Die Wegwerfkuh - Wie unsere Landwirtschaft Tier verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können - Eine Buchempfehlung

Die Wegwerfkuh - Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können | Foto: Carsten Klink
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Der eine oder die andere wird die Ferien sicherlich auf dem Land in Bayern, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein verbracht und sich dort des urigen ländlichen Lebens erfreut haben. Vieles scheint dort aber nur noch Fassade zu sein. Zu diesem Schluss kann man kommen, wenn man das neue Buch "Die Wegwerfkuh" von Dr. Tanja Busse liest.

Mit dem Untertitel "Wie unsere Landwirtschaft Tier verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können" ist fast schon alles über diese sehr informative Neuerscheinung gesagt.

Ganz ohne Bauern-Bashing, aber stets mit viel Sympathie für Mensch und Tier, schildert die Moderatorin und Autorin Busse, selbst als Bauerntochter groß geworden, das harte Leben hinter den Fassaden der heutigen Bauernhöfe. Die Degradierung einst stolzer Bauern zu Lohnsklaven der Agroindustrie. Knebelverträge mit denen sich die Bauern und ihre Familien für mickrige Stundenlöhne bei vollem unternehmerischen Risiko bis hin zur Insolvenzgefahr an die Agrokonzerne verkaufen, verkaufen müssen. Das ewige "Wachsen oder Weichen", welches mir von zwei alten Bauern in diesen Tagen persönlich bestätigt wurde. Deren einzige Kinder werden nicht mehr die elterlichen Höfe mit jeweils rund 70 Hektar übernehmen, da diese keine Zukunft mehr haben würden. Ein Schweinezüchter bestätigte mir neulich ebenfalls den "Wachse oder Weiche"-Wahnsinn ohne die Sicherheit, dass dem Wachsen letztlich nicht doch irgendwann das Weichen folgt, da ein dauerhaftes Überleben bei vernünftiger Bezahlung nie gesichert ist.

Wie bei dem provozierenden Titel "Die Wegwerfkuh" zu erwarten, befasst sich das Buch auch mit der Tierhaltung in der üblichen Landwirtschaft. Tier werden unter unglaublichen Bedingungen gehalten, Medikamente und Hilfe erhält nur das Tier, welches noch Gewinn verspricht. Wie Millionen männlicher Küken ergeht es oft auch den männlichen Kälbern. Die männlichen Küken werden direkt nach der Geburt vergast oder lebend geschreddert (ja, geschreddert), da sie keine Eier legen können und meist für die Mast ungeeignet sind. Die männlichen Kälber werden meist getötet, da sie halt keine Milch geben und selten gemästet werden können, da die Rasse zur Milchproduktion und nicht zur Fleischproduktion gezüchtet wurde. Aber auch die weiblichen Milchkühe werden in der Regel nach zwei bis drei Jahren geschlachtet. Lange vor ihrem eigentlichen natürlichen Ableben.

Ein großer Kritikpunkt des Buches ist auch die angebliche Effizienz der Landwirtschaft, die in Wirklichkeit -vergleichbar der Atomenergie oder des Bergbaus- die Ewigkeitskosten, die durch die Allgemeinheit bezahlt werden, nicht berücksichtigt. Die Kosten durch geschädigte Böden, Bienensterben, verunreinigtes Grundwasser oder multiresistente Keime finden sich in keinen der tollen Statistiken der Agroindustrie.

Das Buch ist aber keineswegs depressiv geschrieben, sondern stets mit einem sachlichen, aber lockeren Unterton. Das Buch lässt den Lesenden auch nicht hilflos mit den neuen Erkenntnissen zurück, sondern zeigt Ansätze zum Ändern der Situation. Eine Veränderung, die nicht gegen den einzelnen Bauern, sondern mit den Bäuerinnen und Bauern vonstatten gehen soll. Dabei darf der ehrliche Blick auf die tatsächlichen Kosten ebenso nicht fehlen, wie ein ehrlicher, angemessener Preis für bessere Qualität. Der Ansatz der solidarischen Landwirtschaft, in der Produzent und Verbraucher gemeinsam ackern und die gute Ernte ebenso wie die schlechte gemeinsam tragen. Die Produktionsweise der Lebensmittel soll auf der Verpackung deutlich gekennzeichnet werden. Wer kauft noch billiges Fleisch, wenn die Konsumierenden aus der Kühltruhe von der geschundenen Kreatur angeschaut werden. Allein die Produktionsörtlichkeiten dürften dafür schon ausreichend sein. Wie wäre es mit einigen eigenen Hühnern im Garten? Das wäre zumindest ein kleiner Anfang und man bekommt wieder ein Verständnis für unsere Lebensmittel und vor allem Respekt.

Wessen Interesse für dieses Buch geweckt wurde, kaufe es bitte bei der lokalen Buchhandlung in seinem Ort. Die kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen kämpfen nämlich genauso gegen eine übermächtige Buchindustrie wie der Bauer gegen die Agroindustrie.

Tanja Busse: Die Wegwerfkuh
Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können.
Blessing Verlag 2015
288 Seiten
Preis: 16,99 Euro

ARD: titel - thesen - temperamente
Die Wegwerfkuh - Wie wir den Welthunger besiegen können
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/wdr/29032015-wegwerfkuh-100.html

Die Wegwerfkuh - Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können | Foto: Carsten Klink
Rund zwei Jahre betreut ein selbständiger Bauer bei eigenem unternehmerischen Risiko die zukünftigen Milchkühe, um diese dann zu dem dann aktuellen Weltmarktpreis an den selben Konzern zu verkaufen, der ihm die Kälber zur Aufzucht verkauft hatte. Das gesamte Risiko wird somit von dem Konzern auf den einzelnen Bauern verlagert. Der Preis einer Milchkuh kann dann je nach Marktlage zwischen 1.000 und 2.000 Euro schwanken. | Foto: Carsten Klink
Bei der Kritik an der konventionellen Landwirtschaft geht es nicht um eine Romantisierung einer idyllischen Landwirtschaft. Wer nur einen Tag mal beim Heueinfahren geholfen hat, weiss, dass die Arbeit auf dem Land stets eine Plackerei war. | Foto: Carsten Klink
Etwas Idylle gibt es auf den heutigen Bauernhöfen natürlich immer noch. | Foto: Carsten Klink
Die Wegwerfkuh - Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können | Foto: Carsten Klink
Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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