Neulich am Rheinufer
Die Geschichte von den beiden Steinen
Irgendwo auf dieser Welt, irgendwo, an einem einsamen Ufer. Dort, wo nur Wasser, Wellen und eben Steine, große, kleine, dicke, dünne, herzförmige, lange, kurze und ebenso gänzlich runde Steine, ein beschauliches Zuhause haben.
Nicht weit von einer alten Kopfweide entfernt, die mit ihrer zerzausten Kopfkrone dem Meer zuwinkt, dort an der Schwelle des Ufers zum tosenden Wasser, dort trollen sie sich, räkeln sich gemächlich in den ankommenden Wellen. So, wie wir sie kennen, wenn wir mal am steinigen Ufer entlang spazieren.
Und da Steine, bekanntlich, keine redseligen Geschöpfe sind, so muss schon was ganz Besonderes passieren, wenn sie denn mal miteinander reden. „Manno“, jammert der "dicke, gänzlich runde Stein", „wie gerne würde ich es mal erleben, mal nach links oder nach rechts oder mal nach oben oder wenigstens nach unten rollen zu dürfen. Immer nur im Kreis herum, wenn denn mal eine Welle mich erfasst.“
„Ach“, entfuhr es dem nierenförmigen Gestein, neben dem gänzlich rundem Stein, einige Zeit später. „Du hast vielleicht Sorgen. Was soll ich denn sagen, ich werde immer nur ein paar Millimeter bewegt, kenne nur meine, kleine Welt, niemals die rechte oder linke, geschweige denn oben oder unten. Und Du, Du siehst die ganze Welt.“
Schweigend verharren die beiden Steine nach diesen außergewöhnlichen Worten nebeneinander und der gänzlich runde Stein schaukelt gelangweilt im seichten Wasser. Aber plötzlich, da entfährt es ihm, „Ja, Du hast ja Recht“, „Du armer nierenförmiger Stein. Ich sollte zufrieden sein mit meinem Dasein.“ „Genau“, grummelt der nierenförmige Stein. Und von da an schweigen die Steine, bis heute, und sind glücklich und zufrieden mit dem, was sie sind.
Autor:F. Wilhelm Thielen aus Emmerich am Rhein |
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