbewusst, ist aber doch notwendig, um das schwere Geraet sicher zu bewegen. Bei der Kleinen muss man nur fahren.
Und halt vor den Schlagloechern bremsen. Der Weg fuehrt uns durch ein richtiges Hochgebierge. Teilweise ist die Steigung ( 8- 10 %) nur im dritten Gang (von 4) zu schaffen. Die Gegend entspricht der Beschreibungen aus einem Reisefuehrer. Malerisch zwischen steilen Bergruecken gelegen, schlaengelt sich die Strasse.
Ja, es gibt sie wirklich!
Die Stelzenhaeser mit den Seilbruecken ueber einen reissenden Fluss!!!
An den Berghaengen drapieren sich dekorativ weisse Wolken und im Tal sind die grasgruenen saftigen Reisfelder in Terassenfrom zu erspaehen. Als ich dann noch eine Baustelle erreiche und durch knietiefen roten Matsch fahren darf, ist meine gute Laune nicht mehr zu bremsen. Bestimmt habe ich im Kreis gegrinst, waehrend mir der Schlamm um die Ohren gespritzt ist. Laut singend groehle ich alte Soldatenlieder (ok nur eins und davon auch nur die erste Strophe). Ab und zu kann man C. oder den Gelaendewagen sehen. Zum verabredeten Zeitpunkt treffen wir uns zum Mittagessen. In einem der Touristenorte haben wir Lunch. Das Essen dort ist umfangreich, einfach und doch raffiniert.
Zudem zaehlt es zu den besten welche ich in Vietnam bisher gegessen habe.
Die restliche Strecke verlaeuft ebenso spektakulaer wie der Anfang. Trauriger Hoehepunkt war hier ein umgestuerzter Lastwagen, welcher komplett ausgebrannt ist.
Achtung: Solltet Ihr je in VN fahren und es befinden sich Straecher auf der Fahrbahn, dann hat das was zu sagen.
In diesem Fall eben, in einer schmalen uneinsichtigen Kurve, ein quer liegender LKW. Nach der Ankunft duerfen wir trotz der schlammbespritzten Motorradkleidung im Hotel einchecken. Am Abend dann die Verabredung zu dem Essen. In Vietnam gehoert es zum guten Ton, dass Mann sich bei dem Trinken beweisst. In S L (Name gestrichen) wird gleich auf das Bier verzichtet, und direkt Vodka gereicht. Zu Beginn wird einem eine junge Taenzerin als Begleiterin vorgestellt. Wortreich wird erklaert, dass die Damen aus dem Dorf stammen und verheiratet sind. Das waere aber nicht so schlimm, da es mit den jeweiligen Maenner abgestimmt ist und man sich deshalb zusammen sehen lassen duerfe.
Die Maedels haben schnell den Schnapsbecher gefuellt und beginnen mit dem Abfuellen ihrer jeweiligen Begleiter. Unauffaellig lassen sie den einen oder anderen Glasinhalt unter dem Tisch verschwinden. Da ich nun mal keinen Schnaps vertrage, ist es mir recht und mache es den Damen nach. Doch nicht ich, denn prompt erwischt, wird unter lautem Gelaechter und Gerufe mein Becher bis zu dem Ueberlaufen gefuellt. Vor Zeugen muss der Becher geleert werden. Eine Hand am Hals kontrolliert meinen Schluckvorgang! Von nun an verteile ich den Inhalt meines Schnapsbechers gleichmaessig auf meine umliegenden Nachbarn. Also auch auf meine Begleiterin! Ich achte (gleich ihr) darauf, dass sie den Schnaps auch wirklich trinkt. Dasselbe machte sie ja auch mit mir.
Kurze Zeit spaeter sitze ich ohne Begleitung da! Dafuer kommen jetzt die anderen Maedels und wollen mit mir trinken. Mal im stehen, mal im sitzen, mal ueber kreuz. So langsam gehen mir die Ideen aus, wohin ueberall mit dem Schnaps. Munter verschuette ich den kostbaren Inhalt auf alle Gefaesse welche in meiner Umgebung stehen. Suppenschuesseln, Wasserglaeser und mehr. Bei der verlangten Kontrolle (vor dem Trinken) hebe ich meinen Becher in die Hoehe, so dass keine hineinschauen kann. Irgenteinen Vorteil muss man ja haben, als Europaeer in Vietnam. Inzwischen ist mein Hemd klitschnass. Diesmal nicht vom schwitzen, sondern von dem verschuettetem Glasinhalt.
Erst als ich anfange die Maedchen kurzerhand hoch zu heben, wenn es mir zu bunt wird, ergreiffen sie die Flucht. Dass war dann wohl nicht mit den Ehemaennern abgestimmt! Habe ich schon erwaehnt, dass sich zum Essen auf den Boden gehockt wurde? Vor einem ca 20 cm hohem Tisch? Bei meinen Knien (Bauch) eine echte Herausvorderung. Irgentwie gelang es aber.
