Erste Überlegungen vor zweieinhalb Jahren
Jüdischer Kulturraum wird eingeweiht

Die Umsetzung zur Einrichtung und Grafik des Raumes wurde durch Diplom-Designer Friedhelm Hussmann aus Xanten geplant und gestaltet. | Foto: Jörg Terbrüggen
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  • Die Umsetzung zur Einrichtung und Grafik des Raumes wurde durch Diplom-Designer Friedhelm Hussmann aus Xanten geplant und gestaltet.
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Auch wenn die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind, so geht doch von diesem kleinen Raum im PAN kunstforum schon jetzt eine gewisse Anziehungskraft aus. Geht es doch um die jüdische Geschichte in dieser Stadt, um Schicksale, um Vertreibung, aber auch um Riten, Lebensgewohnheiten und Feiern der Neuzeit. Am 7. Juni wird um 11 Uhr der "Jüdische Kulturraum" in Emmerich feierlich eröffnet.

Es gibt nicht viele Städte, die sich so intensiv mit ihrer jüdischen Geschichte auseinander setzen. Als vor zweieinhalb Jahren die ersten zarten Gedanken für die Umsetzung eines solchen Raumes gedeihten, ahnte noch niemand, welch umfangreiche Arbeiten mit diesem Projekt auf die betreffenden Personen zukommen sollten. Als man beim Landschaftsverband Rheinland bezüglich einer Bezuschussung anfragte hieß es dort: "Entweder sie machen gleich etwas Professionelles oder sie lassen es sein." Da die Aussicht auf Finanzierung durchaus gegeben war wurden 14 Tage lang Anträge geschrieben.
"Wir sind dann auch auf die Stadt Emmerich zugegangen", bemerkte Irene Möllenbeck vom Verein Pro Kultur. "Alle haben das Projekt als besonders förderungswürdig angesehen." Norbert Kohnen freute sich besonders über die Zustimmung von Bürgermeister Peter Hinze. "Er hat die Verantwortung gespürt, dass sich die Stadt diesem Thema stellen muss. Es war genau der richtige Zeitpunkt, diesem Thema einen Raum zu geben." Und so nahm das Projekt "Jüdischer Kulturraum" seinen Lauf. Im Frühjahr 2018 wurden Arbeitskreise eingerichtet, Strukturen und Schwerpunkte festgelegt. Klar war von Anfang an, dass vor allem die Schüler als Zielgruppe im Vordergrund stehen sollten, aber natürlich auch die Erwachsenen.
Die Zeit der Recherche war somit angebrochen. Da in Emmerich nichts mehr - außer den beiden Friedhöfen - auf die jüdische Geschichte hindeutet, musste der Rest rekonstruiert werden. Wolfgang Urbach: "Wir wollten neben der jüdischen Geschichte auch die Verbindung zu aktuellen Themen hinbekommen, wie leben die Juden heute, wie feiern sie, wie speisen sie." Keine leichte Aufgabe. Zum Teil fanden sich Aufzeichnungen im umfangreichen Schüürman-Archiv, andere Geschichten und Bilder fanden sich im Schlachthof in Düsseldorf, der eine gute Bibliothek und ein tolles Dokumentationszentrum beherbergt. Das Redaktionsteam um Norbert Kohnen, Irene Möllenbeck, Drs Jan Heiner Schneider, Wolfgang Urbach und Matthias Vogl stellte Themenbereiche auf, schrieb Texte, sammelte Fotos und Dokumente.
Doch wie sollte der Raum im PAN, in dem zuletzt noch Kulturchef Michael Rozendaal saß, zukünftig aussehen? Diese Frage konnte Friedhelm Hussmann aus Xanten Gott sei Dank sehr beeindruckend beantworten.
Es ist schon bemerkenswert, welche Arbeit Friedhelm Hussmann hier geleistet hat. Er hat die Pläne erstellt, wie der "Jüdische Kulturraum" aussieht. Der Ausstellungsgestalter war mit Herzblut von Anfang an bei der Sache, machte vieles möglich.
"Wir wollten die jüdische Geschichte an den beiden Familien Gompert und Nathan deutlich machen und verschiedene Schicksalsstränge aufzeigen. Zum einen die Deportation und die Vernichtung, zum anderen die Flucht und Vertreibung", bemerkte Irene Möllenbeck. In dem Raum gibt es acht verschiedene Stationen in blau mit Themenbannern und integrierten Tafeln, die man herausziehen kann. "Denn irgendwann stellten wir fest, dass wir mit unserem Platz nicht auskommen werden", schmunzelte Irene Möllenbeck. So entstand die Idee mit den Auszügen. "Das habe ich in einem Museum in Düsseldorf gesehen", meinte Möllenbeck.
Über allem umschlängelt eine Zeitleiste den 37 Quadratmeter großen Raum. "Er ist einer Torarolle nachempfunden", erklärte Norbert Kohnen. Und immer wieder mussten die Texte gekürzt und gekürzt und gekürzt werden. Drei Vitrinen zieren zudem den Raum. Sie werden unter anderem bestückt mit einem Gebetsschal und einem Kerzenleuchter. Außerdem wird es einen Bildschirm mit vertiefenden Informationen zu vorhandenen Themen, wie zum Beispiel dem Holocaust geben. Diese Informationen werden noch aktualisiert und erweitert. Im Jüdischen Kulturraum und auch außerhalb werden elf Plakate hängen. "Wir haben uns bewusst für die plakative Darstellung wegen der Nähe zum Plakatmuseum entschieden", erläuterte Irene Möllenbeck von Pro Kultur.
Vor dem eigentlichen Kulturraum befindet sich das Herbert Schüürman-Archiv. Schüürman hatte sich - wie kaum ein anderer - intensiv mit den Stammbäumen und den Geschichten der in Emmerich damals wohnenden Juden beschäftigte. "Der Jüdische Kulturraum soll sich zu einem außerschulischen Lernort entwickeln. Er ist aber für Jedermann offen zugänglich. Eintritt wird nicht erhoben", gab Wolfgang Urbach bekannt. "Wir werden auch noch ein schulpädagogisches Konzept entwickeln", fügte Irene Möllenbeck hinzu. Zur Eröffnung am 7. Juni kommen neben dem Vertreter der jüdischen Gemeinde Duisburg-Mühlheim-Oberhausen, David Geballe und Schülern des Gymnasiums und der Gesamtschule Nachfahren der Familie Nathan aus den USA.

Autor:

Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein

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