Hat den Holocaust überlebt: Eva Weyl
„Mir geht es gut – ich lebe ja noch!“ mit viel Lebendigkeit, Nachdruck und der Fähigkeit, zu begeistern und zu unterhalten zog Eva Weyl jetzt vor den Schülern des Reeser Gymnasiums Bilanz über ihre Kindheit und Jugend im Lager Westerbork. Aus dem ehemaligen Durchgangslager für Flüchtlinge, die in die USA emigrieren wollten, wurde im Laufe der NS-Zeit ein Arbeitslager, aus dem Deportationen ins Konzentrationslager nach Auschwitz stattfanden.
Eva Weyl gehört zu den noch lebenden Zeitzeugen, war Lagerinsassin und sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, über den Holocaust zu informieren. So etwas dürfe nie wieder geschehen, war ihre Botschaft an die Schüler. Die Weyls waren gute Deutsche, der Großvater hatte im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft. Stoffhändler aus Mönchengladbach waren sie, die Mutter stammte aus Bad Breisig. Später siedelte die Familie nach Kleve, führte auf der Große Straße ein Stoffgeschäft, bevor sie im Zuge der Entwicklung in Deutschland nach Arnheim zog. Aber auch hier spürte der lange Arm der NSD-Diktatur Evas Eltern auf und zwang sie, sich ins Lager Westerbork im Nord-Osten Hollands zu begeben.
Jeden Dienstag fuhren Deportationszüge nach Auschwitz
Eine tragische und vermeintlich heile Welt suggerierten Filme, die jüdische Fotografen drehen mussten: Kabarett, Registratur, Industriefertigung … dass jeden Dienstagmorgen die Viehwagons Richtung Auschwitz das Lager verließen, davon berichten die Bilder nicht. Als gut behütet beschreibt Eva Weyl ihre gutbürgerliche Kindheit, die Bitterkeit der Erinnerung daran, dass es im Lager auf demütigende Weise keine Privatleben gab ist ihr auch heute noch anzumerken: Nicht bei der Körperpflege, nicht beim Toilettengang … es fand alles auf engstem Raum und unter Beobachtung statt. „Den Gerüchten, in Auschwitz würden Menschen verbrannt, mochte niemand glauben“, so Eva Weyl, denn sie alle hätten sich ja als gute Deutsche mit patriotischer Gesinnung betrachtet. „Außerdem kam von dort ja auch niemand zurück…“ Eher erschien Auschwitz als Möglichkeit, zu siedeln, zu arbeiten und viele meldeten sich sogar freiwillig für die Reise in den sicheren Tod. Auch ihr Vater gehörte zu den Freiwilligen, weil er den Druck seiner Aufgabe im Lager Westerbork nicht mehr aushielt: “Mein Vater musste die Liste mit den Todeskandidaten abarbeiten und die Trupps für die Transporte zusammenstellen“, erinnert sich Eva Weyl und daran, dass ihre Familie dreimal durch glückliche Umstände der Deportation entkam.
Familie Weyl entkam dreimal der Deportation
Das letzte mal, als sie auf den Zug wartete und die Alliierten-Flieger das Lager beschossen. Sie hatten angenommen, das grenznahe Gebäudeensemble mit Schornstein sei eine deutsche Fabrik. „Alle auf dem Bahnsteig Wartenden flüchteten sich in die Baracken… an diesem Tag ging dann kein Transport mehr nach Auschwitz…“ Mit Diamanten, die ihre Mutter in die Knöpfe des Wintermantels der sechsjährige Eva eingenäht hatte, konnte die Familie nach dem Ende des Krieges einen geschäftlichen Neubeginn bewerkstelligen und es wieder zu Wohlstand und Ansehen bringen: „Mein Leben ist gut gelaufen. Ich habe überlebt!“ zieht die Mutter zweier Söhne und Oma von fünf Enkeln im Alter von 78 Jahren Bilanz.
Autor:Caroline Büsgen aus Emmerich am Rhein |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.