Nachdem man mir noch 10 Kissen extra organisiert hat (zu dem Sitzen).
Zum Glueck herrscht in VN die Meinung, dass Schnaps zusammen mit Coca Cola noch staerker wirkt. So konnte ich meine (bei Russischen Freunden erworbenen) Fertigkeiten zur Steigerung meines Rumes einsetzen.
Immer braf ein wenig Cola nach dem Schnaps, zu dem Runterspuehlen.
Allerdings war das urspruenglich nicht vorgesehen. Erst als man auf die Cola bestand, wurde diese organisiert.
Bestimmt 5 Minuten lang wurde Oliver Cola, Cola Oliver gerufen, bis dann eine Palette Coladosen den Weg zu uns fand. Nach dem Essen wird die Raemlichkeit gewechselt und mit Gesangs- und Tanzeinlagen klingt der froehliche Abend aus. Die Choreographie der Maedchen ist perfekt und reicht von traditionellen bis modernen Taenzen. Das ich singen durfte war mir klar. Das ich nicht mal die erste Strophe zusammen bekommen wuerde, nicht. Lag bestimmt an der Aufregung! Da keiner der Vietnamesen deutsch versteht und sie eigentlich auch ganz froh sein koennen, dass mein Gezwitscher schnell vorbei ist...Im Hotel dann die uebliche Uebelkeit bis zum Fruehstueck. Das kennt Ihr ja schon von mir. Nach dem Fruehstueck, am naechsten Morgen, die eigentliche Besprechung.
Bis wir losfahren, haben wir noch etwas Zeit, so dass ich zum Hotel zurueck fahre und ich mich dort hinlege.Spaeter in der Lobby, auf unsere Mitreisenden wartend, treffen wir eine Hochzeitsgesellschaft an. Die lustige Gesellschaft befindet sich in demselben Zustand wie wir vor wenigen Stunden. Als Europaeer, werde ich einzeln begruesst und ausgefragt. Was recht lustig ist, da ich kein Wort verstehe. Die Angewohnheit, die Hand einfach fest zu halten, kenne ich vom Altenheim. Bevor wir starten, erst noch ein Essen. Leicht generft begleite ich meine Kollegen. Die Zeit rennt, wir haben eine gute Strecke vor uns und feste Nahrung vertrage ich derzeit nicht so gut. Ich lasse mir (glaube ich) nichts anmerken und komme mit. Prompt schmeckt der Reis echt bescheiden. Als wir aufsatteln schickt mich C. mit den Worten los, er werde mich gleich einholen.
Also fahre ich los.
Immer, die nun bekannte Strasse entlang, erlebe ich rueckwaerts die Eindruecke von gestern. Das macht Diese nicht minder intensiv. Nur das C. nicht kommt? So leichte Sorgen mache ich mir. Dann ueberholt mich froehlich winkend der Gelaendewagen. Also ist alles ok, sonst haette C. dort als erstes Bescheid gesagt. Unterwegs ueberrascht mich ein Regenschauer. Selbst meine (Deutsche) Motorradjacke ist bald durchnaesst. Es regnet so stark, dass es auf den Handoberflaechen weh tut. Da es in VN nach dem Regen schell wider warm wird, kann ich mich darauf verlassen, dass die Hose unterwegs trocknet. Also lehne ich mich zurueck und geniesse den Augenblick.
Es ist ein richtiges Erlebnis, wie die Honda durch die Pfuetzen pfluegt. Der Regen verwandelt die Strasse in einen Bach. Genau so schnell wie gekommen, verschwindet der Regen.
Bald erreiche ich die pausierenden Reisenden im Gelaendewagen. Winkend moechte man mich zu dem Halten bewegen. Da ich aber gern das Gebirge in dem Hellen verlassen moechte, fahre ich weiter. Nur zu dem Tanken halte ich alle 100 km an. In der beginnenden Dunkelheit erreiche ich Hanoi.
Jetzt immer geradeaus bis ich etwas (ein Gebauede oder markanten Strassenzug) erkenne. Das GPS hilft bei der Orientierung. Nach kurzer Verwirrung stehe ich vor unserem Buero! Von hier aus kenne ich den Weg!
Jetzt nur nicht verfahren!!!
Geschafft.
Muede aber zufrieden mit der Honda (und mir ) erreiche ich unser neues Zuhause. Warum erzaehle ich dies so ausfuehrlich? Damit Ihr einen Eindruck darueber bekommt, wie hart hier mein Alltag ist und mit welchem persoenlichen Einsatz ich mich der neuen Aufgabe stelle.
Fazit:
Jeder Motorradfahrer sollte einmal den Norden Vietnams durchqueren. Es bedarf keiner PS strotzenden Maschinen um zuverlaessig und bequem zu reisen. Die BMW hat mich auf dem Nachhauseweg nicht eingeholt (Gruss an Rainer L.).
Autor:Oliver Stuckert aus Emmerich am Rhein |
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