Jüdische Kulturtage: Lesung mit Lea Fleischmann

Lea Fleischmann | Foto: privat

„Meine Sprache wohnt woanders“ - das ist der Titel des aktuellen Buches der jüdischen Autorin Lea Fleischmann, die am Mittwoch, 23. März, 19 Uhr zu einer Lesung ins PAN kunstforum kommt. Diese Lesung findet im Rahmen der jüdischen Kulturtage 2011 statt. 504 Veranstaltungen, 52 Städte, 29 Tage... die jüdischen Kulturtage sind ein bundesweites Projekt mit dem Ziel, Interessierten Einblick in die Grundgedanken des Judentums zu ermöglichen.

Zwar lebe sie selbst seit mehr als 30 Jahren in Israel, spreche aber als Kind jüdischer Eltern, die den Holocaust überlebten, natürlich auch Deutsch. Aber nicht nur ihre Sprache, auch Ihr Denken, ihre Erinnerungen und ihre gesellschaftskritische Reflexion drehten sich um Deutschland, so Lea Fleischmann.

Gemeinsam mit ihrem Autoren-Kollegen Chaim Noll hat sie Erinnerungen der Kindheit, Erlebnisse in der Jugend und Erfahrungen in Israel in Form einer Collage kleiner Texte in „Meine Sprache wohnt woanders“ zusammengestellt. „Uns verbindet nicht nur der Umstand, dass wir beide in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und Deutsch sprechen. Wir stammen beide aus unreligiösen Elternhäusern. Ich bin in Westdeutschland aufgewachsen, Chaim Noll in der ehemaligen DDR. Wir haben beide über die Auseinandersetzung mit dem Judentum zur Religiosität gefunden. Hier habe ich andere religiöse Bezüge kennen gelernt.“, skizziert Lea Fleischmann die Idee zum gemeinsamen Buch.

Geboren in Ulm, hat Lea Fleischmann in Frankfurt Psychologie und Pädagogik. Sie war Lehrerin an einer Berufsschule, Beamtin. Auch im Hinblick auf die in Deutschland herrschende Religionsfreiheit sei es für sie eine Notwendigkeit gewesen, 1979 im Alter von 32 mit ihren beiden Kindern nach Israel auszuwandern. „Ich war Beamtin und habe erlebt, dass man in Verwaltungsstrukturen arbeitet, darin gefangen ist. Ich konnte auf einmal nachvollziehen, dass die Ausführenden der Judenverfolgung einfach gehorsame Verwaltungsmenschen waren. Das war für mich ein Grund, meinen Beamtenstatus aufzugeben und nach Israel auszuwandern“, begründet sie ihren Weggang aus Deutschland. Heute kehrt sie zweimal im Jahr nach Deutschland zurück um im Dialog mit Deutschen Botschafterin für ein Mehr an Religiosität und Spiritualität zu sein. Kritisch beobachtet und kommentiert sie den Verlust von Werten und Ritualen, den Mangel an Wissen um die eigenen religiösen und kulturellen Wurzeln: „Ich beobachte, dass Religion heute in Deutschland keine Rolle mehr spielt.“ Egozentrik, Konsumorientierung und der Verlust der Mitte, der „Tanz ums goldene Kalb“ einer Freizeit- und Konsumgesellschaft – so sieht Lea Fleischmann die deutsche Gesellschaft gegenwärtig. „Ich habe mein Buch für diejenigen geschrieben und will mit denjenigen ins Gespräch kommen, die sich für ihre religiösen und kulturellen Wurzeln interessieren. Gerne auch mit jungen Menschen, denen ich sicherlich im persönlichen Gespräch und in der Auseinandersetzung mit meinen Texten unmittelbarer meine Botschaften und Anliegen mitteilen kann, weil meine Familie den Holocaust erlebt hat. Das ist etwas Anderes, als wenn man Informationen aus Filmen oder Büchern bekommt“, erläutert Lea Fleischmann.

Nach der öffentlichen Lesung am Mittwoch Abend ist Lea Fleischmann am Donnerstag, 24. März, 10 Uhr im Willibrord-Gymnasium zu Gast, um auch dort aus ihrem Buch zu lesen und mit Emmericher Schülern ins Gespräch über die Bedeutung von Religion im Leben des modernen Menschen zu kommen.

Autor:

Caroline Büsgen aus Emmerich am Rhein

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