Starke Frauen in Emmerich
Emmericherin bringt 3000 Kinder zur Welt

Maria von Husen-Röhrig hat in ihrem Berufsleben rund 3000 Kinder auf die Welt gebracht. Jetzt freut sie sich auf ihren Ruhestand. | Foto: Dirk Kleinwegen
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Gaby Niemeck hat uns eine Dame für unsere Rubrik „Starke Frauen“ vorgeschlagen: „Maria von Husen-Röhrig war viele lange Jahre mit sehr, sehr viel Herzblut Hebamme und hat immer über das übliche Maß hinaus Frauen begleitet. Sie hat es verdient, bei der Serie dabei zu sein.

Eigentlich ist die junge 63-Jährige bereits seit Dezember 2021 in Rente gegangen. Sie bezeichnet sich aber als inkonsequente Rentnerin. DIe Hebamme hat sich zwar aus Kreißsaal und Praxis verabschiedet, hat aber noch ausschleichend Nachbetreuungen und Nachsorge durchgeführt. Sie betreut noch einige belastete Familien nach, wo sie einfach nicht nein sagen konnte. „Ich werde jetzt aber nach und nach in den Ruhestand gehen, im Moment fühlt sich das aber noch wie unterlassene Hilfeleistung an“, erklärt von Husen-Röhrig, „ich behalte mir auch vor noch jederzeit rückfällig zu werden.“
Maria von Husen-Röhrig ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 28 bis 33 Jahren. Ihr Mann ist Anästhesist und hat auch mittlerweile das Rentenalter erreicht, er ist aber noch an zwei Tagen pro Woche im Einsatz. Einige Male haben sie auch beide gemeinsam im Kreißsaal gestanden und ein Kind zur Welt gebracht.
Im Alter von 17 begann sie mit einer Ausbildung zur Krankenpflegerin. Im Rahmen der Ausbildung ist sie mit der Tätigkeit einer Hebamme in Berührung gekommen: „Das war so erschreckend für mich, dass ich gedacht habe, ich werde Hebamme, um es besser zu machen. Die gebärenden Frauen wurden damals entmündigt, es war nicht so als ob die Frau das Kind bekommt und man hat ihr geholfen, sondern nach dem Motto ich kriege dein Kind.“ Das hat sich bis heute natürlich geändert, dafür gibt es andere Probleme. Durch Schließungen von Krankenhäusern und Geburtsstationen müssen bei den Verbliebenden immer mehr Geburten abgewickelt werden. Dazu kommt ein hoher Aufwand für die mittlerweile vorgeschriebenen Dokumentation. Wie die Pflegeberufe ist auch der Beruf der Hebamme, wegen der schlechten Arbeitszeiten, unbeliebt bei den jungen Menschen.
Nach eineinhalb Jahren auf der Entbindungsstation entschloss sich die Emmericherin dazu in Bochum die Ausbildung als Hebamme aufzunehmen. Bald nach dem Abschluss der Ausbildung änderte sich durch Hochzeit und Kinder die familiäre Situation. Während die Kinder klein waren, ließ sich das nicht mit den Schichten vereinbaren und sie konnte nur in der ambulanten Altenpflege arbeiten. Später stieg sie wieder als Hebamme ein, erst in Emmerich und in den letzten Jahren in Kleve.
Eine besondere Herausforderung in ihrer Laufbahn waren die schwangeren Flüchtlinge, die sie bei zahlreichen Geburten betreuen musste - damals Jugoslawien, vor kurzem Syrien und jetzt Ukraine. Die Sprachbarriere ist für die Hebammen eine besondere Herausforderung. Sie erinnert sich an eine Entbindung, bei der die syrische Schwangere kein Wort Deutsch verstand und ein syrischer Arzt per Smartphone die gesamte Entbindung begleitet hat und alles Wort für Wort übersetzte. Ist kein Dolmetscher zur Hand muss der Google-Übersetzer, Gebärdensprache oder alles vormachen reichen, auch wenn letzteres manchmal etwas lustig aussieht.
Maria von Husen-Röhrig hält wenig von Hausgeburten. Sie hat mehrfach mitbekommen, wie während der Geburt Komplikationen aufgetreten sind. Wenn das nicht im Krankenhaus passiert wäre, hätten Mutter oder Kind das vermutlich nicht überlebt. Sie kann stolz darauf sein, dass sie während ihrer Tätigkeit bei rund 3000 Enbindungen, weder ein Kind noch eine Mutter verloren hat.
Die zahlreichen Geburten, vor allen Dingen, wenn es vorgegangene Belastungen gegeben hat, sind von Husen-Röhrig positiv in Erinnerung geblieben. Bei den negativen Erinnerungen spricht sie von einer Frau, die ihr Kind nicht haben wollte, weil es ein Mädchen war. Des Weiteren erinnert sie sich an einen Vater, der sich im Kreißsaal ganz unmöglich benommen hat oder eine werdende Mutter, die den ganzen Kreißsaal zusammengeschrien hat.
Ihr Motto lautet „Geht nicht, gibt’s nicht.“ Das hat sie nicht nur in ihrem Beruf beherzigt, sondern auch im Privatleben. Da hat sie beispielsweise alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um die passende Schule für ihren Sohn zu finden.
Sie empfindet ihre gewonnene Freiheit mittlerweile als Luxus. Endlich kann sie sich mit Sport und Kultur beschäftigen. Vor kurzem hat sie sich für einen Französisch-Kurs angemeldet, das hat sie schon lange vor. Aber es ließ sich nie mit dem Schichtdienst vereinbaren.

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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