Manaus am Rio Negro - nahe am Amazonas

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Am Donnerstag, 18. 10.2012, erreichten wir bei gnadenloser Hitze Manaus am Ufer des Rio Negro nur wenige Kilometer vor dem Zusammenfluss mit dem Amazonas.
Die Amadea dockte im Containerhafen an, direkt vor den Toren der Stadt, die unter einer dicken, grauen Dunstglocke lag. Emsiges Treiben um uns herum. Bananen wurden von Hand verladen und von dem Frachtschiff auf LKW geschmissen. Stundenlang.
Eine Art dreigeteilte Rampe führte vom Kai hoch durch die Container-Straßen hindurch zum Terminal und von da aus zur Stadt. Jedes Mal, wenn ein Bus darüber rumpelte, knallten die Metallplatten der Rampe mit Getöse gegeneinander. Und die Busse fuhren ständig darüber: Ausflugsbusse, Taxen und Shuttlebusse. Denn es war nicht erlaubt, zu Fuß dort herum zu laufen .

Abends prasselte urplötzlich ein gewaltiger Regenschauer aus dem Dunst und es gewitterte leicht. Verwundert sahen wir uns an: REGEN? Wir wussten schon gar nicht mehr, was das war…
Es war der letzte Abend zusammen mit unseren Golden Girls. Sie gingen in Manaus von Bord und flogen heim. Wie es sich gehört, haben wir selbstverständlich einen gebührenden Abschied gefeiert.

Am nächsten Morgen fuhren wir beide also allein und etwas betrübt mit dem Shuttlebus bis zur Stadt. Kaum heraus aus dem Terminal, tauchten wir unvermittelt ein in den bunten Lärm und die typischen Gerüche der Stadt. Straßenmarkt, Stände an Stände, dunkelhäutige Menschen, das kunterbunte Angebot, fast überall das Gleiche. Ob wirklich irgendjemand hier diesen Ramsch kauft? Und doch, es wimmelte von Menschen hier. Einheimischen.
Wir schlenderten hierhin und dorthin, immer mit eingezogenen Schultern und Armen, denn es war so eng und voll wie auf der Emmericher Kirmes bei gutem Wetter.
Einen Mann beobachteten wir, wie er sich eine kleine Wasserflasche hinten in seine Hose kippte. Also schwitzen die Einheimischen genauso wie wir bleichen Europäer!

Manaus war früher die Metropole der Kautschuk-Barone, allen voran der Deutsche Waldemar Scholz. Geld war kein Thema, sie wussten nicht, wohin damit. Sie bauten sich Paläste und ließen ein original-englisches Zollhaus in sämtliche Einzelheiten zerlegt über den Ozean und den Amazonas schaffen und hier in Manaus wieder aufbauen. Ebenso die Markthallen, die an die französischen Les Halles erinnerten.
Oder das Opernhaus. Wer hätte noch nicht von dem legendären Opernhaus mitten in einer Urwaldmetropole gehört? Doch der Reichtum verging, die Paläste sind verfallen.

Seit allerdings Manaus zur Freihandelszone erklärt wurde, geht es stetig wieder bergauf. Die Stadt boomt und platzt aus allen Nähten. Zwei Millionen Menschen wohnen im Stadtgebiet, weitere zweihunderttausend in den Randgebieten. Alt und Neu, moderne Hochhäuser neben Ruinen, stinkende Slums Seite an Seite mit Kultur und großartigen Neubauten wie dem Fußballstadion für die nächste WM, die Brasilien ausrichtet.
Manaus, die Urwald-Metropole am Rio Negro.

Am nächsten Tag hatten wir einen Ausflug zu den Wasserfällen weit hinter Manaus im Urwald gebucht. Der Bus karrte uns über die einzige Straße, die es gibt. Sie führt aus Manaus heraus nach Norden bis Venezuela. Diese eine Straße, oder Flieger oder Amazonas. Das sind die einzigen Möglichkeiten, nach Manaus zu kommen, oder, wenn man schon mal da ist, wieder herauszukommen.
Unser Bus war ein Luxusbus mit Plastik-Schonbezügen auf den Sitzen und Klimaanlage. Innerhalb kürzester Zeit schwammen unsere Hosen auf den Plastikseen, die sich augenblicklich beim Hinsetzen bildeten. Aber von oben hatten wir es schön kalt. Die Klimaanlage blies uns so etwa 4° minus um die Ohren. Wir hüllten uns in alles, was verfügbar war.
Gut zweihundert Kilometer hinter Manaus kommt man auf dieser Straße durch ein Indianerreservat. Diese Indios sind irgendwann hierhin ausgesiedelt worden, weil die Stadt sich ausbreitete und Platz brauchte. Es heißt, sie sind großzügig dafür entschädigt worden. Aber trotzdem. Sie mussten weg. Sie mussten weichen für Menschen, die nicht schon seit Anbeginn der Zeit wie sie selber hier gelebt hatten. Ihre Jagdgebiete wurden gerodet, ihre alte Heimat von Baggern platt gemacht, heilige Bäume brutal gemordet.
Jeder, der heute den Straßenabschnitt ihres neuen Landes passiert, muss dafür bezahlen.
Sie kassieren Maut und erlauben nur, dass die Straße innerhalb einer von ihnen bestimmten Tageszeit befahren werden darf. Wenn ich mich recht entsinne, ist es zwischen acht und achtzehn Uhr. Wer sich nicht daran hält oder gar die Straße verlässt, muss damit rechnen, dass er nicht mehr heil und gesund nach Hause kommt.
So hat uns der einheimische Guide erzählt.

Aber zum Glück wollten wir ja nicht so weit. Nur gut hundert Kilometer hinter die Stadtgrenze.

Fortsetzung folgt

Autor:

Christel Wismans aus Emmerich am Rhein

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