Harsche Kritik an Bürgermeister Peter Hinze - der setzt sich zur Wehr
Streit um ICE-Halt in Emmerich

Der ICE hält nicht in Emmerich. Foto: Archiv
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In Zeiten des Wahlkampfs nutzt man eine vermeintliche Steilvorlage besonders gern zum energischen Nachsetzen. Und so attackierte der Emmericher CDU-Bürgermeisterkandidat Dr. Matthias Reintjes nun Amtsinhaber Peter Hinze (SPD). In der Auseinandersetzung geht es um einen - von beiden Seiten erwünschten - Haltepunkt des ICE der Deutschen Bahn in Emmerich.

Es gibt schon so einige Merkwürdigkeiten, wenn es um die Bahnhöfe geht, in denen einen Intercity-Express (ICE) hält. Es gibt Landeshauptstädte wie Magdeburg oder Schwerin, die außen vor sind. Dafür stoppt der Zug vor allem in Bayern an seltsamen Stationen wie etwa Oberau mit gut 3.000 Einwohnern. In Nordrhein-Westfalen sind es 41 Haltepunkte, darunter auch Altenbeken mit rund 9.000 Einwohnern. Da darf Emmerich aufgrund seiner geografischen Lage, dem Einzugsgebiet und immerhin rund 31.000 Einwohnern auch seine Begehrlichkeit anmelden. Ob und wie das unter anderem bei der Deutschen Bahn anzuzeigen ist, darüber ist nun im Zeichen der kommenden Kommunalwahl eine handfester Streit entbrannt. Eine „Totalblamage für Emmerich auf allen Ebenen“ sei das Agieren Peter Hinzes zu diesem Thema, er habe sich nicht für die Interessen der Stadt eingesetzt und bei einer entscheidenden Sitzung des Euregiorates gefehlt, so die scharfe Kritik von Dr. Matthias Reintjes.

Ein Beschluss oder kein Beschluss?

Nach Darstellung der CDU habe sich der Euregiorat, also das Gremium der Euregio Rhein-Waal, welche 55 Kommunen dies- und jenseits der deutsch-niederländischen Grenze umfasst und 4,8 Millionen Bürger vertritt, auf seiner jüngsten Sitzung für einen ICE-Halt in Wesel ausgesprochen. Schreiben der Euregio an den Bundesverkehrsminister und die niederländische Amtskollegin mit der eindeutigen Forderung seien gefolgt. In diesen Schreiben sei die Stadt Emmerich mit keiner Silbe erwähnt.

"Diskussion ergebnislos beendet"

Die Ergebnisse der Sitzung hat der angesprochene Peter Hinze deutlich anders wahrgenommen. "Dem Protokoll zur Euregiorat-Sitzung ist zu entnehmen, dass kein Beschluss zu dem Tagesordnungspunkt ICE-Halt in Wesel gefasst worden ist. Dies bestätigte mir die Euregio-Geschäftsstelle nochmals auf Anfrage. Unter anderem hatten die Städte Arnhem und Nijmegen in der Sitzung Bedenken gegen derartige Pläne angemeldet. Sie sähen lieber einen zusätzlichen Halt am Flughafen Düsseldorf realisiert. Darum wurden die Diskussionen im Euregiorat am 4. Juni ergebnislos beendet", betont Hinze.

Keine positiven Signale der Deutschen Bahn

Der Euregio-Vorstand habe die Aufgabe erhalten, sich nochmals mit dem Thema zu befassen. Das Ergebnis sei ein Schreiben der Euregio-Geschäftsstelle vom 21. Juli – unterschrieben von Geschäftsführer Sjaak Kamps und dem Vorsitzenden Ulrich Francken – an das deutsche und niederländische Verkehrsministerium mit dem Betreff „Deutschlandtakt“ gewesen. "Der Brief ist auf Grund der uneinheitlichen Diskussionen im Euregiorat bewusst sehr vorsichtig und diplomatisch formuliert worden. Das hat mir der Euregio-Vorsitzende Ulrich Francken in einem Telefonat bestätigt", so Hinze.

Die SPD fordere in ihrem jüngst vorgestellten Wahlprogramm „weiterhin einen ICE-Halt in Emmerich“, hier macht die CDU eine Diskrepanz zwischen Ankündigung und dem Verhalten des SPD-Bürgermeisters aus.

