Bahnchef Grube entscheidet nicht über drittes Gleis
Rees. Das hätte sich André Stempel sicherlich auch nicht träumen lassen, dass Bahnchef Rüdiger Grube die Probleme der Menschen entlang der Bahntrasse Elten-Oberhausen versteht. Das gab er jedenfalls beim Besuch einer Delegation aus Rees in Berlin bekannt. Grube hatte die Klasse 6c der Realschule im April bei einer Demonstration am Emmericher Bahnhof eingeladen.
Es war die Eröffnung des Informationscenters im Emmericher Bahnhof, zu dem der neue Bahnchef persönlich nach Emmerich gekommen war. Vor dem Gebäude traf er auf Demonstranten der IG Biss, die sich für eine siedlungsferne Trasse entlang der A 3 einsetzten. Unter ihnen war auch der elfjährige Mario Stempel aus Millingen. Seine Eltern wohnen direkt an der Bahnlinie, dort wo das dritte Gleis für die Betuwe-Linie quasidirekt vor der Küche eingerichtet werden soll. Grube lud den Jungen damals mit seiner Klasse in die Bundeshauptstadt ein. Jetzt machte sich die 22-köpfige Gruppe mit insgesamt 15 Jungen und Mädchen im Alter von elf, zwölf Jahren auf die Reise nach Berlin – natürlich mit der Bahn.
Schon die Fahrt im ICE war für die Kinder ein Erlebnis. Mit über 250 Stundenkilometern über die Gleise zu rauschen war schon cool. Vom Bahnhof ging es direkt zur Jugendherberge nach Potsdam, am ersten Abend erlebte maN Berlin im Dunkeln mit dem erleuchteten Brandenburger Tor. Der zweite Tag begann am Alexanderplatz und mit einer Stadtrundfahrt. Am Nachmittag empfing Ronald Pofalla die Gruppe. Anschließend gab es eine Führung durch den Reichstag, wobei die Kinder den kurzweiligen Erklärungen lauschten. „Das hat schon Eindruck gemacht“, so André Stempel.
Früh aufstehen hieß es dann am, dritten Tag, denn schon um 9 Uhr hatte die Reisegruppe einen Termin im Bahn-Tower. „Es ist mit Worten nicht zu beschreiben, wie sich die Bahn um uns gekümmert hat“, so Stempel. „Wir wurden wie wirklich wichtige Leute empfangen und in den 21. Stock in ein Konferenzzimmer gebracht. Auf jedem Tisch waren Getränke und Süßigkeiten für die Kinder, die alle noch ein Lineal als ICE erhielten.“ Und plötzlich ging die Türe auf und der Bahnchef betrat den Raum. „Er strahlte Freundlichkeit aus, gab jedem Kind die Hand und unterhielt sich intensiv mit den Gästen“, erzählte André Stempel.
Eigentlich hatte Grube nur zehn Minuten für den Termin veranschlagt, da weitere Termine folgten. Doch er überzog, blieb eine halbe Stunde und erzählte den Kindern, dass man einen Traum auch erreichen könne, wenn man das nur wolle. Natürlich wurde auch über die Betuwe gesprochen. „Er könne durchaus nachvollziehen, dass man demonstrieren würde. Aber er könne nicht entscheiden, ob das dritte Gleis käme, das würde die Politik machen“, verstand André Stempel den Bahnchef. Die Bahn führe nur das aus, was die Politik vorgebe. Nach einem Gruppenfoto übergab André Stempel dem Bahnchef noch die Forderungen der IG Biss und die Kinder ihre Dankeskarte für die Reise.
„Wir können mit ihm zusammen noch etwas erreichen“, ist sich André Stempel nach dem Besuch sicher. Jetzt müsse nur noch bei den Kommunalpolitikern endlich ein Umdenken stattfinden. „Die Reise hat uns jedenfalls in unserem Tun bestätigt.“ Nach dem Grubebesuch ging es mit der Referentin Margit Teske ins ICE-Werk nach Rummelsburg. Dort gab es eine Führung durch das Werk und jeder durfte sich den Zug einmal von unten anschauen. Nach dem Mittagessen führte ein Lokführer durch einen ICE und jedes der Kinder durfte einmal im Cockpit auf dem Lokführersessel Platz nehmen.
Als dann auch noch der ICE eine Freifahrt erhielt und 500 Meter nach vorne und wieder zurück fuhr, waren die Kinder im siebten ICE-Himmel. Das werden sie so schnell nicht wieder vergessen. „Das war das absolute Highlight“, verriet André Stempel. Damit war die Reise dann allerdings auch zu Ende und es ging – natürlich mit dem ICE – wieder zurück nach Rees an den Niederrhein. Für die Kinder war damit alles vorbei, für die Erwachsenen geht der Kampf um eine siedlungsferne Trasse in die nächste Runde.
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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