Wie geht Konfirmation in Corona-Zeiten
Lebendig und lebensnah muss es sein - Interview mit Pfarrer Dr. Martin Neubauer (Emmerich)
Präsenzgottesdienste sind in den evangelischen Kirchengemeinden wegen der Corona-Pandemie selten geworden und machen auch den Konfirmandenunterricht in üblicher Form nahezu unmöglich. In Emmerich läuft diese so wichtige Phase für junge Gemeindemitglieder seit einem Jahr ganz anders ab als sonst. Wie das funktioniert, darüber habe ich mit Pfarrer Dr. Martin Neubauer gesprochen.
STADTANZEIGER: Wie viele Konfirmanden unterrichten Sie aktuell?
Pfarrer Dr. Martin Neubauer: Gestartet bin ich direkt nach der Konfirmation im Juli 2020, zuerst mit fünf Konfirmanden. Mittlerweile sind es zehn Jungen und Mädchen, da ich wegen des Ausscheidens meiner Kollegin die zweite Gruppe auch betreue.
Nehmen Ihre Konfirmanden an virtuellen Gottesdiensten teil? Läuft der Konfirmandenunterricht auf digitalen Kanälen?
Nein. Dafür müssten alle Kinder beispielsweise mit Geräten wie Laptops ausgestattet werden. Das kann die Gemeinde nicht leisten. Wir gehen andere Wege. Die Konfirmanden erhalten schriftliche Hausaufgaben mit Aufgabenstellungen zur Bibel und jede Woche Predigttexte. Ihre Antworten sammle ich in Mappen. Angefangen haben wir mit dem Alten Testament, jetzt sind wir beim Neuen Testament.
Die Konfirmanden können daheim Gottesdienste feiern, gerne mit ihren Familien. Ich finde das auch gut, weil ursprünglich Hausandachten eine lange evangelisch-lutherische Tradition haben. Es geht darum, biblische Texte ins tägliche Leben zu holen, um Lebensnähe. Wer den wöchentlichen Predigttext haben möchte, bekommt ihn zugeschickt. Damit haben wir beim zweiten Lockdown im Herbst positive Erfahrungen gemacht: Wir haben statt Präsenzgottesdienste durchzuführen, den Gemeindemitgliedern Predigttexte zugeschickt. Das waren vor Weihnachten über 3.500 Briefe.
Wie sähe der Konfirmandenunterricht in „normalen Zeiten“ aus?
Wir würden uns regelmäßig an jedem ersten Samstag im Monat von 10 bis 16 Uhr treffen, entweder in der Kirche oder in der Familienbildungstäte an der Hansastraße. Einige Male konnte das auch durchgeführt werden. Wir können sehr gut Abstand in der Kirche oder in der FBS halten. Alle Konfirmanden erhalten von mir eine FFP2-Maske.
Haben Sie beim Konfirmandenunterricht Hilfe?
Unterstützung habe ich durch Rebecca Reintjes. Die Erzieherin und stellvertretende Leiterin des Familienzentrums an der Hansastraße sorgt für wunderbar leckeres und gesundes Essen. Unverzichtbar sind auch die Mitglieder der Jugendarbeit der evangelischen Kirchengemeinde, denn sie sind nur zwei Jahre älter als die Konfirmanden und sehr nahe dran. Das ist ein direkter Austausch, unter meiner Leitung. Ich setze unter anderem auf Theaterspiel als pädagogisches Mittel. Die Konfirmandenarbeit verstehe ich weniger unter dem Aspekt des Auswendiglernens und mehr als Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben und der Bibel in einer wichtigen Entwicklungsphase dieser jungen Menschen. Die Mädchen und Jungen lernen, sich auszudrücken, frei zu sprechen, aufeinander zuzugehen und die Welt zu reflektieren und das auf spielerische Weise. Die 15- und 16-jährigen Jugendmitarbeiter können 13-Jährigen Inhalte gut vermitteln. Konfirmandenunterricht ist die Vorstufe zur Jugendarbeit. Oft hat mich auch die Theaterpädagogin Judith Hoymann vom TIK Emmerich unterstützt.
Sie haben schon vergangenes Jahr eine Erfahrung gemacht mit einer Konfirmation unter Corona-Bedingungen.
Wir haben 2020 später als sonst Konfirmation feiern müssen und anstatt einem großen, vier kleinere, kürzere Gottesdienste, auf zwei Sonntage verteilt, gefeiert, da die Zahl der Gottesdienstbesucher begrenzt wurde.
Wie könnte die Konfirmation 2021 in Emmerich ablaufen?
Die Konfirmation, bedingt auch durch viele Stunden, die ausfallen mussten, ist erst für Juni oder Anfang Juli angedacht – so die aktuelle Planung. Ob wir dabei von einem oder mehreren Präsenzgottesdiensten reden, wird sich aus der weiteren Entwicklung der Pandemielage ergeben. Jedenfalls ist es wichtig für unsere Konfirmierten, dass sie in einem solchen Gottesdienst die Möglichkeit erhalten, der Gemeinde zu zeigen, wie sie ihren eigenen Glauben an Jesus Christus verstehen und ausleben wollen. Denn genau darum geht es letztendlich, auch in diesen Corona-Zeiten.
Wir bedanken uns bei Ihnen für das Gespräch.
Zur Person
Pfarrer Dr. Martin Neubauer (59) arbeitet seit 2000 in Emmerich.
Er ist zuständig für die evangelische Kirchengemeinde Emmerich und die evangelische Kirche in Elten.
Seit dem Ausscheiden von Pfarrerin Anke Mühlenberg-Knebel Ende des vergangenen Jahres hat Pfarrer Dr. Neubauer Unterstützung durch Pfarrer Sascha Hermann, bis die zweite Pfarrstelle offiziell neu besetzt wird.
Wissenswertes zur Konfirmation
Die Konfirmation ist eine jahrhundertealte Tradition in der evangelischen Kirche.
Auf die Konfirmation bereiten sich die Mädchen und Jungen im Konfirmandenunterricht vor.
Die Konfirmanden bekräftigen damit ihre Aufnahme in die christliche Gemeinde, die zuvor mit der Taufe, meist im Säuglingsalter, geschehen ist.
Das Konzept hat sich aber im Laufe der Zeit stark gewandelt: Während Teenager früher Martin Luthers Schriften auswendig lernen mussten, stellen Konfirmanden heute Fragen und diskutieren über Glaubensinhalte.
Im Alter von 14 Jahren sind die Jugendlichen religionsmündig und erhalten damit alle Rechte innerhalb der evangelischen Kirche.
Heißt beispielweise, dass sie ab dem 16. Lebensjahr den Kirchenvorstand ihrer Gemeinde mitwählen können. Außerdem dürfen sie nun in den meisten Gemeinden auch selbst Pate oder Patin werden.
Autor:Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein |
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