Zigarrenschmuggler flieht aus dem Schwanenturm

Als am 6. Mai 1911 der Zigarrenhändler und Schmuggler K. aus dem Gefängnis im Schwanenturm, wo er seit Monaten inhaftiert war, geholt und zum Richter gebracht wurde, entkam er dem Polizeigewahrsam und sprang in ein bereitstehendes Auto, das mit großer Geschwindigkeit davonfuhr. So steht es in der Zeitung des gleichen Tages. Sie berichtet weiter, dass er in Plasmolen mit seiner Ehefrau wiedervereint wurde und dass die deutsche Justiz ihn jenseits der Grenze nicht mehr belangen könne. Die Zeitung freue sich zwar nicht, dass ein Verbrecher entflohen sei und er dadurch seiner gerechten Strafe entgehe, auch wenn das Verbrechen im Ausland begangen worden sei, aber da K. heimtückisch über die Grenze gelockt worden sei, habe diese Flucht doch wohl etwas tragikomisches. K. organisierte seinen Schmuggel von Nimwegen aus.
Auch heute noch fliehen Gefangene aus dem Gewahrsam der Klever Justiz, wie vor kurzem noch, aber dass ein Entflohener über die Polizei öffentlich spottet dürfte wohl einzigartig sein in der Geschichte der Stadt. Acht Tage später erscheint nämlich nebenstehende Anzeige in der Zeitung, worin zwei Sorten „Schwanenturm Cigarren“ in Sonderanfertigung angeboten werden. Eine Zigarre heißt „der Chauffeur“ und kostet zwei und halb Cent, die andere heißt „die dumme Holländer Sigaar“ und kostet 3 Cent. Diese letzte Bezeichnung deutet vielleicht auf den Spott, der K., der sich mit dieser Anzeige öffentlich zu erkennen gibt als Jan Kilsdonk, in Deutschland auf sich gezogen hat als er sich vor Monaten so leicht in Deutschland hat fangen lassen.
Das große Interesse der Nimwegener an dem Fall wird wachgehalten durch Zeitungsberichte über den einzigen Zigarrenschmuggler den die deutsche Justiz noch in Haft hat, den Nimwegener Schaffner Gerlof Noordenbos der für den Transport von Kranenburg nach Kleve sorgte und die Verladung von seinem Zug in einen stets bereitstehenden Güterzug ins Ruhrgebiet regelte. Vor Gericht sagte Noorderbos aus, dass deutsche Beamte von diesem Schmuggel in wirklich großen Stil gewusst haben mussten. Er habe Kilsdonk des öfteren gewarnt, doch der wähnte sich in Sicherheit, ihm könne nichts passieren, er sei in Kleve zu bekannt.
Für den Chauffeur des Fluchtwagens, der durch die Anzeige wohl eine gewisse Berühmtheit erlangte, endet die Geschichte nicht gut. Er wird 1912 bei einer kurzen Lustfahrt auf deutschem Grundgebiet in Wyler an der Grenze festgenommen. Im drohte eine Gefängnisstrafe von 3 Jahren wegen Beihilfe zur Flucht eines Gefangenen. Er war, wie die Holländer sagen, „de sigaar“.

Autor:

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau

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