Mit den Händen reden
Emmerich. Was für eine herrliche Ruhe. Nur das Zwitschern der Vögel und das laute Bellen des Hundes dringt an das Ohr. Ein perfekter Ort, um sich in aller Ruhe unterhalten zu können. Doch was sind das für Zeichen, mit denen die beiden Gesprächspartner offensichtlich kommunizieren?
Die Situation ließ sich schnell aufklären, denn einer der Beiden war Gehörlos und sein Gegenüber verwendete die Gebärdensprache, um dem anderen erzählen zu können, was ihm gerade auf dem Herzen lag. Für Außenstehende ist es schwer zu verstehen, doch Doris Gradischnik kennt sich damit bestens aus. Die Frau ist selbst hochgradig schwerhörig und kümmert sich seit vielen Jahren darum, dass auch andere Menschen mit Gehörlosen oder Ertaubten in Kontakt treten können.
Im Haus der Familie will sie ihre Kenntnisse gerne an möglichst viele Interessierte weiter geben. „Ich habe Frau Gradischnik im vergangenen Jahr kennengelernt. Sie hat an der Familienbildungsstätte in Kleve einen Kurs in Gebärdensprache gegeben“, erklärte Kirsten Lommen vom Haus der Familie. So entstand das Interesse, diesen Kurs auch im Haus der Familie anzubieten.
Am 10. September findet dazu von 18 bis 19.30 Uhr ein Informationsabend (Gebühr vier Euro) in der Krabbelstube im Haus der Familie statt, der sich unter anderem an Erzieher, Lehrpersonal, Tagesmütter oder Sozialpädagogen, aber natürlich auch an andere Interessierte richtet. Mit einer Einführung in die Geschichtelernen die Teilnehmer an diesem Abend die Verständigungsform der Gehörlosen kennen und das einhändige Fingeralphabet. Daran schließt sich am 17. September ein zehnwöchiger Kurs (jeweils von 18 bis 19.30 Uhr) im HdF an. Die Gebühr dafür beträgt 34 Euro.
Doris Gradischnik hat als Kind bereits eine Schule für Schwerhörige besucht und hatte dort eine gehörlose Freundin. „Damit bin ich dann mit der Gebärdensprache gewachsen“, erzählte sie uns in einem Gespräch. Als junge Frau lernte sie den Beruf der Erzieherin und war in Kranenburg in diesem Job tätig, ehe sie vor zehn Jahren im Internat für hörgeschädigte Jugendliche in Dortmund arbeitete. „Ich unterrichte an verschiedenen Schulen zum Thema Hörstörungen und wurde von vielen Seiten angesprochen, wer sich denn in Gebärdensprache auskennen würde. Da habe ich mir gesagt, dass kannst du selbst.“
Die Gebärdensprache ist eine eigenständige anerkannte Kommunikationsform. Sie besteht aus kombinierten Zeichen, die mit Händen, Gestik, Mimik und Körperhaltung gebildet wird. „Gebärdensprache ist wie eine Fremdsprache, als solche ist sie auch seit 2002 anerkannt.“ Dass sie nicht mal eben so zu erlernen ist, dürfte jedem klar sein. „Es ist wie Englisch, das lernt man auch nicht von heute auf morgen“, erläuterte Doris Gradischnik.
Die Teilnehmer des Kurses lernen die Grundkenntnisse, wie allgemeine Pronomen, Substantive, Verben, Adjektive und Fragewörter kennen. „Am Ende des Kurses sollen sie in der Lage sein, eine kleine Unterhaltung führen zu können“, so die Kursleiterin. „Am Anfang werden wir mit der lautsprachbegleitenden Sprache arbeiten, anschließend ganz ohne Sprache. Die Kursteilnehmer bekommen Hausaufgaben mit und ich werde sie auch abhören“, schmunzelte Doris Gradischnik.
Sie selbst ist Mitglied im Bund Deutscher Schwerhöriger. Kirsten Lommen jedenfalls hat ihre erste Übung in Sachen Fingeralphabet mit Bravour bestanden. Anmeldungen nimmt das Haus der Familie unter der Rufnummer 0 28 22/70 45 70 entgegen.
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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