Feuerwehrchef ließ Dampf ab
Vier Meter hohe Schallschutzwände statt grüne Wiesen und grasende Kühe. Das sind die Aussichten, die vielen Praester Bürgern in Zukunft drohen. Dafür sollen Tassen und Gläser im Schrank nicht mehr wackeln, als es heute schon der Fall ist.
Auf diesen einfachen Nenner lässt sich das Schall- und Erschütterungsgutachten der Bahn in Sachen bevorstehendem Betuwe-Güterverkehr bringen. Denn wie sagte doch Dr. Wolfgang Herrmann, Gutachter für Schallschutz und Erschütterungen, am Montagabend im PAN kunstforum vor gut 200 interessierten Bürgern: „Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass sich Ihre Situation verbessert.“ Soll heißen, man muss mit dem Jetztzustand auch weiterhin leben. Dafür, dass er sich nicht auch noch verschlechtere, sind die Schallschutzmaßnahmen geplant.
Ein jeder konnte sich auf schönen Folien anschauen, wo überall die vier oder drei Meter hohe graue Wand verläuft. Im Abschnitt Praest gab es kaum Flächen, die hier nicht betroffen waren. Auch über die Beseitigung der Bahnübergänge informierte die Bahn, und natürlich darüber, wie das bevorstehende Planfeststellungsverfahren abläuft. Was ist in welchem Ordner zu finden, worauf muss ich bei der Einsicht in die Ordner achten? Ist mein Grundstück überhaupt betroffen, und wenn ja, in welchem Umfang? „In der Regel“, so Projektleiter Stefan Ventzke, „sind alle Betroffenen bereits angeschrieben worden.“
Die Anwohner aus Praest erfuhren, dass es einen neuen Haltepunkt auf der anderen Seite der Suhlenstraße geben wird, dass einige Übergänge ganz wegfallen, andere ersetzt werden. Außerdem wird es zwischen den beiden bestehenden Gleisen und dem neu zu bauenden dritten Gleis eine weitere, drei Meter hohe Lärmschutzwand geben. „Es wird in vielen Bereichen deutlich besser mit dem Lärmschutz“, betonte Ventzke. Bürgermeister Johannes Diks hatte zuvor den ernst der Lage betont. „Wir sind jetzt gefordert, alles zu einer erträglichen Lösung zusammenzuführen. Wir wollen so wenig Lärm wie möglich und möglichst viele Querungshilfen in Praest – und: eine sichere Strecke.
Genau dazu meldete sich Martin Bettray, Einsatzleiter der Emmericher Feuerwehr, zu Wort. Er bescheinigte dem Projektleiter, dass er durch seinen Vortrag den Betroffenen auf geschickte Art und Weise den Wind aus den Segeln genommen hätte. „Hier werden wirtschaftliche Interessen über die Lebensqualität der Menschen gestellt. Ich halte das Verhalten der Bahn für absolut unverantwortlich.“ Das Sicherheitskonzept beruhe auf der Grundlage einer ICE-Trasse im Rhein-Main-Gebiet. „Mit dem Güterverkehr haben wir es hier mit völlig anderen Problemen bei einem Unfall zu tun. Warum wird in Holland anders damit umgegangen als bei uns? Die Gesetzmäßigkeiten von Physik und Chemie können doch nicht ab der Grenze andere sein.“
Er sprach die immer wieder im Raum stehenden 1.000 Meter an, innerhalb dessen sich - so möchte es die Bahn gerne - Sicherheitstüren in den künftigen Schallschutzwänden befinden. „Wir haben Ihnen mehrfach gesagt, dass reicht nicht aus (in den Niederlanden sind sie alle 200 Meter eingerichtet worden. Das fordert auch die Feuerwehr). Sie haben bis heute noch nicht reagiert.“ Stefan Ventzke: „Wir warten auf die Einsprüche der Feuerwehren im Laufe des Planfeststellungsverfahrens. Aber natürlich sind wir zu Gesprächen bereit.“ Ein Rentner wollte wissen, ob die Bahn ihm ein Erschütterungsgutachten bezahle. „Sie bauen die Strecke, sie verdienen damit, und sie machen mir mein Haus kaputt.“ Er könne es im Planfeststellungsverfahren geltend machen, dass er gerne von der Bahn ein Gutachten bezahlt bekommen hätte. Ein Bewohner der Reckenburg in Praest bemerkte scherzhaft: „Sie können all ihre Geräte im Auto lassen und an unseren Gläserschrank gehen. Wenn wir die Gläser abends hinten einräumen, stehen sie morgens ganz vorne.“
Wann übrigens die insgesamt 13 Ordner im Europasaal des Emmericher Rathauses zur Einsicht bereit liegen, konnte der Bürgermeister noch nicht genau sagen. „Ich rechne mit der Offenlegung Anfang bis Mitte März. Für die Berufstätigen führen wir übrigens den langen Donnerstag bis 20 Uhr ein. Außerdem sind die Unterlagen auf der Internetseite der Stadt einzusehen. Nutzen Sie Ihre Gelegenheit, es ist Ihre einzige.“
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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