Weihnachtsmärchen - Teil 3

"Geht's wieder, hm“? Das Christkind schob die Kleine etwas von sich, um ihr ins Gesicht sehen zu können, „diesmal binde ich dich aber fest. Zweimal hast du Glück gehabt, aber wir sollten es nicht überstrapazieren.“
Wie einen Rucksack schnürte sich das Christkind geschwind den kleinen Körper auf den Rücken und setzte sich dann behutsam mitten auf den Teppich.

„Da sind wir wieder.“ Das Christkind band die Kleine los und stellte sie lachend auf die Füße. „Du denkst bestimmt, wir haben hier überall Löcher im Boden, weil du immer so tief runter fällst. Aber das ist nicht so. Eigentlich haben wir überhaupt keinen Boden, keinen richtigen jedenfalls, so wie du ihn von zuhause kennst. Wir sind nämlich aus Licht, weißt du? Wir haben kein Gewicht, wir berühren den Boden kaum. – Was ist?“

Das Mädchen hörte offensichtlich nicht mehr zu, sondern schaute sehnsüchtig auf den glutroten Schein dort hinten bei der Backstube. Es hatte Hunger. Die Feuer schwelten noch, und es duftete intensiv nach Spekulatius: „Christkind! Bitte lass uns zu den Bäckereien gehen. Ich hab solchen Hunger.“
„Klar. Los, schwing dich wieder auf meinen Rücken, aber bitte halt dich diesmal besser fest. Ich will dich nicht schon wieder ausgraben müssen!“

„Halt! Stopp!“ wie aus dem Nichts dröhnte eine donnernde Stimme unmittelbar vor ihnen.
Das Christkind bremste so heftig, dass das Kind schon wieder in Gefahr geriet, abzustürzen.
„Onkel! Menno, du hast uns vielleicht erschreckt.“

Fasziniert und ohne jede Angst starrte die Kleine den alten Mann an. „Petrus.“
Genau so hatte sie ihn sich vorgestellt: groß, alt, mit langem, weißem Bart und lieben Augen unter dicken Augenbrauen. Zutraulich ging sie auf ihn zu und streckte ihre kleine Hand aus.
Petrus bückte sich und hob die kleine Person hoch auf seine Arme: „Wer bist du denn? Ein kleines Erdenkind hier oben bei uns im Weihnachtshimmel!“ Er drückte ihre feuerroten Locken fest an seine Brust, während er sich erneut dem Christkind zuwandte:
„Wie konntest du? Hattest du nicht den Auftrag, das Kind nach Hause zu geleiten und sonst weiter nichts? Wann wirst du endlich erwachsen, hm?“

Eine Handvoll Kind schmiegte sich wohlig an Petrus. An seiner warmen Brust wäre es fast eingeschlafen. Aber die Aussicht auf die Weihnachtsbäckerei und vielleicht Antworten auf all seine Fragen ließ es wieder quicklebendig werden.
„Bitte, lass mich mit dem Christkind in die Bäckerei gehen. Und vielleicht noch ins Eisstadion oder vielleicht in die Spielzeugwerkstatt, oder vielleicht auch noch…“
„Halt, stopp. Bäckerei ja. Aber mehr nicht.“ Und als Petrus die enttäuschten Kinderaugen sah, warf er dem Christkind einen bitterbösen Blick zu: deine Schuld.
„Du bist ein kleines Erdenkind, und du kannst nicht bei uns im unendlichen Himmel leben und dir alles ansehen. Du kannst das alles hier nicht verstehen. Und du sollst es auch nicht. -
Pass auf, du darfst mit dem Christkind in die Bäckerei, da kannst du dich ein bisschen aufwärmen und naschen, so viel du willst. Aber vorher muss ich noch mal eben kurz mit dem Christkind sprechen. Setz dich hier hin. Wir kommen gleich wieder.“

Er packte die Kleine in eine rosige Bäckereiwolke, in der es wunderbar duftete, und deckte sie bis zum Hals zu. „Bis gleich!“

Müdigkeit kroch zusammen mit der Wärme an dem Kind hoch. „Mein Schnulli! Wo ist mein Schnulli!“ Hektisch wühlte die Kleine nach der langen Schnullerkette unter dem dünnen Anorak. Aber die Kette war weg. Der Schnulli war weg. „Wo ist mein Schnulli? Ich will meinen Schnulli!“

Wie auch Teil 1 und 2 Auszug aus meinem Buch "Himbeerrote Knallbonbons"
© Text und Foto Christel Wismans

Autor:

Christel Wismans aus Emmerich am Rhein

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