Herein spaziert ins kleine Atelier Zauberland
Haldern. Als ich den kleinen Weg zum Haus von Doris Benszuweit entlang gehe, glaube ich nicht alleine zu sein. Irgendwer beobachtet mich. Aus dem Grün der Pflanzen schauen mich ein paar Gesichter an. Freundliche, farbenfrohe Gesichter - auf einem dicken Holzklotz. Hier bin ich richtig, im kleinen Atelier „Zauberland“.
Sehr schnell taucht man hier ein in eine andere Welt. Dutzende von Bildern zieren die Wände, das Wohnzimmer ist vom flackernden Licht dutzender Teelichter erhellt und vermittelt eine durchweg gemütliche Atmosphäre. Wohin der Blick auch reicht - überall stehen kleine, mittlere und große Kunstwerke, wie ich sie bisher noch nie gesehen habe. Fasziniert gehe ich näher an den „Totenkopf“ heran, den zwei kleine Teelichter erhellen. Tatsächlich sieht das Gebilde aus wie der berühmte Kopf, der so manche Piratenflagge zierte.
Jetzt erst bemerke ich, dass all die Sachen aus Knochen entstanden sind, verziert mit Muscheln, Austern, Holz und allem, was die Natur so hergibt. „Eisbein mal anders“, scherzt die Künstlerin, die all das erschaffen hat. Was andere einfach wegwerfen, verwenden Doris Benszuweit und Michael von Glinski für ihre Kunst „Bone Art“. Ob Schwein, Rind oder Lamm - kein Knochen verschwindet einfach so vom Teller. Denn schon beim Anblick lassen sich die Künstler inspirieren und haben eine neue Idee im Kopf.
Doch bis diese in die Tat umgesetzt ist, müssen die Knochen - die sie übrigens auch beim Metzger ihres Vertrauens besorgen - erst einmal mehrmals abgekocht werden. „Es darf kein Fitzelchen mehr am Knochen sein“, erklärt mir Michael von Glinski. Was übrig bleibt wird abgeschrappt und anschließend wird der Knochen gebleicht. Dabei gilt es nun nicht, die bereits von der Natur geschaffenen „Kunstwerke“ zu ändern, sondern sie in ihrer ursprünglichen Form innerhalb eines anderen Kontextes einzubringen. Es entstehen Tiere, Menschen und andere Objekte, Muschelschalen werden angeklebt und Austernschalen dienen teilweise als Halter für Teelichter.
Dort stehen zwei Erdmännchen, darüber drei Personen, die sich offensichtlich miteinander unterhalten. Der Fantasie sind hier überhaupt keine Grenzen gesetzt. Man muss nur lange genug hinschauen und alles auf sich wirken lassen. Ein paar Meter weiter blickt mich eine Schlange mit ihren großen Augen an, die aus einem Stück Baum mit viel Liebe entstand. Hier haben einfach zwei Künstler Spaß an fantasievollen Dingen, Spaß am Experimentieren. Was andere achtlos wegwerfen verwenden sie für ihre stilvollen Kunstwerke.
Das Haus ist eine einzige Fundgrube, ein echtes Zauberland. Im Garten wartet bereits Oma Hertha, die trotz der klirrenden Kälte eifrig wäscht. Zwei Angler sitzen in aller Seelenruhe dort und warten auf den großen Fang und Lolle und Nathan, die beiden lebensgroßen Ponys haben schon so manches Kinderherz höher schlagen lassen. Alle haben eines gemeinsam, sie sind aus Heu. Die Liebe zum Detail ist unverkennbar. Immer wieder betätige ich den Auslöser meiner Kamera, ich kann gar nicht genug davon bekommen.
Hier in dem kleinen Atelier werden auch Erwachsene wieder zu Kindern. Vor allem in dem kleinen Tanta Emma Bärenladen, in dem es Brot, Obst und jede Menge Konserven und Gemüse gibt. Während die Mutter vor einem großen Bottich sitzt und Butter macht, helfen die Bärenkinder beim Verkauf. Ganz im Gegensatz zu Tim, einem Punk, der es sich im Partykeller an der Bar gemütlich gemacht hat. Hier sind noch so manch andere schräge Typen zu bestaunen und Doris Bunszuweit hat zu allem eine kleine Geschichte parat. Nicht zu übersehen sind der farbenprächtig bemalte Tisch oder die bunten Flaschen. Verwundert reibe ich mir die Augen und denke, dass alles nur ein Traum ist. Zauberei? Keineswegs, aber verzaubern lassen kann man sich in diesem kleinen Atelier.
Wer möchte kann es bis zum 22. Dezember (mittwochs bis samstags von 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr) in der Blankenburgstraße 38 in Haldern besichtigen. Vor allem Kinder dürften ihre wahre Freude haben.
Autor:Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein |
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