Peter Hinze weist diesen Vorwurf zurück: "Ich habe das Thema persönlich in den letzten Jahren in meinen regelmäßigen Unterredungen mit hochrangigen Vertretern der Deutschen Bahn und der Politik immer wieder auf den Tisch gebracht. Unsere Forderung und die Argumente sind wohl bekannt. Ich will aber auch so ehrlich sein, dass ich aktuell von Seiten der Deutschen Bahn keinerlei positive Signale empfange, die hier einen ICE-Halt in den nächsten Jahren realistischer erscheinen lassen. Ich gehe davon aus, dass andere Akteure, die in dem Thema unterwegs sind, diese Erfahrung auch gemacht haben."

Dass durch das Schreiben der Euregio – das in seiner Formulierung keinerlei stichhaltige Argumente für einen zusätzlichen ICE-Halt am Niederrhein liefert – ein "irreparabler Schaden" für die Stadt entstanden sei, so ist es Hinze zu Ohren gekommen, könne er beim besten Willen nicht erkennen. Viel wichtiger sei es weiterhin, insbesondere die Bahn von der Sinnhaftigkeit eines Halts in Emmerich zu überzeugen.

Der Bürgermeister darf nicht fehlen

Dr. Matthias Reintjes betont ganz grundsätzlich sein Unverständnis über das Fernbleiben Hinzes bei einer solchen Sitzung. Dort hätte er die Position Emmerichs stärken können. "Es hätte für den Bürgermeister genug Möglichkeiten gegeben, vor und nach der Ratssitzung zu intervenieren und sich für Emmerich als Haltepunkt stark zu machen. Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen – das ist eine Totalblamage auf allen Ebenen. Wir diskutieren seit Jahren über einen smarten ÖPNV, über Klimaschutz und die notwendige Verkehrswende und in dem Zusammenhang immer auch über einen ICE-Halt in Emmerich“, so Reintjes.

UWE-Ratsfraktion kündigt Nachfrage an

Auch die UWE-Ratsfraktion in Person von Gerd Bartels kritisiert Peter Hinze für seine Nichtteilnahme. "Es ist ein böses Eigentor, wenn man die Chancen auf den ICE-Halt zugunsten Emmerichs durch Abwesenheit bei der entscheidenden Sitzung verpasst. Das hätte eigentlich schon die Tagesordnung der anstehenden Sitzung deutlich machen sollen, um was es da geht bei der letzten Sitzung des ÖPNV. Das ist nun ein Fehler geworden, den wir kaum noch in Richtung Emmerich korrigieren können und das obwohl wir dabei sind den Bahnhof zu kaufen und im Sinne der Stadt Emmerich nun schon seit Jahren für den absolut sinnvollen ICE-Halt in Emmerich eintreten. Wir werden aus unserer Sicht eine entsprechende Aufklärung in der nächsten ASE-Sitzung erwarten", erklärt Bartels.

Die Antwort des Bürgermeisters: "An der Euregioratssitzung am 4. Juni habe ich wegen eines kurzfristigen Termins, bei der es um die Eingrenzung der Corona-Infektionswelle bei den osteuropäischen Leiharbeitern ging, nicht teilnehmen können. Es gibt Momente, da muss ich als Bürgermeister in meinem Kalender halt Prioritäten setzen.“

Hinzes Kritik am Euregiorat

Peter Hinze übt am Ende auch seinerseits Kritik. Diese zielt auf den Euregiorat. "In dem aktuell diskutierten Schreiben wird in einem Nebensatz auf den Wunsch der Stadt Wesel nach einem ICE-Halt eingegangen. Dort heißt es: ‚Eine neue, schnelle internationale Bahnverbindung Amsterdam-Utrecht-Arnhem-Duisburg-Berlin würde die Wirtschaftskraft der Grenzregion weiter verstärken. Eine gute Anbindung des Niederrheins, Oost-Gelderlands und des Kreises Borken, zum Beispiel über einen ICE-Halt im Weseler Raum, wäre dabei sicher zu stellen.‘ Ich bin irritiert darüber, dass ein solcher Brief nach einem derartigen Diskussionsverlauf die Euregio-Geschäftsstelle verlässt, ohne dass dies nochmal mit den Ratsmitgliedern rückgekoppelt wird. Denn, dass wir hier in Emmerich seit über zehn Jahren für einen ICE-Halt kämpfen, dürfte auch bei der Euregio bekannt sein. Das habe ich den Euregio-Vorsitzenden Ulrich Francken auch wissen lassen. Er hat mir zugesichert, dass er es nochmal im Euregio-Vorstand zur Sprache bringen wird."

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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